Wer vom Ortsteil Straßlach aus mit dem Fahrrad zum Isarkanal will, muss eine enge, steile Straße mit 18 Prozent Gefälle hinunter. Schon seit fast 30 Jahren müssen Radler dort absteigen – eigentlich. Denn die wenigsten halten sich daran, immer wieder kommt es zu Unfällen. Heute befasst sich deshalb der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit einer Klage gegen das Radfahr-Verbot an der beliebten Ausflugsstrecke.
Radler will Verbot nicht akzeptieren
Geklagt hat ein Radler aus München. Er wendet sich gegen das Verbot der Gemeinde, die Straße bergab auf einer Länge von 600 Metern mit dem Fahrrad zu befahren. Die Gemeinde hingegen hält das Radfahren in diesem Bereich vor allem aufgrund des Straßengefälles und der geringen Fahrbahnbreite für besonders gefährlich und verweist auf schwere Unfälle. Ein tödlicher Unfall hatte dazu geführt, dass das Radl-Verbot 1996 verhängt wurde.
VGH zweifelt an Richtigkeit des ersten Urteils
Der Radler war in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht München im Januar 2023 gescheitert. Rechtsgrundlage für das Verbot nach Angaben eines Gerichtssprechers ist die Straßenverkehrs-Ordnung, Paragraf 45. Dort heißt es, dass Beschränkungen und Verbote nur angeordnet werden dürfen, "wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht". Damals hatte sich das Gericht der Auffassung der Gemeinde angeschlossen und die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, die der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zugelassen hat.
Verbot wird trotz Unfallgefahr weitgehend ignoriert
Fünf Unfälle mit schwerverletzten Fahrradfahrern hat es laut Gericht seit 2020 gegeben. Allerdings habe es mehrere weitere Unfälle gegeben, bei denen Fußgänger von Radfahrern umgerissen worden seien, berichtet Bürgermeister Hans Sienerth. Unter anderem seien eine Frau und ein Mädchen schwer verletzt worden, so Sienerth. In früheren Jahren habe es unterhalb der Strecke auch zwei tödliche Unfälle von Radlern geben - wegen des Schwungs, den sie vom Berg mitbrachten. An der Strecke gilt Tempo 30. Hielten sich die Radler daran, gäbe es keine Probleme, sagt der Bürgermeister. Messungen der Polizei hätten bei Radlern hingegen 50 oder 60 Kilometer pro Stunde ergeben.
Corona-Zeit verschärfte das Problem
Zum Streitfall wurde das Verbot, als der Radverkehr während der Corona-Pandemie zunahm. "Die Freiwillige Feuerwehr war es satt, zwei bis drei Mal an Wochenenden gerufen zu werden", sagt Sienerth. Deshalb habe die Gemeinde zusätzlich ein Plakat aufgestellt - an dem sich dann der Streit entfachte. "Das Abfahrtverbot gilt seit 1996 - wir haben nur darauf hingewiesen. Jetzt sind alle durchgedreht damit. Wir haben wirklich wichtigere Dinge hier im Dorf."
Geschehe ein Unfall, laute die Frage sofort: "Warum hat die Gemeinde ihre Verkehrssicherungspflicht vernachlässigt?" Sienerth befürchtet, dass auf die Gemeinde nach Unfällen Klagen zukommen könnten, sollte das Abfahrtverbot aufgehoben werden.
Alternativ-Route ist nicht asphaltiert
Die Straße gilt als beliebte Ausflugsstrecke, sie führt zum Radweg an der Isar. Entsprechend viele Radler sind dort gerade an Wochenenden unterwegs. Als alternative Strecke gäbe es den Isarradweg - der aber nicht asphaltiert ist und damit ungeeignet für Rennradfahrer. Diese nutzen wiederum den steilen Anstieg auch zu Trainingszwecken und fahren mehrfach hinauf und hinunter.
Laut Sienerth habe man über die Jahre immer wieder nach Lösungen gesucht, etwa das Bankett zu verbreitern. Allein das würde aber 350.000 Euro kosten, so der Bürgermeister. Er vermisst Unterstützung von Land und Bund beim Bau von Radwegen.
BayVGH: Beschluss wird schriftlich zugestellt
Die Verhandlung über das Radfahrverbot am Mühltalberg in der Gemeinde Straßlach-Dingharting am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof wurde am Mittag beendet. Wie ein Sprecher mitteilt, wird der Beschluss binnen 14 Tagen den Beteiligten schriftlich zugestellt.
Mit Informationen der dpa
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