Erste Eckpunkte lagen schon seit dem Sommer vor, jetzt hat das Kabinett den Entwurf für ein eigenes bayerisches Ladenschlussgesetz beschlossen: Der Freistaat hält an den generellen Öffnungszeiten von 6 bis 20 Uhr fest, wie Arbeits- und Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) nach einer Kabinettsitzung in München sagte. "Denn das Ladenschlussgesetz ist ein Arbeitnehmerschutzgesetz und kein Wirtschaftsfördergesetz." In den meisten anderen Bundesländern dürfen Geschäfte werktags bis 22 Uhr oder sogar rund um die Uhr öffnen.
Dennoch sieht der Gesetzentwurf Änderungen vor. Laut Scharf wird jeder Gemeinde ermöglicht, an Wochentagen "in freiem Ermessen bis zu acht verkaufsoffene Nächte pro Jahr selbst zu organisieren". An diesen Abenden dürfen die Geschäfte bis Mitternacht geöffnet sein. Einen bestimmten Anlass braucht es für diese Einkaufsnächte nicht. Bisher war der Staatskanzlei zufolge nur ein langer Einkaufsabend im Jahr möglich.
Darüber hinaus dürfen Einzelhändler individuell bis zu viermal im Jahr bis 24 Uhr öffnen. "Das klassische Beispiel: Die Lesung im Buchladen, die dann auch mit dem Verkauf verbunden ist", erläuterte die Ministerin.
Weiter maximal vier verkaufsoffene Sonntage
Die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage bleibt auf maximal vier beschränkt. "Der Sonn- und Feiertagsschutz ist verfassungsrechtlich geschützt und ist uns auch ein ganz besonderes Anliegen", sagte die CSU-Politikerin zur Begründung. Allerdings wird für die Kommunen, die einen solchen verkaufsoffenen Sonntag beantragen wollen, das Verfahren erleichtert.
Kleinstsupermärkte: Öffnung auch sonntags durchgehend möglich
Kleinstsupermärkten ohne Personal wird Scharf zufolge in Zukunft eine durchgehende Öffnung auch an Sonn- und Feiertagen ermöglicht. Die Verkaufsfläche darf dabei maximal 150 Quadratmeter groß sein, für das Warensortiment soll es keine Beschränkung geben.
Für die konkrete Regelung der Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen werden die Gemeinden zuständig sein. Durch Sonderregelung für Kleinstsupermärkte soll laut der Ministerin die Grund- und Nahversorgung verbessert werden.
Tourismusorte: Warensortiment erweitert
In sogenannten Tourismusorten in Bayern dürfen Geschäfte weiterhin an bis zu 40 Sonn- und Feiertagen öffnen dürfen, die Vorgaben werden aber gelockert. Zum einen sollen die Gemeinden künftig selbst bestimmen, wo ein Tourismusverkauf zugelassen wird. Zum anderen wird das zugelassene Warensortiment erweitert: "Statt der ortskennzeichnenden Ware, wie es bisher gegolten hat, genügt der Bezug auf die Region", erläuterte Scharf. Zugelassen wird auch der Verkauf von Lebens- und Genussmitteln zum sofortigen Verzehr, von Schnittblumen und Zeitungen.
Nachdem an anderen Flughäfen und Bahnhöfen schon bisher Geschäfte an Sonn- und Feiertagen öffnen dürfen, soll dies künftig auch am Flughafen Memmingen und an Fernbus-Bahnhöfen wie dem ZOB in München genehmigt werden.
Bayern hat bisher kein eigenes Gesetz
Seit der Föderalismusreform von 2006 können die Länder selbst über ihre Ladenöffnungszeiten bestimmen. Nach und nach wurden in allen Bundesländern eigene Gesetze dazu beschlossen – außer im Freistaat. Er ist das einzige Bundesland, in dem nach wie vor das Ladenschlussgesetz des Bundes aus dem Jahr 1956 gilt. Das soll sich nun ändern.
Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) sagte, die Staatsregierung modernisiere das Ladenschlussrecht "mit Augenmaß". Das Kabinett habe die unterschiedlichen Interessen von Unternehmen, Arbeitnehmern und Kunden in "einen gerechten Ausgleich gebracht".
Aiwanger hofft auf Belebung der Innenstädte
Auch Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sprach von einem "sehr tragfähigen Kompromiss". Bayern gehe nicht dem "Trend" nach, "der in einigen Bundesländern ist, hier unbegrenzt zu öffnen". Über längere Öffnungszeiten freuten sich vielleicht einige Kunden, familiengeführte Einzelhändler könnten das aber personell nicht stemmen. "Wir haben hier auch sehr starkes Augenmerk darauf gerichtet, unsere mittelständisch geprägte Einzelhandelsstruktur nicht zu überfordern. Nicht zu sagen: Der große kann sich die Arbeit im Schichtbetrieb leisten, der kleine nicht."
Durch die langen Verkaufsnächte werde aber die Möglichkeit geben, "gezielt mal länger den Kunden erreichen zu können und damit auch parallel die Belebung der Innenorte, der Innenstädte anzukurbeln", sagte Aiwanger.
Im Video: Lockerungen beim Ladenschluss in Bayern
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!