Eine Frau lächelt in die Kamera.
Bildrechte: Polizei Mittelfranken

Ein anthropologisches Gutachten sollte die Angeklagten im Prozess Alexandra R. überführen. Das ist aber offenbar nicht möglich.

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Mordfall Alexandra R.: Rückschlag für die Anklage

Am Landgericht Nürnberg-Fürth neigt sich der Mordprozess um die verschwundene Alexandra R. dem Ende zu. Wieder gibt es Diskussionen um ein Gutachten - diesmal geht es um Bilder einer Überwachungskamera. Auf ihnen soll ein Angeklagter zu sehen sein.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Noch einmal hat sich das Landgericht Nürnberg-Fürth im Mordprozess um die verschwundene Alexandra R. mit dem Video einer Überwachungskamera beschäftigt. Das Video war bereits einmal ausgewertet worden - doch dann erklärte das Gericht den Gutachter für befangen. Jetzt hat eine Gutachterin das Video analysiert - mit dem Ergebnis: Wer die Person auf dem Video ist, ist nicht zu erkennen. Das ist ein Rückschlag für die Anklage.

Video im Gerichtssaal: nur verschwommene Schatten

Die Gutachterin hat 534 Einzelbild-Dateien analysiert. Sie stammen aus einem 22 Sekunden langen Video aus einer Überwachungskamera, die in einem Carport installiert ist. Nur ganz am Rand der Bilder ist die Straße zu sehen: ein Auto, das bremst, und eine Person, die aussteigt. Um überhaupt etwas erkennen zu können, müssen die Bilder extrem vergrößert werden. Darunter leidet die Qualität. Es sind auf den Bildschirmen im Gerichtsaal nur verschwommene Schatten in hell- und dunkelblau zu erkennen. Die Sachverständige sagt, dass sie aufgrund dieser Aufnahmen keine Person identifizieren könne.

Erster Gutachter hatte sich festgelegt

Damit widerspricht sie dem ersten anthropologischen Gutachten. Der damalige Sachverständige war zu einem völlig anderen Ergebnis gekommen. Er hatte sich mit einiger Wahrscheinlichkeit darauf festgelegt, die Angeklagten auf diesen Bildern identifizieren zu können. Das Gericht hatte den Sachverständigen bereits zuvor als befangen abgelehnt.

Ohrenform aussagekräftig fast wie ein Fingerabdruck

Bei ausreichend guter Qualität der Bilder sei es durchaus möglich, eine Person anhand von Köpermerkmalen zu identifizieren, erläutert die Expertin die Möglichkeiten eines anthropologischen Gutachtens. Vor allem anhand der Größe und der Form der Ohren könnte ein Mensch identifiziert werden. Das sei bei den vorgelegten Aufnahmen jedoch nicht der Fall. "Es sind keine Feinmerkmale des Gesichts zu erkennen", sagt sie. Kurzum: Das Material "ist nicht für die Erstellung eines beweissicheren morphologischen Gutachtens geeignet".

Aufnahmen wichtiger Teil der Beweiskette

Die Aufnahmen stammen aus der Nähe des Hauses in Schwabach-Limbach, in das Alexandra R. am Tag ihres Verschwindens gefahren sein soll, kurz nachdem sie das letzte Mal lebend gesehen wurde. Die Videos sollen beweisen, dass die Angeklagten ihr gefolgt sind. Alexandra R. soll in dem Haus in Schwabach-Limbach überwältigt und gefesselt worden sein. Anschließend sollen die Angeklagten sie mit dem Auto in eine Lagerhalle in Sindersdorf bei Hilpoltstein gebracht haben. Die Staatanwaltschaft geht davon aus, dass die 39-Jährige, die damals hochschwanger war, von den beiden Angeklagten an diesem 9. Dezember 2022 ermordet wurde.

Nach Überzeugung der Anklage soll Alexandra R. in der Lagerhalle in Sindersdorf bei Hilpoltstein (Landkreis Roth) oder in einem Waldstück in der Nähe der Autobahnausfahrt Irschenberg in Oberbayern getötet worden sein. Die Leiche von Alexandra R. wurde bisher nicht gefunden.

Verteidigung will einen alternativen Tatablauf belegen

Die Verteidiger der beiden Angeklagten ziehen den Tatablauf in Zweifel. Mit mehreren Beweisanträgen wollen sie darlegen, dass es auch ganz anders gewesen sein und es einen alternativen Tatablauf gegeben haben könnte – zumal die großangelegte Suche nach der Leiche von Alexandra R. ergebnislos geblieben ist. Sämtliche Einsätze von Leichenspürhunden seien negativ verlaufen, so einer der Verteidiger von Ugur T. Und einer der Verteidiger von Dejan B. bringt eine dritte Person ins Spiel, die am Tattag ein Prepaid-Handy genutzt haben soll, welches die Ermittler Dejan B. zuschreiben.

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