Die Uni Bayreuth hat auf einen offenen Brief der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) reagiert, in dem die Hochschule zu einer Entschuldigung aufgefordert worden war. Hintergrund ist eine Podiumsdiskussion einer Hochschulgruppe über Palästina, bei der am 8. Februar angeblich antisemitische Äußerungen getätigt wurden.
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Uni-Präsident: "Keine antisemitischen Exzesse zugelassen"
In dem Antwortschreiben vom Mittwoch, das BR24 vorliegt, bedauert Uni-Präsident Stefan Leible, dass der Eindruck entstanden sei, die Hochschule würde sich hinter israelfeindliche und antisemitische Äußerungen stellen und diesen ungeprüft eine Plattform bieten. "Wir haben keine 'antisemitischen und israelfeindlichen Exzesse zugelassen'", heißt es in dem Schreiben wörtlich.
Die DIG warf der Uni Bayreuth zudem vor, aus aktuellen Fällen des Missbrauchs des geschützten akademischen Raumes – beispielsweise an Universitäten in Berlin und München – keine Konsequenzen gezogen zu haben. Daraufhin erklärte Leible, dass rechtliche Gründe für ein Verbot der Veranstaltung an der Uni Bayreuth im Vorfeld nicht gegeben waren und die Vorwürfe auch bisher nicht belegt seien.
Uni Bayreuth will Ermittlungsergebnisse abwarten
Der Uni-Präsident verwies darauf, dass der Fall Gegenstand behördlicher Vorermittlungen ist: "Wir warten die Ergebnisse der behördlichen Ermittlungen ab, dürfen und wollen diese aber nicht antizipieren." Dennoch würden die Kriterien für eine Raumvergabe und die Zulassung von Veranstaltungen in den Räumen der Uni Bayreuth gegebenenfalls angepasst.
Entschieden weist Leible den Vorwurf der DIG zurück, wonach die Uni Bayreuth mitursächlich dafür sei, dass "sich in Deutschland inzwischen Israelhasser ermutigt fühlen, akademische Veranstaltungen, an denen Vertreter der jüdischen Gemeinschaft und/oder Israels teilnehmen, gezielt zu sabotieren und zu verhindern".
"Verbot von Diskussionen kein geeignetes Mittel"
Die Uni Bayreuth sei überzeugt, dass der offene Diskurs über gegensätzliche Haltungen existenzieller Bestandteil einer pluralen Gesellschaft ist. Meinungsfreiheit gemäß Artikel 5 des Grundgesetzes sei ein hohes Gut, das gerade an einer Universität geschützt werden müsse. "Ein Verbot von Diskussionen ist kein geeignetes Mittel", wird Leible in dem Schreiben zitiert.
Am vergangenen Mittwoch hatte die Generalstaatsanwaltschaft München dem BR bestätigt, dass die Staatsanwaltschaft Bayreuth Ermittlungen in dem Fall aufgenommen hat. Es geht um mutmaßlich antisemitische Äußerungen während einer Diskussionsrunde mit dem Titel "Palestine: A Universal Call To Freedom", die von der Hochschulgruppe "The Olive Branch" organisiert worden war. Bislang hat sich auf Anfrage von BR24 keiner der Organisatoren zu Wort gemeldet.
Das soll bei der Diskussion gesagt worden sein
Laut einer Mitteilung des Jungen Forums, der studentischen Jugendorganisation der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, sollen im Rahmen der Veranstaltung antiisraelische und antisemitische Aussagen gefallen sein. Dabei sei Israel beispielsweise als Unrechtsstaat bezeichnet worden. Ein Teilnehmer an der Diskussion soll zudem die antiisraelische BDS-Kampagne beworben haben. BDS steht für "Boycott, Divestment and Sanctions" (Boykott, Desinvestition und Sanktionen). Die Kampagne fordert einen wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Boykott Israels.
Daneben habe derselbe Teilnehmer Begriffe wie "Apartheid" und "Zionistischer Verbrecherstaat" im Zusammenhang mit Israel benutzt. Obendrein soll er gefordert haben, den "Siedlerkolonialismus zwischen dem Meer und dem Fluss" zu beenden. Das käme indirekt einer Aufforderung zur Vernichtung Israels gleich, so das Junge Forum.
Uni hatte sich bereits zu Vorwürfen geäußert
Bereits vor einer Woche hatte sich allerdings die Uni Bayreuth zu den Vorwürfen geäußert: Die Verantwortlichen hätten im Vorfeld darauf hingewiesen, dass die Veranstaltung nicht im Widerspruch zur freiheitlich demokratischen Grundordnung stehe und Aussagen nicht den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen dürfen. Der Veranstalter habe daraufhin glaubhaft versichert, keine einseitigen Ideologien fördern und unterschiedliche Haltungen integrieren zu wollen.
Im Nachgang hätten Teilnehmer laut Hochschule von einem geordneten Verlauf berichtet, der auch einen Abbruch der Veranstaltung nicht gerechtfertigt hätte. Wörtlich heißt es: "Auch wenn kontroverse und streitbare Positionen vorgetragen wurden, sind der Universität Bayreuth zum jetzigen Zeitpunkt keine Äußerungen aus der Veranstaltung bekannt, die gegen geltendes Recht verstoßen hätten."
Im Audio: Antisemitismus-Vorwurf an Uni Bayreuth: Entschuldigung gefordert
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