Einer Boulderhalle in Würzburg droht die Schließung, vor Ort gibt es Streit. Am Ende starten die Betreiber eine Online-Petition für den Erhalt der Halle. Laut Portalen wie "Chance.org", "OpenPetition" oder "WeAct" sind lokale Themen stark vertreten. Doch welchen Stellenwert haben Online-Petitionen im Vergleich zu klassischen Formen der Bürgerbeteiligung?
Umgang mit Petitionen kommunal nicht geregelt
Anders als Petitionen, die sich an den Bundestag oder den Landtag richten, haben Online-Petitionen zu lokalen Streitpunkten mitunter keinen direkten Adressaten. 9.941 gültige Petitionen gingen allein in der vergangenen Legislaturperiode beim Bayerischen Landtag ein. Sie wurden wahlweise an Fachausschüsse oder den Ausschuss für "Eingaben und Beschwerden" weitergeleitet. Die Ausschüsse müssen sich damit beschäftigen und Beschlüsse fassen.
Ein derart formalisiertes Verfahren gibt es bei Petitionen auf kommunaler Ebene nicht. "Es würde, aus Perspektive der Demokratie gesprochen, sicherlich nicht schaden", sagt Jan Renner vom bayerischen Landesbüro des Vereins "Mehr Demokratie". Gleichzeitig sei sein Eindruck: Bürgermeister oder Gemeinderäte nehmen große Unterschriftensammlungen in der Regel durchaus ernst – auch ohne formalisiertes Verfahren.
Petition oder Bürgerbegehren initiieren?
Gleichzeitig verweist Jan Renner auf die Möglichkeiten direkter Bürgerbeteiligung, die es kommunal bereits gibt – allen voran Bürgerbegehren und Bürgerentscheide. Ein weiterer Weg, ein Thema in die Rathäuser zu bringen, sei der Bürgerantrag. Dieser muss von lediglich einem Prozent der Einwohner einer Gemeinde unterschrieben werden. Er muss daraufhin im Stadt- oder Gemeinderat behandelt werden. "Das ist schon eine kleine Form einer Petition", sagt Renner.
Wobei Jan Renner Online-Petitionen auch kommunal für ein durchaus wirksames Mittel hält – und auch Vorteile gegenüber Bürgerbegehren sieht. Zum Beispiel, weil bei Petitionen Leute unterschreiben können, die nicht in der betreffenden Gemeinde leben. Zudem darf bei Bürgerentscheiden in Bayern erst ab dem 18. Geburtstag gewählt werden. Bei vielen Online-Petitionen können auch Jugendliche unterzeichnen.
Online-Petitionen: "Schnell und unkompliziert"
Philippa Zorn, Leiterin des deutschen Teams von "Change.org", sieht noch einen weiteren Vorteil. Bürgerbegehren seien oft mit einem hohen organisatorischen Aufwand verbunden: "Im Gegensatz dazu sind Petitionen sehr niederschwellig, können schnell und unkompliziert gestartet werden." Zwar führen Petitionen lokal nicht bindend zu einer politischen Entscheidung. Doch oft genüge es, Aufmerksamkeit zu generieren und darüber politischen Druck zu erzeugen.
Die Petitionsplattform "Innn.it" verweist außerdem darauf, dass bei lokalen Anliegen oft nicht nur kommunalpolitische Vertreter involviert seien – sondern auch Unternehmen oder übergeordnete Behörden.
Erfolg lokaler Petitionen schwierig zu messen
Eine Aussage, wie viele lokale Petitionen Erfolg haben, ist hingegen schwierig. Bei "Change.org" beispielsweise entscheiden die Initiatoren der Petitionen selbst, ob sie ihr Anliegen als erfolgreich betrachten. Im vergangenen Jahr sei bei lokalen Petitionen etwa die Hälfte als erfolgreich vermerkt worden.
Ohnehin könne Erfolg bei Petitionen verschiedene Gesichter haben, erklärt Kathrin Voss. Die Politikwissenschaftlerin hat für die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung eine Studie über Online-Petitionen verfasst. Demnach sind die Erfolgsaussichten vor allem auf Bundesebene gering. Auf lokaler Ebene geht die Studienautorin von höheren Erfolgsaussichten aus. Oft gebe es auch Kompromisse: "Man erreicht vielleicht nicht einen nagelneuen Sportplatz – aber man erreicht vielleicht, dass der alte Sportplatz renoviert wird."
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