Deutschlandweit hat die Bundeswehr früher Löschschäume verwendet, die Chemikalien der Stoffgruppe PFAS enthielten. Diese gelten als gesundheitsgefährdend und bauen sich in der Umwelt so gut wie gar nicht ab. Über die Löschschäume gerieten die Chemikalien vielerorts in Wasser und Böden, so auch auf zwei Militärflugplätzen im Norden Oberbayerns: Während am Flugplatz Manching im Kreis Pfaffenhofen an der Ilm die Sanierung nun bald starten soll, laufen am Flugplatz Neuburg-Zell im Kreis Neuburg-Schrobenhausen die Untersuchungen weiter - wie schon seit Jahren.
Manching: Ausschreibung diese Woche - Start nächsten Monat?
Am Manchinger Flugplatz soll durch sieben Brunnen das kontaminierte Grundwasser gereinigt und anschließend wieder zurückgeführt werden. Das Staatliche Bauamt Ingolstadt will die Ausschreibung dafür noch diese Woche auf der Vergabeplattform veröffentlichen. Ziel ist, dass die ersten Bohrungen Mitte September starten, wie vor etwa einem Jahr angekündigt. Ob das klappt, hänge aber auch von der Auslastung der Privatfirmen ab. Wann die Anlage fertiggestellt und das Grundwasser tatsächlich gereinigt wird, kann das Staatliche Bauamt noch nicht sagen. Das hänge von verschiedenen Faktoren ab, wie etwa Niederschlägen und Grundwasserständen.
Flugplatz Manching ist bundesweiter Vorreiter
Nach Auskunft des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) ist der Flugplatz in Manching bei der PFAS-Sanierung nach wie vor Vorreiter - und zwar deutschlandweit: "Von allen bei den im Rahmen des Altlastenprogramms der Bundeswehr bearbeiteten PFAS-Kontaminationen sind die Maßnahmen in Manching am weitesten fortgeschritten", teilte ein Sprecher mit. Jede kontaminierte Bundeswehrliegenschaft durchläuft ein mehrstufiges Verfahren. Der Manchinger Flugplatz befindet sich in Phase III - so wie Ende Juni nur vier weitere Standorte.
Vorgezogene Sanierung für Hotspot-Fläche
Grund für Manchings Vorreiterstatus ist laut dem Sprecher vor allem, dass die Bundeswehr und die bayerischen Fachbehörden gemeinsam entschieden haben, den Prozess für einen Teilbereich zu beschleunigen: Der am stärksten kontaminierte Bereich "Alte Feuerwache" sollte vorgezogen saniert werden, ohne die Untersuchungsergebnisse für die übrigen kontaminierten Flächen abzuwarten. Dazu seien die Ergebnisse der Alten Feuerwache aus fachlicher Sicht ausreichend gewesen, so der Sprecher.
Erste Maßnahmen auch in Neuburg gefordert
Eben dieses Vorgehen fordert der Landrat von Neuburg-Schrobenhausen, Peter von der Grün (Freie Wähler), auch für den Neuburger Flugplatz schon seit Jahren. Der steckt noch in Phase II, in der sogenannten Detailuntersuchung. Während zwei Hotspots bereits als "Kontaminationsflächen" identifiziert sind, werden zwölf weitere Flächen noch geprüft. Neben den Untersuchungen fordern der Landkreis und die umliegenden Gemeinden erste Sicherungsmaßnahmen, wie etwa eine Abstromsicherung des kontaminierten Wassers oder Bodenaustausch.
"Wenn man bedenkt, dass das Thema schon seit 2011 bekannt ist, würden wir uns vor Ort einfach wünschen, dass diese Untersuchungen und Sanierungen schneller passieren und zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger dann auch wirklich etwas passiert." Peter von der Grün, Landrat Neuburg-Schrobenhausen
Detailuntersuchungen am Neuburger Flugplatz bis 2024
Doch in Neuburg ist es, anders als in Manching, laut dem Bundeswehrsprecher fachlich nicht sinnvoll, Maßnahmen für einzelne Hotspots vorzuziehen. Das habe neben den Untersuchungen vor Ort auch ein Gutachten aus dem Jahr 2021 ergeben.
Stattdessen verfolge die Bundeswehr für ihre Liegenschaft in Neuburg ein "möglichst ganzheitliches Konzept." Zudem seien wichtige Detailfragen, etwa zur Mobilität der Schadstoffe, noch nicht geklärt. Die Detailuntersuchung soll 2024 abgeschlossen werden, dann werde das Landratsamt über Notwendigkeit, Art und Umfang der Maßnahmen entscheiden, so das zuständige Bundesamt. Das Landratsamt will dann auch wieder eine Informationsveranstaltung für die Bürgerinnen und Bürger organisieren.
Frust vor Ort: "Es muss schneller gehen"
Der Neuburger Oberbürgermeister Bernhard Gmehling (CSU) zeigte sich frustriert über das langsame Vorankommen bei der PFAS-Sanierung: Wenn doch schon Hotspots identifiziert wurden, warum könne man da nicht bereits den Boden austauschen? Immerhin würden sich die PFAS verbreiten.
Auch Landrat Peter von der Grün will den Druck auf die Bundeswehrverwaltung erhöhen, auch wenn er sich sicher sei, dass diese alles korrekt nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz durchführe. Zusammen mit den betroffenen Gemeinden will er ein Schreiben an Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) schicken und darin auch auf neue Messwerte in einem nahe gelegenen Badesee eingehen.
Erhöhte PFAS-Werte in Badeweiher
Das Gesundheitsamt Neuburg-Schrobenhausen nimmt seit 2018 jährlich Wasserproben aus vier Badeweihern nahe des Flugplatzes und lässt diese vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) auf PFAS untersuchen. Beim Zeller See, der seit jeher PFAS aufweist, haben sie dieses Jahr erstmals auch Proben von der Wasseroberfläche genommen. Dort war die Konzentration bestimmter PFAS-Chemikalien zehnmal höher als bei einer Standardmessung - an gleicher Stelle etwa 30 bis 40 Zentimeter tiefer. Wiederholte Proben an verschiedenen Stellen bestätigten das Ergebnis, wenn auch weniger ausgeprägt.
PFAS können sich an Wasseroberfläche anreichern
Das LGL geht davon aus, dass sich PFAS an der Grenzschicht zwischen Wasser und Luft und an Schwebesedimenten – wie etwa auf dem Wasser treibende Pollen - anreichern. Das sei chemisch sehr plausibel und unter internationalen Experten nicht umstritten, teilte eine Sprecherin mit. Unklar ist laut dem LGL aber noch, in welchem Ausmaß dieser Effekt bei natürlichen Gewässern auftreten kann, die ja ständig durchmischt werden.
Weitere Untersuchungen am Zeller See sollen nun zeigen, ob das Wasser dort erneut unterschiedliche PFAS-Gehalte in verschiedenen Tiefen aufweist und wovon das abhängig ist. Das örtliche Gesundheitsamt will deshalb im September und Dezember erneut Wasserproben ans LGL schicken und so auch den Einfluss der Jahreszeit und der Außentemperatur prüfen.
Gesundheitsamt rät zu "umsichtigem Badeverhalten" am Zeller See
Weil man beim Schwimmen vor allem Wasser von der Oberfläche schluckt, rät das Gesundheitsamt vom langen und häufigen Baden im Zeller See ab. Das sei eine reine Vorsichtsmaßnahme, meint Gesundheitsamtsleiter Johannes Donhauser. Von den PFAS gehe keine akute Gesundheitsgefährdung aus: "Unser Blick geht vorsorglich Jahrzehnte in die Zukunft. Es geht darum, von diesen äußerst bedenklichen Substanzen so wenig wie möglich durchs Baden aufzunehmen, weil man ihnen über die Nahrung ja sowieso nicht völlig auskommen kann."
Für ein offizielles Badeverbot müsste die Konzentration noch mal deutlich höher sein. Trotzdem sollten gerade Kinder laut Gesundheitsamt nicht öfter als zehn Mal jährlich und nicht länger als eine Stunde im Zeller See baden und lieber auf die umliegenden Seen ausweichen.
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