Hatten beim Landesparteitag in Würzburg ihren ersten Auftritt als angehende Grünen-Chefs im Bund: Franziska Brantner (links) und Felix Banaszak,
Bildrechte: Picture Alliance/dpa/Daniel Vogl
Videobeitrag

Hatten beim Landesparteitag in Würzburg ihren ersten Auftritt als angehende Grünen-Chefs im Bund: Franziska Brantner (links) und Felix Banaszak,

Videobeitrag
>

"Knallgrün - gerade jetzt": Eine Partei ringt um ihren Kurs

"Knallgrün - gerade jetzt": Eine Partei ringt um ihren Kurs

Bayerns Grüne wollen Zuversicht und Geschlossenheit – und streiten bei der Migration doch um jedes Wort. Die Parteitagsdebatte zeigt, wo das Herz der Basis schlägt. Mittendrin: die angehenden Bundeschefs Brantner und Banaszak. Eine Analyse.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Sie können es gerade kaum jemand recht machen. Den einen sind die Grünen zu grün, zu wenig pragmatisch, zu "ideologisch" – wie ihre Gegner sagen. Den anderen sind sie nicht grün genug, inkonsequent und in der Ampel an eigenen Idealen vorbei – so empfinden es viele Parteilinke und Jugendvertreter.

Doch mit Trübsal und Frust begeistert man kaum – und spätestens in einem Jahr steht eine Bundestagswahl an. Die bayerischen Grünen verordneten sich auf ihrem zweitägigen Landesparteitag in Würzburg also reichlich gute Laune. "Bayern verdient Zuversicht", lautete das Motto. Die Erfolge ihrer Partei im Bund wollen sie von nun an besser verkaufen, zum Beispiel beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Und wer wie Markus Söder heftige Angriffe gegen die Grünen fährt, soll künftig stärkeren Gegenwind spüren. Der bayerische CSU-Ministerpräsident war am Wochenende Ziel zahlreicher und deftiger Attacken.

Die neuen Chefs geben ihren Einstand: Banaszak kommt gut an

Am Sonntag waren Felix Banaszak und Franziska Brantner zu Gast, sie wollen im November die neuen Bundeschefs der Grünen werden. Es war ihr erster Parteitag als angehendes Führungsduo. Brantner ist Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck und gilt als "Realo", Banaszak wird den Parteilinken zugerechnet, er kam bei den Delegierten besonders gut an.

Man werde den eigenen Kurs nicht danach ausrichten, was Merz, Söder, Lindner und Scholz gerne hätten, sagte er und fügte unter viel Applaus hinzu: "Wir sind nicht diese oder jene Grünen. Wir sind die Grünen. Wir sind eine Partei. Wir sind entschlossen, und wir sind geschlossen." Habeck sagte in einer Videobotschaft: "Rücken gerade, aufrechter Gang, Optimismus und Zuversicht, ohne den Problemen auszuweichen."

Migrationsdebatte: Zwischen höflichem und stürmischem Beifall

Trotz des beschworenen neuen Korpsgeists zeigte sich in Würzburg auch, wo innerparteiliche Risse verlaufen. Am Samstag debattierten die mehr als 300 Delegierten bis spät in den Abend über einen Antrag zu Asyl und Migration.

Zwar betonten viele Redner, dass man doch gar nicht weit auseinanderliege. Wer aber wie der Miltenberger Landrat Jens Marco Scherf neben Humanität auch deutlich formulierte, dass es Ordnung in der Migration brauche, erntete im Saal eher höflichen Beifall. Stürmisch klatschten die Delegierten hingegen, als beispielsweise die Landtagsabgeordnete Gülseren Demirel ein flammendes Plädoyer für Aufnahmebereitschaft hielt.

"Ordnungspolitische Begrenzung nicht möglich"

Diese Stimmung im Saal schlug sich auch in den Beschlüssen nieder. Im Vorfeld war bei dem Antrag um jedes Wort gerungen worden – und damit ging es weiter. Gestrichen wurde beispielsweise der Satz: "Wir brauchen jetzt eine Stabilisierung der Zahl der hier zu versorgenden Geflüchteten auf einem für die Integration leistbaren Niveau." Für die Mehrheit der Grünen offenbar zu hart formuliert.

Stattdessen heißt es nun: "Wir wollen die Anzahl von Menschen reduzieren, die auf lebensgefährlichen Wegen in Deutschland Schutz suchen müssen." Das gelinge zum Beispiel durch Fluchtursachenbekämpfung, fairere Verteilung und bessere Registrierung an den Außengrenzen. Und weiter: "Eine ordnungspolitische Begrenzung von Asylanträgen ist in einem Rechtsstaat hingegen nicht möglich." Mehrfach entschied der Parteitag über unterschiedliche Formulierungen – jedes Mal stimmte eine Mehrheit für die liberalere Variante.

Beim Schlussakkord von Claudia Roth tobt der Saal

Die Grünen ringen um ihren Kurs und um klare Botschaften. Ob sie diese auf Bundesebene finden, daran werden sich Habeck, Brantner und Banaszak messen lassen müssen. Die bayerische Basis zeigte in Würzburg deutlich, dass ihr Herz für grüne Ideale schlägt.

Mit am meisten Jubel und Beifall während des gesamten Wochenendes erhielt Claudia Roth, als sie am Samstag sagte: "Bleiben wir selbstkritisch. Aber ziehen wir uns nicht die Kritik an von denen, die uns spalten, die uns verunsichern und die uns schwächen wollen. Es kommt auf uns an, einen Rollback zu verhindern." Der Saal tobte, als Roth mit den Worten endete: "Seien wir grün, knallgrün – gerade jetzt."

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!