Gastwirt Jan Hiller aus Ziemetshausen.
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High-Tech im Gasthaus: Mit KI aus der Gastro-Personalnot

High-Tech im Gasthaus: Mit KI aus der Gastro-Personalnot

Fachkräfte sind in der Gastronomie knapp - diese Erfahrung haben auch die Wirtsleute Jan und Katrin Hiller gemacht. Ihre Lösung: Sie haben ihren Gasthof im schwäbischen Landkreis Günzburg digitalisiert. Erst kürzlich wurde das Konzept ausgezeichnet.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

"Für einen normalen Sonntagsbraten standen wir früher den halben Tag am Herd", erzählt Jan Hiller. Der Chef des Gasthauses Adler in Ziemetshausen zeigt seine Küche mit modernen Gerätschaften. Eine sieht aus wie ein Kühlschrank und beherrscht Funktionen wie "Cook and Freeze". Fleisch kann damit über Nacht gegart und automatisch heruntergekühlt und gefroren werden.

In der Sternegastronomie, aus der das Ehepaar Hiller eigentlich kommt, sei so etwas früher kritisch beäugt worden. Doch die Vorurteile haben sich aus Sicht des Kochs nicht bewahrheitet. "Die Qualität ist besser als bei der herkömmlichen Zubereitung. Das Fleisch wird zart und ist nicht zu fest oder weich", sagt der Koch.

Künstliche Intelligenz macht den Dienstplan

Nicht nur in der Küche sind moderne Systeme im Einsatz. An jedem Tisch stehen Schildchen mit einem QR-Code. Scannt sie der Gast mit seinem Handy, hat er sofort die ganze Speisekarte und kann mit dem Smartphone bestellen. Und auch der Dienstplan wird nun mithilfe der Künstlichen Intelligenz erstellt: Während Katrin Hiller diesen früher mühsam in einem Excel-Dokument anlegte, erledigt das inzwischen die KI ganz selbstständig anhand der Angaben der Mitarbeiter.

Erst wenn es Änderungen gibt, weil beispielsweise jemand krank wird, greift der Mensch ein. "Unsere Beschäftigten loggen sich bei Arbeitsbeginn digital über ein Tablet ein. Wir können dem Steuerbüro so leichter Daten weitergeben", erklärt Katrin Hiller. Für sein Gesamtkonzept wurde das Gasthaus mit einem Preis für Digitalisierung ausgezeichnet, denn die Technik ist kein Selbstzweck.

Jeden Anfang wohnt ein Zaudern inne

Die Aufgaben seien in den vergangenen Jahren immer weiter gewachsen. Gleichzeitig suchten die Hillers nach Fachkräften. Sie kamen auf die Idee, ob man nicht Arbeitsschritte digitalisieren könnte, die viel Zeit kosten. Die Kundschaft goutierte zu Beginn nicht alles – schon vor Jahren hatte es Jan Hiller mit den QR-Codes probiert. "Damals war das kaum bekannt, deshalb hatten es nur wenige Leute genutzt." Hiller ergänzt, dass man natürlich weiterhin bei einer echten Bedienung bestellen könne.

Auch Kellnerin Claudia Räder war anfangs nicht begeistert. "Wir waren eben Stift und Block gewohnt und nah an den Kunden. Aber mit den weiten Laufwegen zum Biergarten ist es schon eine Erleichterung und man vergisst natürlich weniger, wenn man alles auf dem Handy hat." Das Gasthaus Adler gilt als Vorreiter, doch wie sehr lassen sich Gastrobetriebe schon von digitaler Technik unter die Arme greifen?

Digitalisierung – lohnt sich das?

Anna Kilger, Innovationsexpertin der IHK Schwaben, sieht die Gastronomie derzeit noch in einer Orientierungsphase. Viele würden neue Technologie erst einmal ausprobieren, um festzustellen, ob sie Ihnen nutzt und sich der Einsatz auch wirklich rechnet. Servierroboter seien beispielsweise noch sehr selten. "Aber viele Betriebe merken, dass sie um das Thema Digitalisierung nicht mehr herumkommen werden", sagt Kilger. Einer Umfrage zufolge hätten rund 72 Prozent der Unternehmen in Bayerisch-Schwaben schon Erfahrungen mit Künstlicher Intelligenz wie ChatGPT gesammelt. Zum Einsatz komme sie etwa im Kundensupport auf der Internetseite.

Auftanken statt Auspowern

Der zwischenmenschliche Kontakt sei aber weiterhin wichtig, betont Gasthofchef Jan Hiller im Landkreis Günzburg. Gerade, wenn alle Beschäftigten als Team gut zusammenarbeiten sollen. Die Digitalisierung des Gasthauses habe allerdings viel Arbeit gespart. Statt wie früher mit sieben Beschäftigten in der Küche komme man jetzt mit vier aus, die Personalsituation habe sich merklich entspannt.

Katrin Hiller sitzt gebeugt über ein Schulbuch und hilft ihrem Sohn bei den Hausaufgaben für den Lateinunterricht. Durch die Digitalisierung hat die Familie auch mehr Freizeit gewonnen. Es ist sonnig und die Hillers und ihre beiden Kinder brechen einfach spontan zu einem Spaziergang am Nachmittag auf. "Es ist kein Vergleich zu früher", sagt Jan Hiller. "Da ging es morgens um sechs Uhr los und abends bis elf oder zwölf Uhr. Da stellt man sich schon die Frage: Muss das sein?"

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