Nach den Protesten bei einer Grünen-Veranstaltung im oberfränkischen Hirschaid im Landkreis Bamberg, regt sich nun Unmut über das Verhalten von Ministerpräsident Markus Söder (CSU). In einem Offenen Brief kritisiert die Kreistagsfraktion der Grünen im Landkreis Bamberg seine mangelnde Solidarität.
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Grünen-Kreisverband Bamberg: Kritik in Offenem Brief
Der Offene Brief richtet sich an Söder, die Vertreter der demokratischen Fraktionen im Landtag und Vertreterinnen und Vertreter des Bauernverbands und des Verbands LSV (Land schafft Verbindung). In dem Schreiben wird der Umgang mit den Vorfällen am Rand einer Grünen-Veranstaltung in Hirschaid am 21. Februar 2024 bemängelt.
Dabei hatten rund 300 Protestierende die Veranstaltung des Kreisverbands Grüne Bamberg-Land in der alten Schule in Hirschaid gestört. Ein wütender Mob hätte mit Autos und Traktoren mehrere Stunden lang die Hauptdurchgangsstraße von Hirschaid blockiert, ohne eine Rettungsgasse frei zu lassen, so die Grünen in ihrer Mitteilung. Zudem hätten Protestierende gegen Fenster des Versammlungsgebäudes geschlagen, Pyrotechnik gezündet, mit Scheinwerfern in den Saal geleuchtet und mehrfach versucht, in das Gebäude zu gelangen.
Aus Sicherheitsgründen brachen die anwesenden Parteimitglieder ihre Jahreshauptversammlung ab. Unter Polizeischutz seien die rund 30 Grünen-Mitglieder dann durch die Menge geleitet worden.
Die Stimmung sei nach Angaben der Grünen vor Ort bedrohlich und einschüchternd gewesen. "Für mich war der Abend eine heftige Erfahrung. Viele Parteikollegen haben sich nicht sicher gefühlt und hatten extreme Angst", hatte der Kreisvorsitzende im Landkreis Bamberg, Tim-Luca Rosenheimer im Gespräch mit BR24 erklärt.
Vorwurf an Söder: Betroffene mit "Hohn und Spott" übergossen
Vom Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) hatten die Grünen uneingeschränkte Solidarität erwartet, da dies - laut Mitteilung - seine Aufgabe als Ministerpräsident sei. Stattdessen habe Söder den Grünen nach einer Vorstandssitzung in München eine "Mimosenhaftigkeit" unterstellt und den Parteimitgliedern so eine abstrakte Mitschuld an den, sich häufenden Protesten bei Grünen-Veranstaltungen unterstellt. Damit hätte er als "Landesvater" dem Ehrenamt einen Bärendienst erwiesen. Anstatt ein klares Statement abzugeben, hätte Söder die betroffenen Ehrenamtlichen mit "Hohn und Spott" übergossen.
Söder hatte zudem erklärt, dass "ein bisschen mehr Standhaftigkeit" den Grünen nicht schaden würde. Viele Menschen seien schlichtweg empört über die Partei. "Die Grünen sind der ideologische Kern der Ampel und machen vieles schlechter und nicht besser", so der bayerische Ministerpräsident. Der Kreisverband Grüne Bamberg-Land wertet diese Aussagen des Ministerpräsidenten als Beleidigung. Die ehrenamtlich tätigen Grünen-Mitglieder in Hirschaid hätten trotz massiver Anfeindungen die Jahreshauptversammlung "so lange als möglich geordnet durchgeführt". Erst als es gar nicht mehr anders gegangen sei, hätten sie auf Anraten der Polizei abgebrochen. "Wir sind standhaft geblieben. Wir haben als Ehrenamtliche Gesicht für Demokratie gezeigt", heißt es in der Mitteilung weiter.
Bereits die Bamberger Bundestagsabgeordnete der Grünen, Lisa Badum, hatte Söder und der CSU unterstellt, dass sie das Feuer weiter anheizen würden, "anstatt zu verurteilen, dass engagierte Menschen in Bayern an der Ausübung ihres Ehrenamts gehindert werden und bei Parteiversammlungen bedroht und beschimpft werden".
Auch von Söders Stellvertreter Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und dem Fraktionsvorsitzenden der CSU im Landtag, Klaus Holetschek, hätten sich die Grünen mehr Unterstützung erhofft.
Grüne: Einschüchternde Proteste als "Machtdemonstration"
Die nachträglichen Distanzierungen von Bauernverband und LSV von den Vorfällen in Hirschaid dürften nicht darüber hinwegtäuschen, dass das "Grünenbashing" der letzten Monate mitverantwortlich dafür sei, dass die sogenannten Bauernproteste zunehmend eskalierten. Das Verhalten der Demonstrierenden lege nahe, dass es um eine reine Machtdemonstration und die gezielte Einschüchterung politisch Engagierter gehe. Das Ziel dabei sei, das demokratische Miteinander nachhaltig zu beschädigen.
Fernab davon hätte der Kreisverband Grüne Bamberg-Land in den vergangenen Tagen breite Unterstützung und viele Solidaritätsbekundungen von demokratischen und zivilgesellschaftlichen Protagonisten erhalten, darunter Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) und der Bürgermeister der Marktgemeinde Hirschaid Klaus Homann (CSU). In der langen Liste der Solidaritätsbekundungen würden jedoch die des Bauernverbandes und des LSV fehlen.
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