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Die Flutkatastrophe hat in Bayern 2024 für Todesopfer und Schäden in Milliardenhöhe gesorgt. Tausende Helferinnen und Helfer waren im Einsatz, um gegen die Wassermassen zu kämpfen. So haben die Leute vor Ort etwa Sandsäcke gestapelt, Keller ausgepumpt und gemeinsam aufgeräumt. Prävention war ein großes Thema. Es wurde viel darüber diskutiert, was getan werden kann, um solche Ereignisse zu verhindern bzw. abzumildern.
Ein BR24-User hat gefragt, ob es etwas bringen würde, wenn Menschen in Gebieten mit besonders überlasteten Kanalsystemen weniger Wasser verbrauchen würden, zum Beispiel, indem sie auf das Baden in der Badewanne verzichten oder keine Wäsche waschen würden.
- Zum Artikel: Bayern streitet: Woran hakt's beim Hochwasserschutz?
Wassersparen bei Hochwasser: Es gab bereits Aufrufe
In der Vergangenheit hat es in der Tat bereits Kommunen gegeben, die die Bevölkerung um derartige Wassersparmaßnahmen gebeten haben. Ein Beispiel ist die Stadt Erkrath in Nordrhein-Westfalen. Während der Flutkatastrophe 2021 hatte die Stadt ihre Bürgerinnen und Bürger auch in den sozialen Medien darum gebeten, wegen stark überfüllter Abwasserkanäle und des über die Ufer tretenden Flusses Düsel, "kein weiteres Abwasser zu produzieren und möglichst nur noch die Toilette zu benutzen".
Duschen, Waschen und Spülmaschinen sollten zunächst nicht weiter genutzt werden, um die Situation nicht zu verschärfen. Medien berichteten prominent über die Warnung seitens der Stadtverwaltung.
In Bayern hat es erst kürzlich eine ähnliche Anordnung gegeben. Südlich von Augsburg im Friedberger Ortsteil St. Afra war das Abwassersystem der Stadt durch das Hochwasser durcheinander geraten. Anwohner durften nicht duschen, sollten Geschirr nur noch in Schüsseln spülen und das Wasser dann draußen in den Garten gießen. Für den Gang zur Toilette wurden Dixiklos in den Straßen aufgestellt. Die Stadt sah sich zu der Anordnung gezwungen, um das Kanalsystem der Kommune nicht zu überlasten.
Kanalnetze in Deutschland
Kanal ist nicht gleich Kanal, erklärt ein Sprecher des Wasserwirtschaftsamts München im Gespräch mit BR24. Es gebe in Deutschland drei verschiedene Arten von Kanälen. In Mischwasserkanälen läuft beispielsweise Regenwasser zusammen mit Schmutzwasser, so nennt man das, was aus Toilette, Bad und WC kommt, gemeinsam ab.
Bei Trennsystemen ist dies anders: In einem Regenwasserkanal läuft nur Regen- und Oberflächenwasser ab, in Schmutzwasserkanälen nur das Wasser aus den Wohnungen und Häusern. Ein Hauptproblem bei Hochwasser ist die Tatsache, dass Kanäle nicht mehr abfließen können, wenn beispielsweise der angrenzende Fluss Hochwasser hat. So staut sich das Wasser in den Kanal zurück.
Nur wenig Schmutzwasser in Mischwasserkanal
Generell macht der Anteil des Schmutzwassers in einem Mischwasserkanal nur rund zehn Prozent aus. Die restlichen 90 Prozent sind für den Regenwetterfall vorbehalten, erklärt Mario Heinlein, Abteilungsleiter für Abwasserableitung im Stadtgebiet der Stadtentwässerung und Umweltanalytik Nürnberg im Gespräch mit BR24. Der Anteil, der aus Haushalten mit hineinfließt, ist also relativ gering. Dennoch sei bei Hochwasser jedem daran gelegen, dass möglichst wenig Wasser nachfließe. Daher könne er es verstehen, wenn Kommunen in Hochwasserfällen zum Wassersparen aufrufen.
Wichtiger als die Frage zum Einsparen von Schmutzwasser seien für Heinlein die oberflächlichen Ableitungswege. Wasser müsse abfließen können, auf Wiesen, Felder oder in andere Gewässer. Das hätte größere Auswirkungen auf mögliche Überschwemmungen.
Auf Aussagen der Kommunen und Wasserversorger vertrauen
Sinnvoll sein könne das Einsparen von Schmutzwasser in Einzelfällen allerdings dennoch, so ein Sprecher des Wasserwirtschaftsamts München: zum Beispiel bei reinen Schmutzwasserkanälen. Generell sei es aber schwierig, allgemeingültige Aussagen zu treffen, da sich die Situationen je nach Hochwasserlage oder Kanalsystem unterscheiden. Daher sei es wichtig, auf die Aussagen der jeweiligen Kommunen und Wasserversorger zu vertrauen, denn diese würden am besten wissen, was im Fall der Fälle hilft.
Hochwasserschutz: Das können Bürgerinnen und Bürger tun
Fernab vom Wassersparen können Bürgerinnen und Bürger ihren Beitrag zum Hochwasserschutz leisten. Wie das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz auf seiner Website mitteilt, könne beispielsweise mit einer Rückstausicherung ein Austritt von Abwasser ins Gebäude etwa über Bodenabläufe oder Sanitäreinrichtungen verhindert werden.
Bei Starkregenereignissen sei der Rückstau aus dem Abwasserkanal die bei Weitem häufigste Schadensursache. Die Sicherung liege alleine in der Verantwortung des Hauseigentümers. Auf der Internetseite des Ministeriums können sich Interessierte über weitere Schutzmaßnahmen informieren.
Im Audio: Hat Bayern beim Hochwasserschutz gespart?
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