Äußerlich neu – mit Bart – inhaltlich mit weitgehend bekannten Forderungen: So präsentiert sich CSU-Chef Markus Söder beim ARD-Sommerinterview, das am Abend im Ersten im "Bericht aus Berlin" ausgestrahlt wird. Das Interview stand dabei besonders unter dem Eindruck des mutmaßlichen IS-Terroranschlags von Solingen, bei dem am Freitag drei Menschen erstochen und mehrere Menschen teilweise schwer verletzt wurden.
"Thema Migration wächst uns über den Kopf"
Nach der Festnahme eines dringend tatverdächtigen 26-jährigen Asylbewerbers aus Syrien fordert Söder ein "Sofortprogramm", um solche Straftaten einzudämmen. Dazu gehöre, die Polizei mit mehr Kompetenzen auszustatten, etwa sogenannte anlasslose Kontrollen zu erlauben. Außerdem fordert der CSU-Chef, verstärkt nach Syrien und Afghanistan abzuschieben. "Wir spüren, dass uns das Thema Migration in Deutschland über den Kopf wächst", so der Bayerische Ministerpräsident im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio. Und weiter: "Wir haben nicht die richtigen Instrumente, um gegen Gewalt und auf Gewalt zu reagieren."
Kritik, die sich explizit gegen die Ampelregierung im Bund richtet. Ihr wirft Söder vor, in der Flüchtlings- sowie in der Sicherheitspolitik viel zu zögerlich – lediglich in "Trippelschritten" zu agieren. "Es braucht jetzt ein klares Bekenntnis. Nicht nur sagen, wir wollen, sondern: wir machen", sagt Söder in der ARD. Als Positivbeispiel verweist Söder auf das von seiner CSU regierte Bayern, das vor einigen Jahren eine eigene "Bayerische Grenzpolizei" installiert und "hohe Fahndungserfolge" erzielt habe.
Auf die Nachfrage, ob die Union nicht auch Mitverantwortung in der Migrations- und Integrationspolitik trage, antwortet Söder: "Ich habe Angela Merkel immer sehr bewundert, aber nicht in der Migrationspolitik." Es seien Fehler passiert. "Darunter leiden wir heute noch ein Stück weit", so der CSU-Chef.
Ampel ist "Untergangsregierung"
Beim Sommerinterview greift Söder die Ampelregierung auch ganz generell an. Bürgergeld und Einwanderungsgesetz kritisiert er scharf. Genauso wie die Wirtschafts- und Verkehrspolitik. Da plädiert der Ministerpräsident aus Bayern – nicht nur "auf die Bahn, sondern auch aufs Auto" zu setzen.
Dem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wirft Söder vor, zu wenig mit den Menschen zu reden. Und seine "Zeitenwende" in der Verteidigungspolitik sei, so Söder, zu einem "Schlafmärchen" verkommen. Das Pauschalurteil: Die Ampel sei eine "Untergangsregierung", der Haushaltsstreit "nicht gelöst", die Bundesregierung habe ein Jahr vor der Bundestagswahl "das Arbeiten eingestellt".
Söder schließt Schwarz-Grün weiter aus
Besonders teilt Söder gegen die Grünen aus. Neben der AfD bleibt die Partei von Ricarda Lang und Omid Nouripour offenbar der politische Hauptgegner für den CSU-Chef. Neben "Blockadehaltung" in der Migrationspolitik attestiert er der Regierungspartei um Vizekanzler Robert Habeck ein bewusstes "Bayern-Bashing". Das drücke sich etwa darin aus, dass kaum Projekte oder Gelder nach Bayern vergeben würden.
Eine Koalition mit den Grünen schließt Söder deshalb weiter klar aus: "Mit mir geht Schwarz-Grün nicht, darauf kann sich jeder verlassen." Damit bleibt Söder auf Konfrontationskurs zu CDU-Chef Merz, der sich eine Koalition mit den Grünen weiter offen hält, sowie zu NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), der sich eine Zusammenarbeit mit den Grünen nach der Bundestagswahl 2025 vorstellen kann.
K-Frage: "Nicht mein Lebensplan"
Apropos Bundestagswahl: Auch eine Personalie müssen die Chefs von CDU und CSU nach den Landtagswahlen in den drei ostdeutschen Bundesländern noch klären: die Frage, wer für die Unionsparteien als Kanzlerkandidat antritt. Im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio bleibt Markus Söder seiner Sprachregelung treu: Mit Verweis auf seine "hohe Akzeptanz" in Umfragen zur K-Frage betont er, die CDU habe "als große Schwester den Vortritt". Und: Kanzler zu werden, sei nicht sein "Lebensplan".
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