Mit 30 Millionen Euro extra sollen akute Schäden durch das jüngste Hochwasser im Freistaat behoben werden. Das hat der Bayerische Ministerrat bei seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause in Kloster Weltenburg bei Kelheim beschlossen. Für die Sanierung von größeren Flüssen stehen demnach rund 14,5 Millionen Euro zur Verfügung, für kleinere Bäche rund 7,5 Millionen Euro und für kommunale Anlagen rund acht Millionen Euro.
- Zum #Faktenfuchs: Hat Bayern beim Hochwasserschutz gespart?
Außerdem will Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in den nächsten Jahren weitere 100 Millionen Euro zusätzlich in Hochwasserprojekte stecken oder bereits in Planung befindliche beschleunigen. Die Gelder soll der Landtag per Nachtragshaushalt bereitstellen. "Das heißt, wir haben heute alles gemacht, was für Hochwasserschutz wichtig ist", sagt Söder.
Söder: Bayern hat ambitioniertestes Hochwasserschutzprogramm in Deutschland
Bayerns Ministerpräsident nutzt die Kulisse des Donaudurchbruchs bei Weltenburg auch für eine Bilanz der Hochwasserschutz-Politik seiner Regierungskoalition aus Freien Wählern und CSU. Dass Bayern seit 2001 rund vier Milliarden Euro investiert habe und weitere zwei Milliarden Euro geplant seien, das mache das bayerische zum "bislang ambitioniertesten Hochwasserschutzprogramm in Deutschland".
Zudem wurden 190 Kilometer Deiche neu errichtet, 340 Kilometer Deiche saniert, mehr als 300 Hochwasserrückhaltebecken auf den Weg gebracht und circa 2.500 Quadratkilometer als Überschwemmungsgebiet ausgewiesen. Laut Söder entspreche das der Fläche des Saarlandes.
Söder mahnt versprochene Bundesgelder an
Verärgert äußert sich Söder über die ausbleibende Hochwasser-Hilfe von der Bundesregierung. Zwar seien neben Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach Bayern gekommen – von den versprochenen Hilfsgeldern sei aber bisher nichts nach Bayern geflossen. Das sei "Wortbruch" und ein "Skandal". Und das, obwohl Bayern für die Flutfolgen im Ahrtal rund eine Milliarde Euro bezahle.
Außerdem werde auch noch das nationale Hochwasserprogramm um 50 Millionen Euro gekürzt, kritisiert Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (FW). Das weist Johannes Becher, Vize-Fraktionschef der Landtagsgrünen zurück: Bayern habe die Mittel beim Bund gar nicht abgerufen. Aber genau das wäre die Aufgabe einer bayerischen Staatsregierung, "bevor man Ampel-Bashing betreibt".
Glauber freut Ende des Personalabbaus und Hochwasser-Check
Umweltminister Glauber räumt zwar ein, dass im Freistaat zwischen 2002 und 2013 aus Spargründen 500 Stellen in der staatlichen Wasserwirtschaftsverwaltung abgebaut wurden. Dieser Trend sei mit Blick auf die steigenden Anforderungen im Hochwasserschutz nun aber gestoppt.
Große Chancen für die Kommunen sieht Glauber zudem in dem sogenannten "Hochwasser-Check", der Anfang August startet. Dabei beraten und begleiten die Wasserwirtschaftsämter gezielt Gemeinden beim Hochwasserschutz. "Beratung allein reicht nicht", kritisiert die umweltpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Anna Rasehorn. Schließlich fehlten neben Beratern auch Geld und Konzepte vor Ort.
CSU und FW wollen sich bis September über Wasser-Cent einigen
Diskutiert hat das Bayerische Kabinett auch über den lange geplanten Wasser-Cent. Eine endgültige Einigung über Detailfragen sollen die Fraktionen FW und CSU Anfang September erzielen, so Umweltminister Glauber.
Im Herbst könnte dann der Gesetzentwurf beschlossen werden. Mithilfe des Wasser-Cents soll langfristig Trinkwasser gespart werden. Trinkwasser würde damit – wie in anderen Bundesländern üblich – für Verbraucher und vor allem für Mineralwasser-Produzenten etwas teurer werden.
AfD für Deiche – trotz Kritik an "Klimawahn"
Der bayerischen Opposition gehen die Beschlüsse des Kabinetts zum Hochwasserschutz nicht weit genug. Ingo Hahn, Sprecher für Klima- und Umweltpolitik der AfD-Fraktion, warnt grundsätzlich davor, die Natur kontrollieren zu wollen. Zwar sei auch seine Fraktion für den Bau von Deichen, Poldern oder Staustufen, das habe man schließlich schon immer gemacht. Die Vorhaben der Staatsregierung nennt Hahn deshalb einen kleinen "Schritt in die richtige Richtung".
Aber: "Man kann ja noch nicht einmal das Wetter für die nächsten drei Tage korrekt vorhersagen. Insofern ist dieser ganze Klimawahn, dass man wüsste, wie das Klima in 100 Jahren ist, sowieso utopisch."
Grüne und SPD: "Homöopathische Dosen" und "nicht ausreichend"
Grünen-Fraktionsvize Johannes Becher spricht mit Blick die Beschlüsse des Kabinetts zum Hochwasserschutz von "homöopathischen Dosen": "Damit retten wir gar nichts, wir brauchen deutlich mehr Geld, mehr Personal bei den Wasserwirtschaftsämtern und wir müssen den Flüssen mehr Raum geben, auch schon im Oberlauf."
Die SPD fordert "mehr finanzielle Mittel und mehr Tempo". Die zusätzlichen Gelder zur Reparatur der bestehenden Hochwasserschutz-Einrichtungen seien zwar begrüßenswert, so Holger Grießhammer, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag, aber längst nicht ausreichend. Schließlich stünden die Kommunen jetzt schon finanziell mit dem Rücken zur Wand. Allein Günzburg habe sieben Millionen Euro Schaden an der Infrastruktur.
Im Video: Das hat Bayerns Kabinett zum Hochwasserschutz beschlossen
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