Rumpf-Regierung und Opposition im Bundestag stritten sich vergangene Woche heftig wegen der Migrationspolitik – im Energiebereich schafften sie aber trotzdem in einigen Punkten eine Einigung - gerade noch rechtzeitig vor der Bundestagswahl. Die Biogas-Branche reagiert sehr erleichtert. Die Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie, Sandra Rostek, spricht von einem "Durchbruch" für den Wirtschaftszweig.
Viele Biogas-Betreiber mussten bisher bangen
In den vergangenen Monaten klang das meist ganz anders. Branchenvertreter hatten immer wieder gewarnt, dass eine große Anzahl bestehender Biogasanlagen würde schließen müssen. Denn nach dem Biogas-Boom in den 2000er Jahren läuft für viele davon die 20-jährige Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) aus. Biogas-Betreiber, die danach weiter einer feste Einspeisevergütung bekommen wollen, müssen sich bei Ausschreibungen der Bundesnetzagentur durchsetzen. Hier war aber zuletzt der Andrang viel größer als die ausgeschriebene Leistung, sodass viele Biogas-Unternehmen leer ausgingen.
Künftig schreibt die Bundesnetzagentur eine deutlich größere Biomasse-Leistung aus: Das Volumen wird auf 1300 Megawatt mehr als verdreifacht. Außerdem wird die Vergütung für den Biomasse-Strom erhöht, vor allem über einen sogenannten Flexibilitätszuschlag.
Künftig ist im Biogas weniger Mais erlaubt
Gleichzeitig steigen jedoch auch die Anforderungen an die Betreiber: Sie dürfen weniger Mais verwenden. Alternativen sind neben ökologisch vorteilhafteren Energiepflanzen auch Gülle, Biomüll oder andere Reststoffe. Und die Betreiber müssen größere Gasspeicher und Blockheizkraftwerke bauen, damit die Anlagen wirklich nur dann laufen, wenn der Strom auch gebraucht wird.
Biogas ist teuer – und muss gezielter eingesetzt werden
Denn nur so kann die Biomasse ihren entscheidenden Vorteil ausspielen: Sie ist zwar der teuerste unter den erneuerbaren Energieträgern, kann aber flexibel eingesetzt werden – und so die Schwankungen von Wind- und Sonnenenergie ausgleichen. Um die volle Einspeisevergütung zu bekommen, müssen die Anlagen künftig so ausgestattet sein, dass sie ihre Strommenge konzentriert an acht Stunden am Tag bereitstellen können. Zum Beispiel in den nachfragestarken Morgen- und Abendstunden. Und dann im Gegenzug ihre Aggregate herunterfahren, wenn der Strompreis niedrig ist - also nachts und auch am Mittag, wenn viel Sonne scheint.
Eine Kilowattstunde Strom aus Biogas wird bisher nach dem EEG mit rund 17 Cent vergütet. Strom aus Freiflächen-Photovoltaik dagegen gibt es für nur fünf Cent. Auch bezogen auf die in Anspruch genommene Fläche sind Photovoltaikanlagen wesentlich effizienter: Ein Solarpark ergibt pro Hektar nach Berechnungen des Umweltbundesamts etwa 40-mal mehr Strom als dort mit Mais erzeugt werden kann, der in eine Biogasanlage geht. Deshalb gelten vor allem die Grünen im Bundestag als skeptisch gegenüber Biomasse. Im Sommer 2024 hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) jedoch ein Biomassepaket angekündigt, das seit Dezember vorlag. In Bayern sind rund 2.700 Biogasanlagen am Netz, so viele wie in keinem anderen Bundesland.
SPD froh über Einigung
In der Bundestagsdebatte am Freitag betonte Nina Scheer von der SPD die Dringlichkeit des Gesetzes. Ohne die Einigung hätten viele Biogasanlagen aufgeben müssen: "Das wäre unverantwortlich gewesen; denn wir wissen, dass diese wahrscheinlich teilweise durch fossile Energien ersetzt würden."
Größte Biogasfans in CSU-Fraktion
Andreas Lenz von der CSU bezeichnete Biogasanlagen als "Alleskönner", weil sie gesicherte Leistung auch in sogenannten Dunkelflauten zur Verfügung stellen. Er betont, mit der jetzt verabschiedeten Einigung sei "noch längst nicht alles gut". Weitere Erleichterungen für Biogasanlagen seien nötig, zum Beispiel weniger Bürokratie.
Vorfahrt für Anlagen mit Wärmenetz
Auch das Hauptstadtbüro Bioenergie, hinter dem neben Biogasverbänden auch der Bauernverband steht, hat noch Wünsche offen – es solle beispielsweise weiter mehr Mais in den Anlagen erlaubt sein. Dennoch erhielten mit dem jetzt verabschiedeten Gesetz Tausende bestehende Anlagen eine Zukunftsperspektive, loben die Lobbyisten. Anlagen, die bereits ein Wärmenetz versorgen, bekommen bei den Ausschreibungen künftig Vorrang.
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