Der Sicherheitsaufwand war enorm: Schusssichere Westen, Spezialeinheiten und ein Einsatz in den frühen Morgenstunden. Rund 100 Beamte von Zoll und Polizei durchsuchten drei Objekte. Der Geschäftsführer zweier Pflegedienste wurde festgenommen.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Regensburg gingen die Ermittler davon aus, dass der mutmaßliche "Reichsbürger" im Haus scharfe Waffen lagerte und womöglich auch Kampfhunde besitzt. Wegen des erhöhten Risikos waren auch das Spezialeinsatzkommando des Zolls (Zentrale Unterstützungsgruppe Zoll, ZUZ) vor Ort sowie der Zentrale Einsatzdienst Weiden und die Kriminalpolizei Weiden. Waffen fanden die Beamten nicht.
Zugriff ohne Zwischenfälle
Nach BR-Informationen zahlten sich die Sicherheitsvorkehrungen aus: Mehrere Personen seien schnell gesichert worden, es habe keinerlei Zwischenfälle gegeben. Nach Angaben eines Behördensprechers haben sich zwei anwesende Hunde friedlich verhalten.
Hintergrund für die heutige Festnahme sind aber zwei Anklagen am Amtsgericht Weiden: Das Gericht erklärte auf BR-Anfrage, dem mutmaßlichen Reichsbürger würden versuchte Erpressung, versuchte Nötigung und Beleidigung zur Last gelegt. Hintergrund waren Auseinandersetzungen mit einem Gerichtsvollzieher und einem Polizeibeamten im Zeitraum von Oktober 2021 bis März 2022. Der Beschuldigte war in zwei Verfahren nicht vor dem Amtsgericht Weiden erschienen. Deshalb wurde heute der Sitzungshaftbefehl vollstreckt.
Staatsanwaltschaft Regensburg sieht viel Arbeit vor sich
Sebastian Stitzinger von der Staatsanwaltschaft Regensburg sagte dem BR, man habe umfangreiches Beweismaterial beschlagnahmt, vor allem technische Geräte und Dokumente. Die Auswertung werde sicher längere Zeit in Anspruch nehmen.
Der Geschäftsführer zweier Pflegedienste steht im Verdacht, seinen 24-Stunden-Pflegekräften nicht die volle Arbeitszeit bezahlt und damit den Staat womöglich um Sozialabgaben geprellt zu haben. Bisher hat sich der Mann laut Staatsanwaltschaft nicht zu den Vorwürfen geäußert. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Bereits vor Jahren vergleichbare Vorwürfe gegen den Beschuldigten
Es ist nicht das erste Mal, dass die Ermittler den Mann im Visier haben. Am Landgericht Regensburg ist wegen vergleichbarer Vorfälle eine Anklage anhängig. Nach Auskunft eines Sprechers steht auch dort der Verdacht im Raum, dass der Mann zwischen Januar 2015 und Ende Juni 2016 seinen 24-Stunden-Pflegekräften nicht die volle Arbeitszeit vergütet hat. Damit seien offenbar zu wenig Sozialversicherungsabgaben gezahlt worden. Die Anklage geht von 112 Einzeltaten aus.
Waffen des Beschuldigten offenbar verschwunden
Nach BR-Recherchen hatte der mutmaßliche "Reichsbürger" schon seit 2021 keine Waffenbesitzkarte mehr. Er soll seine Schusswaffen aber nicht abgegeben haben. Das zuständige Landratsamt Neustadt an der Waldnaab schreibt dazu auf BR-Anfrage, man könne keine personenbezogenen Einzelheiten zu waffenrechtlichen Fragen mitteilen.
Die Pressesprecherin versichert, dass das Landratsamt alle gesetzlichen Vorgaben und Verwaltungsvorschriften des bayerischen Innenministeriums zum Thema "Reichsbürger" konsequent umsetze. Laut dem Ministerium müssen Waffenbehörden bei Personen, die der "Reichsbürger"-Szene zuzuordnen sind, "in jedem Fall" ein Verfahren zum Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis einleiten.
Bisher 295 "Reichsbürger" in Bayern entwaffnet
Laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat der Freistaat bei der Entwaffnung der Reichsbürgerszene eine bundesweite Vorreiterrolle. Das Innenministerium schreibt dem BR, dass zwischen Oktober 2016 und Juni 2022 insgesamt 911 Waffen von "Reichsbürgern" abgegeben oder eingezogen wurden. Diese gehörten 295 Personen. In Bayern gelten rund 5.200 Menschen als polizeibekannte "Reichsbürger". Wie viele davon als bewaffnet gelten, teilte das bayerische Innenministerium dem BR nicht mit.
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