Die Vorsitzende der Bayern-SPD, Ronja Endres (li), Markus Söder, Parteivorsitzender der CSU, Ministerpräsident von Bayern (re) am Politischen Aschermittwoch 2025
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Kontrovers begleitet einen Metzger (CSU) und einen Mitarbeiter eines Automobilzulieferers (SPD) auf dem Politischen Aschermittwoch.

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Politischer Aschermittwoch: Schlagabtausch in unsicheren Zeiten

Politischer Aschermittwoch: Schlagabtausch in unsicheren Zeiten

Der Politische Aschermittwoch im Zeichen der politischen Kehrtwende der Union: Warum sich CSU und SPD versöhnlich zeigen – und am Ende doch noch über Söders Elvis-Kostüm gewitzelt wird.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Niederbayern, Anfang März. Bier, Fischsemmeln und saftige Sprüche gegen den politischen Gegner. Alles wie immer beim politischen Aschermittwoch. Oder?

Nicht ganz. Erst am Vorabend des Politischen Aschermittwochs erklärte die Union ihre Abkehr von der Schuldenbremse. 500 Milliarden Euro Neuschulden seien allein für Infrastruktur geplant, zudem solle für Rüstungsausgaben die Schuldenbremse reformiert werden. Im Wahlkampf versprach CDU-Parteichef Friedrich Merz noch das blanke Gegenteil: Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse bleibe unberührt. Eine Kehrtwende, die man den Unions-Mitgliedern nun erst einmal erklären muss.

Söder: "In meiner gesamten politischen Zeit nie erlebt"

Markus Söder wagt beim politischen Aschermittwoch der CSU in Passau einen Versuch: "Ich hätte nicht gedacht, noch vor drei Monaten (…), dass die Aufgabe, vor der wir jetzt stehen, in einer Dimension stattfindet, wie ich sie in meiner gesamten politischen Zeit nie erlebt habe", sagte der Parteivorsitzende der CSU und Ministerpräsident von Bayern. Die Ereignisse in den USA seien eine fundamentale Veränderung und eine "gewaltige Aufgabe" für Europa und auch Deutschland. Mit anderen Worten: Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen.

Im Video: Kontrovers-Interview mit Politikwissenschaftler Andreas Jungherr: Verschärfte Weltlage drängt zu Kompromissen

Politik- und Kommunikationswissenschaftler Prof. Andreas Jungherr
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Gelingt es der Union, ihre Kehrtwende zu erklären? Warum es jetzt Stammtisch-Formate braucht, erklärt Politikwissenschaftler Andreas Jungherr.

Umstrittene Kehrtwende der Weltlage geschuldet

Doch in den Reihen von CDU/CSU gibt es durchaus auch Kritik. Der Tenor: Mit dieser Kehrtwende, dieser plötzlichen Einigung auf ein gigantisches Schuldenpaket, mache man sich unglaubwürdig.

Der Politikwissenschaftler Andreas Jungherr entkräftet das. Im Interview mit dem BR-Politikmagazin Kontrovers sagt er, man könne klar sagen, dass sich von den Verhandlungsführern der Union niemand diese Kredite gewünscht habe. Jedoch: "Auf der anderen Seite sehen wir natürlich auch, dass wir mit einer sehr, sehr verschärften Weltlage und politischen Lage zu tun haben. Und dass dann die Koalitionspartner in spe versuchen, Kompromisse zu erreichen", sagt Jungherr. Das sei verständlich und zeige die Ernsthaftigkeit der aktuellen Situation.

Lauterbach: "Nicht der Moment, alte Rechnungen zu begleichen"

Den voraussichtlich künftigen Koalitionspartner freut dieser Kurswechsel. Beim politischen Aschermittwoch der Sozialdemokraten in Vilshofen werden versöhnliche Töne angestimmt: "Die Union hat sich in der Sache in die richtige Richtung bewegt. Und hier ist nicht der Moment, alte Rechnungen zu begleiten", so die Worte von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.

Klar ist: SPD und CDU müssen sich zusammenraufen. Es steht nicht weniger auf dem Spiel als die politische Zukunft Deutschlands. Das sieht auch die CSU-Basis so. Der CSU-Stadtrat und Metzgermeister Manfred Weber formuliert das gegenüber Kontrovers so: "Wenn jetzt CDU/CSU und SPD - das ist jetzt denen ihr letzter Schuss -, wenn sie das nicht gescheit machen, dann sind die weg." 

Söder: Scheitert die Koalition, drohen Neuwahlen

Markus Söder wird in Passau noch deutlicher: "Wir müssen Erfolg haben. Scheitert das, wird es Neuwahlen geben. Und draußen vor den Türen lauern die, die das übernehmen wollen." Die bürgerlichen Parteien, so das Selbstbild, stehen mit dem Rücken an der Wand. Dorthin gedrängt von der AfD.

Eine Besonderheit dieses Aschermittwochs: Söder liefert ernste Passagen - zur politischen Großwetterlage, spricht über Trump und Putin, die Schulden notwendig machten. Lauterbach betont das gemeinsame Nach-vorne-Blicken. Weniger Kalauer, mehr Konstruktivität.

Humor auch in ernsten Zeiten

Und doch gibt es sie auch, die Schenkelklopfer. Etwa über Söders diesjährige Faschingskostümierung: Er mache den "Elvis der späten Jahre", so Lauterbach. Also den Elvis Presley, der schon viel Show gemacht habe und nicht mehr singen konnte.

Aber ist das noch angemessen, sich in so ernsten Zeiten zum größten politischen Stammtisch der Welt zu treffen?

Ja, sagt Politikwissenschaftler Jungherr: Gerade der Politische Aschermittwoch sei "ein Politikformat, wo man mit einer gewissen Launigkeit und mit einer gewissen Unterhaltung Menschen erreicht, die normalerweise an Politik nicht rankommen." Hier dürfe man Punkte machen - ohne zu viel Ernsthaftigkeit.

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