Permanenter Kopfschmerz, totale Erschöpfung, keine Konzentration: Betroffene von Long Covid können oft nicht einmal für längere Zeit aufrecht sitzen. Mindestens zehn Prozent aller Infizierten weltweit kämpfen mit derartigen Corona-Spätfolgen, schätzt die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Das sind bis zu einer Million Menschen allein in Deutschland.
Eine von ihnen ist Heidi Terpoorten aus Binswangen im Landkreis Dillingen. Doch im Alltag erlebt sie, dass die Hilfe für Erkrankte wie sie nicht ausreicht. Sie hofft jetzt auf eine Petition, die am Dienstag Thema im zuständigen Landtags-Ausschuss war und erreichen soll, dass Long Covid besser erforscht und den Betroffenen besser geholfen wird.
Betroffene: Post-Covid-Ambulanz ausbauen
Terpoorten schildert: Ihr werde immer wieder vorgeworfen, die Erkrankung nur zu simulieren, wenn sie etwa ein Gespräch eine Stunde lang durchhalte. "Weil niemand sieht, dass ich danach wieder im Bett liege oder auf der Couch." In der Post-Covid-Ambulanz in Augsburg habe man ihr zwar zugehört und Vorschläge gemacht. Wirklich geholfen habe ihr aber erst der Besuch in einer Münchner Naturheilklinik. "Die Post-Covid-Ambulanz auszubauen, wäre extrem wichtig für Schwaben", fordert Terpoorten. Insgesamt bescheinigt sie Bayern ein "Versorgungsdesaster", weil Symptome häufig nicht ganzheitlich betrachtet würden und weit entfernte Besuche beim Spezialisten oftmals ein "Wahnsinnsaufwand" seien, die den Zustand sogar verschlechtern könnten.
Patientenorganisation: Betroffene bekommen zu wenig Hilfe
Die Politik müsse sich intensiver mit dem Thema Long Covid beschäftigen, so die zentrale Forderung der Betroffenen. Die Organisation "Nicht Genesen" zitiert in ihrer Petition Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB). Demnach gibt es seit 2021 659.000 Menschen im Freistaat, die von Long Covid betroffen sind.
Die Petition fordert daher eine umfassende Forschungsförderung, verbesserte Diagnosemöglichkeiten und eine bessere medizinische Versorgung für Patienten mit Krankheitsbildern rund um Long Covid. Dafür fordert die Organisation insbesondere die systematische Erfassung der Fallzahlen aller damit verbundenen Krankheitsbilder in Bayern.
Medikamente nicht erstattungsfähig, Reha nicht angepasst
Für Heidi Terpoorten aus dem Landkreis Dillingen schlägt die Erkrankung außerdem finanziell zu Buche: Bis zu 300 Euro gibt sie jeden Monat für Medikamente aus, da diese von den Krankenkassen für ihre Behandlung nicht anerkannt werden. Eine entsprechende Aufnahme in den Leistungskatalog würde ihr helfen, sagt sie. Außerdem müsse die Therapie für Long Covid korrigiert werden: Bei ihrer eigenen Reha etwa seien Bewegungsangebote verpflichtend gewesen, was zu einer erheblichen Verschlechterung ihres Zustands geführt habe. "Seitdem habe ich einen Rollstuhl", so Terpoorten.
💡 Was ist Long-COVID oder das Post-COVID-Syndrom?
Noch gibt es keine einheitliche medizinische Definition der Beschwerden, die nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und der akuten Erkrankung COVID-19 auftreten können. Der Krankheitsverlauf wird mittlerweile jedoch in drei Phasen – im zeitlichen Verlauf – eingeteilt:
- Akute COVID-19-Krankheitsphase: Beginn bis 4 Wochen
- Subakute COVID-19-Krankheitsphase: vier bis zwölf Wochen
- Post-COVID-Syndrom: ab zwölf Wochen
Als Long-Covid werden sowohl die subakute COVID-19-Krankheitsphase wie auch das Post-COVID-Syndrom bezeichnet. Das Risiko, nach einer akuten Krankheitsphase Langzeitbeschwerden zu entwickeln, liegt bei bis zu 15 Prozent – das heißt: Bei bis zu 15 von 100 Personen, die an COVID-19 erkrankt sind bzw. waren, können nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft Langzeitbeschwerden auftreten. (Quelle: Universitätsklinikum Augsburg)
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