Der Lichtkegel der Taschenlampe wandert an der nackten Betonwand entlang, zeichnet eine dunkle Linie unterhalb der Zimmerdecke nach. "Bis hier stand das Wasser", erklärt Heimleiterin Katrin Antoncic. Strom gibt es hier im Senioren- und Pflegeheim St. Georg in Schrobenhausen noch nicht. Ein Notstromaggregat versorgt mehrere Baulampen im Flur, die restlichen Räume sind finster. Das Hochwasser kam am Abend des 1. Juni und setzte weite Teile Schrobenhausens unter Wasser. Auch das Pflegeheim mit den rund 100 Bewohnern. Das Technische Hilfswerk (THW) evakuierte die Menschen. Momentan sind sie in fünf verschiedenen Einrichtungen im ganzen Landkreis untergebracht. Eine Herausforderung für alle. Ein Ende ist noch nicht in Sicht.
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Demente Menschen besonders betroffen
Für Pflegedienstleiterin Manuela Müller und ihre Pflegekräfte heißt es nach dem Hochwasser: weite Wege. Sie selbst fährt die Heime in Neuburg und Geisenfeld ab, tröstet die Bewohner und unterstützt die Pflegekräfte: "Es ist sehr stressig für alle. Ich fahr von einem Heim zum anderen, versuche die Bewohner mit ihren Medikamenten zu versorgen. Aber auch die Mitarbeiter brauchen jemanden, der sie so ein bisschen stützt." Gerade für demente Menschen sei die Situation sehr schwierig. "Sie verstehen nicht, wo sie jetzt sind und warum. Eine Frau hat immer wieder danach gefragt und geweint", erzählt Manuela Müller.
Ein Pfleger im Heim in Geisenfeld hilft einer älteren, bettlägerigen Frau beim Trinken. Hier sind über 20 Bewohner aus dem Heim in Schrobenhausen untergebracht: "Ich habe jetzt fast den doppelten Fahrtweg. Das heißt, ich muss morgens deutlich früher los, um pünktlich zu sein, und komme abends später nach Hause. Auch an die Abläufe muss man sich gewöhnen, die sind in jedem Heim ein bisschen anders", meint er.
"Alles ist kaputt"
Wann die Bewohner wieder zurückkehren können, ist noch unklar. Im überfluteten Keller im Heim in Schrobenhausen ist alles kaputt. Heizkessel liegen auf dem Boden, Kabel hängen aus der Decke, aus dem Aufzugschacht wird das Wasser gepumpt. "Fahrstühle, IT, Heizung und damit Warmwasser funktionieren nicht mehr. Alles ist kaputt. Die Wäscherei, die Kühlräume … alles ist kaputt", berichtet Heimleiterin Katrin Antoncic. Im Raum nebenan überprüft ein Elektriker die Schaltkästen. "Da ist nichts mehr zu machen", meint er. Keine guten Nachrichten für die Heimleiterin. Die Hilfsbereitschaft sei toll gewesen: "Aber wir können noch immer Helfer brauchen und vor allem Spenden", meint Antoncic. Eine erste Schätzung der Kosten: ein bis zwei Millionen Euro. Die Renovierung ist eine finanzielle Mammutaufgabe.
Ohne Spenden wird es schwierig
Träger des Heims (externer Link) ist eine Stiftung. Vorsitzender ist der Bürgermeister Harald Reisner (FW). Er versichert: Die Stiftung werde alles tun, um das Heim zu renovieren. Eine schnelle Wiedereröffnung sei das Ziel. Die Stiftung überlege, dafür auch Grundstücke zu verkaufen. Wann die Bewohner des Heims in ihr Zuhause zurückkehren können, hängt vor allem von Lieferzeiten und den Terminkalendern der Handwerker ab. Und auch von der finanziellen Unterstützung durch Spenden, denn ohne wird es kaum gehen.
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