Mehrere hundert Bürger kamen zur Infoveranstaltung.
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Voller Saal beim Wirt in Rott am Inn.

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"Rott rotiert!" - Bürger lehnen geplante Sammelunterkunft ab

Das Thema Migration hat in Rott am Inn im Landkreis Rosenheim für eine "heiße" Diskussion gesorgt. Landrat Otto Lederer war Hauptgast der Bürgerversammlung. Am Ende skandierten Bürger: "Rott rotiert"! Viele wollen keine Sammelunterkunft am Ort.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Die Luft war zum Schneiden dick im Wirtssaal von Rott am Inn. Mehrere hundert Rotterinnen und Rotter waren zum Bürgerinformationsabend gekommen. Hunderte weitere verfolgten zeitgleich den Livestream der Veranstaltung im Internet. Das Thema des Abends: Die geplante Sammelunterkunft für Flüchtlinge und Asylbewerber im Rotter Gewerbegebiet.

Landrat steht Rede und Antwort

Rosenheims Landrat Otto Lederer (CSU) hatte von Anfang an zugesagt, zu einem Infoabend zu kommen und den Bürgern Antworten zu geben. Dafür gab es aber nur mauen Applaus, es überwogen Kritik, Buh- und Zwischenrufe. Vor allem die neu bekannt gewordenen Details zum Mietvertrag der geplanten Sammelunterkunft erbosten die Zuhörer. Das Gewerbeobjekt wurde vorerst für fünf Jahre vom Landkreis angemietet, bis zu 500 Bewohner sollen dort Platz haben. Als die genaue Zahl bekannt wurde, hagelte es lautstark Kritik. Dieses Verhältnis passe für den 4.000-Einwohner-Ort nicht, machten die Rotter in der Diskussion deutlich. Ängste und Sorgen wurden geäußert, vor allem rund um das Thema Sicherheit. Der Landrat bot Security auch außerhalb der Einrichtung an, was die Bürger aber sichtlich nicht zufriedenstellte.

Kritik an Entscheidung und Vorgehensweise

In der Fragerunde gab es deutliche Kritik am Vorgehen des Landratsamtes, weil die Gemeinde vor Unterzeichnung des Mietvertrages nicht eingebunden war und die Entscheidung einen Tag nach der Landtagswahl bekannt wurde. Der Landrat verteidigte sein persönliches Vorgehen - er habe Urlaub gehabt - und das Vorgehen seiner Behörde insgesamt. Zudem machte er deutlich, unter welchem Druck das Landratsamt insgesamt stehe, weil weder in den Kommunen noch auf dem freien Markt Immobilien oder freie Flächen für Wohncontainer zu bekommen seien. Jede zweite Woche komme aber ein Bus mit rund 50 Flüchtlingen und Asylbewerbern im Landkreis an. Diese Menschen bräuchten Obdach und drei Mahlzeiten am Tag und dazu stehe er auch, so Landrat Otto Lederer. Eine gleichmäßigere Verteilung der Menschen über den gesamten Landkreis würde auch er sich wünschen. Gleichzeitig übte Lederer Kritik an der Migrationspolitik in Berlin: "Eigentlich müsste hier die Bundesregierung stehen und begründen, weshalb sie ihre Asyl- und Migrationspolitik so weiter betreiben möchte, wenn sie doch sieht, dass die Ressourcen begrenzt sind und die Menschen vor Ort sich hier überfordert fühlen".

Planungen gehen weiter, viele Bürger skeptisch

Der Besitzer der Gewerbehalle wird bei der Gemeinde nun einen Bauantrag einreichen, weil die Nutzung geändert werden muss. Hier bleibt abzuwarten, ob der Gemeinderat sein Einvernehmen erteilen und wie das Landratsamt mit einer eventuellen Absage umgehen wird. Rotts Bürgermeister Daniel Wendrock (parteilos) hat jedenfalls Widerstand angekündigt und ist mit Anwälten bereits in Kontakt. Eigentlich ist doch alles schon entschieden, meint ein Rotter am Ende des Bürgerinfoabends ins BR-Mikrofon. Die weitere Stimmungslage: "Nächstes Jahr ist wieder Wahl" und "Wir sind die Wähler", so Zwischenrufe aus dem Saal.

Eine junge Frau fragt, ob das Landratsamt Selbstverteidigungskurse fördere, was der Landrat verneint. Dass die Bewohner der Halle freie Arztwahl hätten, keine Ausgangsbeschränkungen und Vollverpflegung bekämen, sorgte ebenfalls für Unruhe. Landrat Otto Lederer verwies auf die bislang guten Erfahrungen in Raubling und Bruckmühl. Dort seien derzeit 270 Menschen untergebracht, direkt in der Nähe von Schulen, und es habe sich eingespielt und laufe gut, so der Landrat.

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