Michaela Kaniber (CSU), Landwirtschaftsministerin Bayern und Karl Bär (B'90 / Grüne) diskutierten in St. Wolfgang mit den Bürgerinnen und Bürgern
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Das Thema in St. Wolfgang: "Ein Jahr nach den Bauern-Protesten - Wie geht’s weiter mit der Landwirtschaft?"

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Kaniber für Bürokratieabbau: "Landwirte sind keine Schreibwirte"

Kaniber für Bürokratieabbau: "Landwirte sind keine Schreibwirte"

Vor einem Jahr beherrschten die Bauernproteste in Bayern und ganz Deutschland die Schlagzeilen. Waren die Proteste erfolgreich? Was hat sich seitdem verändert? Darüber diskutierten Landwirte, Politik und Bürger bei "jetzt red i" in St. Wolfgang.

Über dieses Thema berichtet: jetzt red i am .

"Für mich persönlich war das ein Riesenerfolg, was wir da gemacht haben. Allein schon das Gefühl und die Stimmung, die da waren, dass wir verbändeübergreifend durchgezogen haben", sagt der Schweinebauer Bernhard Hartl. Stolz sei er auch darauf, dass so viele junge Bauern für ihre Zukunft gekämpft haben. Auch an diesem Mittwochabend machen viele der 120 Gäste deutlich, wo die Probleme liegen.

Bauern wollen weniger Auflagen

Martin Stanner geht in die Landwirtschaftsschule und will bald den elterlichen Betrieb unternehmen. Auch er war bei den Protesten vor einem Jahr dabei. Er wirft Karl Bär (B‘ 90 / Die Grünen), Obmann im Agrarausschuss des Bundestages, vor, dass er den Bauern auf den Demonstrationen vor einem Jahr viel versprochen habe, passiert sei aber nicht viel. Er versteht nicht, weshalb die Politiker ihnen ständig neue Auflagen machen würden: "Wir wissen doch selber am allerbesten, wie wir unsere Tiere halten müssen, damit es ihnen gut geht. Und wenn ich jetzt irgendwo hingehe, dann kann ich mich doch auch nicht einfach im 'Rechts der Isar' in den OP-Saal stellen und dem dann anschaffen, wie er operieren soll", erklärt der Landwirt. Karl Bär betont, dass es gewisse Auflagen brauche: "Wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass es im Bereich Tierschutz einfach Probleme gibt und dass wir Punkte haben, wo viele Teile der Bevölkerung nicht mehr mitgehe." Deshalb seien die Standards notwendig.

Kaniber: "Vertrauen statt Misstrauen"

Die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) dagegen kündigte für den Fall, dass die Union die anstehende Bundestagswahl gewinnt, einen konsequenten Bürokratieabbau an: "Ich finde, wenn Parteien es nicht erkannt haben, dass man den Menschen, die bestens ausgebildet sind, nicht vertraut, dann machen wir einen großen Fehler", sagte Kaniber. Sie warb für mehr "Vertrauen statt Misstrauen". Es sei wichtig, Entlastung zu schaffen: "Wir haben Landwirte, keine Schreibwirte. Die wollen auf dem Acker sein, die wollen bei den Viechern sein und nicht gegängelt werden." Die immer strengeren Regelungen würden der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft schaden.

Streit um Förderprogramm zum Humuserhalt

Viele strittige Themen werden an diesem Abend bei "jetzt red i" angesprochen. So ärgert sich Biobauer Toni Wollschläger darüber, dass ein Teil des bayerischen Kulturlandschaftsprogramms – die Maßnahme K33 – im Jahr 2025 nicht mehr neu aufgelegt wird. Das Programm fördert die Pflanzung von Kleegras als Zwischenfrucht, was positive Auswirkungen auf die Bodenstruktur und die Co2-Bilanz habe. Die Maßnahme für den Humuserhalt wird mit 340 Euro pro Hektar vergütet, viele Biolandwirte machen davon Gebrauch. Gegen diesen Vorwurf wehrt sich die Landwirtschaftsministerin entschlossen. "Jetzt müssen wir das erst einmal geraderücken, denn das Programm läuft nach wie vor weiter". Es seien bereits 2.500 Biolandwirte im Programm, es würden nur keine neuen mehr hinzukommen, erklärt sie. Bayern hätte derzeit außerdem die höchsten Umstellungsquoten von konventionell auf Bio im ganzen Bundesgebiet, so die Ministerin.

Letztlich zeigen sich die Bauern zwar noch skeptisch, wirken aber zufriedener als noch vor einem Jahr. Auch in den Wahlprogrammen der Parteien für die Bundestagswahl fände die Landwirtschaft nach den Protesten nun mehr Beachtung. Schweinemäster Bernhard Hartl zieht deshalb eine positive Bilanz: "Vorher waren wir eine Randnotiz – jetzt werden wir wieder beachtet."

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