Lastenrad in Fahrt
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Lastenräder sind oft eine Alternative zum Auto

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Modellversuch in sieben Kommunen: "Lastenräder eifrig genutzt"

Schwere Aktentasche, volle Einkaufstüte, großer Picknickkorb – alles Gründe, das Auto zu nehmen. Aber es gibt eine Alternative: Sieben bayerische Kommunen bauten in einem Modellversuch Leihsysteme für Lastenfahrräder auf – mit Erfolg.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Fast 100 Städte und Gemeinden hatten sich 2020 für das Modellprojekt beworben. Sieben bayerische Kommunen bekamen den Zuschlag und bauten Leihsysteme für Lastenfahrräder auf. Heute stellte Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) den Abschlussbericht vor. Sein Fazit: Der Modellversuch war erfolgreich, alle sieben Kommunen möchten die Lastenräder weiter anbieten.

Jede Gemeinde ist anders

Leihfahrräder galten bisher als Phänomen größerer Städte. Nur hier gebe es genug potenzielle Nutzer, die es erlaubten, ein solches Mietsystem ökonomisch sinnvoll zu betreiben, nahm man bisher an. In dem vom bayerischen Verkehrsministerium unterstützten Pilotprojekt testeten Gemeinden, ob es auch sinnvoll ist, in kleineren Landkommunen Leihlastenräder anzubieten.

Bewusst wurden für das Pilotprojekt Kommunen mit unterschiedlicher Größe und topografischen Bedingungen aus allen Regierungsbezirken ausgewählt: Cadolzburg hat 11.768 Einwohner, ist hügelig und liegt in Mittelfranken. Freising in Oberbayern hat 49.126 Einwohner und ist nur leicht hügelig. Lechbruck am See hat 2.842 Einwohner, ist flach und befindet sich in Schwaben, genau wie Lindau am Bodensee (hügelig, 25.000 Einwohner). Marktredwitz in Oberfranken hat 17.200 Einwohner und ist hügelig, genau wie Passau in Niederbayern mit 52.470 Einwohnern. Würzburg in Unterfranken hat 130.227 Einwohner. Dort ist es bergig. So sollte für einen möglichst breiten Erfahrungshorizont gesorgt werden und die Erkenntnisse sollen künftig auf viele Gemeinden übertragbar sein.

Städte und Gemeinden tauschten sich aus

Vertreter der beteiligten Städte und Gemeinden trafen sich regelmäßig zum Austausch, um von den Fehlern und Erfolgen der anderen zu lernen. Außerdem erarbeiteten sie gemeinsam eine App für die Ausleihe. Insgesamt wurden 53 Miet- und Ladestationen errichtet und 133 Lastenräder angeschafft.

Lechbruck als kleinste Gemeinde errichtete drei Stationen mit zwölf Rädern, Würzburg dagegen elf Stationen und 35 Mietlastenräder. Das Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr unterstützte das Projekt mit 2,4 Millionen Euro.

Testphase: Mindestens 9.000 Autofahrten vermieden

Um abzuschätzen, wie groß der Nutzen für die Bürger ist, haben die Gemeinden neun Monate lang, von Januar bis September 2023, genau mitgezählt und die Radler befragt. Ergebnis: Mindestens 9.000 Autofahrten wurden in dem Zeitraum vermieden, 95.630 Kilometer mit dem Leih-Lastenrad gefahren und 6,54 Tonnen CO₂ eingespart – bei insgesamt 15.478 Ausleihen.

Positive Bilanz, aber Lastenrad-Mietsystem ist kein Selbstläufer

Entsprechend positiv bewertete Verkehrsminister Bernreiter das gesamte Projekt: Ein vollautomatisches Lastenrad-System sei für die Bürgerinnen und Bürger komfortabel. Sie sparten sich Anschaffungskosten und Platz, gleichzeitig seien die Räder einfach zu mieten, jederzeit und kurzfristig verfügbar. "Das wussten auch die Nutzerinnen und Nutzer in unseren Pilot-Kommunen zu schätzen und haben die Lastenräder eifrig genutzt", so der Minister.

Das Pilotprojekt zeigte aber auch: Ein Lastenrad-Mietsystem ist kein Selbstläufer. Besonders wichtig für die Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern sei eine zuverlässig funktionierende Ausleih-App und ein guter Wartungszustand der Mieträder, sagt Judith Wehr, Autorin des Abschlussberichts.

Wichtige Erfahrungen für Lastenrad-Ausleihe

Gezeigt hat sich auch, dass Lastenräder nicht nur in Städten sinnvoll sind, sondern auch in Landgemeinden, wo praktisch jeder ein Auto hat. Für diese ist der Eigenbetrieb meist die beste Möglichkeit, um ein öffentliches Lastenrad-Mietsystem anzubieten – das macht aber auch Arbeit: Fahrräder beschaffen, Mietstationen errichten, den täglichen Betrieb sicherstellen.

Örtliche, private Fahrradwerkstätten werden dann mit der Wartung beauftragt und ein IT-Dienstleister ist für den Betrieb der App zuständig. Bernreiter: "Wenn die lokale Politik die Einrichtung eines Mietsystems unterstützt, es einen Wartungs- und Reparaturservice vor Ort gibt und Verantwortlichkeiten innerhalb der Verwaltung klar geregelt sind, kann ein Lastenrad-Mietsystem zum vollen Erfolg werden."

Kommunen wollen Lastenräder weiter anbieten

Die am Dienstag vorgestellte Studie liest sich stellenweise wie die Anleitung zum Aufbau eines Miet-Fahrradnetzes und das will sie wohl auch sein. "Ich freue mich, dass voraussichtlich alle Kommunen die Mietsysteme auch in dieser Radlsaison weiter anbieten werden und hoffe, dass in Zukunft weitere Kommunen dazukommen", so der Verkehrsminister.

Denn, das hat sich im Laufe des Projektes auch gezeigt: Wenn die Kommunen zusammenarbeiten, Erfahrungen austauschen, gemeinsam die Expertise von Beratern nutzen, dann können sie viel Geld und Zeit sparen und erhöhen die Chancen, dass sich eine Investition lohnt.

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