Protestveranstaltung im Atdorfer Kulturtreff "Baudergraben"
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Zehn Jahre Widerstand: Die Trassengegner im Nürnberger Land feiern ihr Jubiläum in Altdorf.

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Initiativen feiern zehn Jahre Widerstand gegen Stromtrassen

Initiativen feiern zehn Jahre Widerstand gegen Stromtrassen

Es begann vor zehn Jahren: Quer durch Bayern sollten große Stromleitungen verlegt werden. Vielen Menschen war und ist das unheimlich. So protestieren sie seitdem gegen gigantische Masten – auch wenn sie Unterstützer aus der Politik verloren haben.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Zehn Jahre Protest. Darauf stoßen sie hier an im Kulturtreff "Baudergraben" in Altdorf. Die Trassengegner im Nürnberger Land haben Mitstreiter aus dem ganzen Freistaat eingeladen – Geburtstagsständchen inklusive. "Die Lösung für die Regierung wäre Dezentralisierung …", singt "Lieder-Dieter". Sein Songtext sagt alles: Die Initiativen wollen Strom aus Solaranlagen und Windrädern vor Ort und kämpfen für eine Energiewende in der Region. Dafür brauche es keine Stromautobahnen, sagt Sprecherin Dörte Hamann. "Wir haben einen langen Atem bewiesen. Bisher ist noch keine der Leitungen, die vor zehn Jahren geplant waren, gebaut worden."

Freie Wähler wackeln

Die kommunale Politik wissen die Trassengegner im Nürnberg Land seit Jahren hinter sich. Zum Beispiel Landrat Armin Kroder (Freie Wähler): "Wir sind der festen Überzeugung, dass monströse Trassen auch monströs viel Geld kosten." Sie würden zudem viel Platz beanspruchen, "aber sie erzeugen keinen Strom und speichern auch keinen Strom".

Doch Kroders Parteichef Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sieht das inzwischen anders. Bayerns Wirtschaftsminister war einmal vehementer Trassengegner. Jetzt spricht er sich für den Bau weiterer Leitungen aus.

Kein Atomausstieg ohne Netzausbau

Der Netzbetreiber Tennet sieht sich durch diese Wende bestätigt. Zu den vorhandenen Trassen sollen auf Wunsch des Ministeriums zwei weitere Stromautobahnen kommen. Firmensprecher Markus Lieberknecht: "Wir haben die Unterstützung der gesamten Landesregierung. Und wir haben natürlich die Unterstützung der Bundesregierung, die letztlich dann über Bundestag und Bundesrat in den Gesetzgebungsprozess einfließt."

Es gehe darum, künftig Strom aus den großen Windparks im Norden in den energiehungrigen Süden der Republik zu transportieren. So sei in Nordbayern im Jahr 2015 bereits die Hochspannungsleitung "Thüringer Strombrücke" in Betrieb genommen worden, sagt Lieberknecht. "Das war ein fundamentaler Baustein, damit das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld abgeschaltet werden konnte." Zudem seien am "Ostbayernring" schon seit zwei Jahren Teilabschnitte im Betrieb.

Region Nürnberg als Protest-Hochburg

An vielen Stellen in Bayern gebe es ein gutes Miteinander, stellt der Tennet-Sprecher fest. Es gibt immer mehr Befürworter. Ganz anders sei die Lage allerdings in der Region rund um Nürnberg. Sie ist seit zehn Jahren eine Hochburg der Trassengegner und des lauten Widerstands. Tumulte und Buh-Rufe – bei den ersten Informations-Veranstaltungen in Nürnberg kamen die Vertreter der Trassenbetreiber kaum zu Wort. "Es ist wichtig, diese Planung kritisch zu begleiten. Aber dieser fundamentale Widerstand, der bringt uns nicht weiter", so der Tennet-Sprecher. Es sei nicht zielführend, mit Leuten zu sprechen, die das grundsätzlich ablehnten.

Trassengegner spielen auf Zeit

Die Gegner wollen nicht einlenken. Sie hoffen nun darauf, dass die Trassen zu teuer werden. Und sie setzen auf neue Techniken zur regionalen Stromspeicherung. Dann würden keine Stromautobahnen benötigt. Sprecherin Hamann klagt jedoch, dass der Dialog darüber nur sehr schwer möglich ist. "Wir haben festgestellt, dass gerade von Seiten der Trassenbefürworter die Diskussion sehr emotional geführt worden ist." Man habe nicht ernsthaft versucht, mit der Bevölkerung ins Gespräch zu kommen.

Appell zur verbalen Abrüstung

Die Fronten sind also unverändert verhärtet. Ob die Bemühungen zur Beschleunigung des Trassenausbaus helfen werden, bleibt offen. Die Gegner wollen auch künftig mit allen Mitteln weiter gegen den Ausbau kämpfen. Auch wenn Landrat Kroder dafür plädiert, in der Trassendiskussion verbal abzurüsten. "Wenn jemand die andere Meinung vertritt und sagt, ich glaube an die großen Trassen, um Strom aus dem Norden und dem Osten nach Bayern zu bringen, dann ist das nicht mein Feind, sondern ein Mensch mit einer anderen Meinung."

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