Symbolbild: Säuglingshändchen hält Erwachsenenhand
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Wegen der Gesundheitsreform soll der Kreißsaal im Klinikum in Krumbach Ende des Jahres geschlossen werden.

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Schwere Geburt – was tun, wenn der Kreißsaal schließt?

Schwere Geburt – was tun, wenn der Kreißsaal schließt?

Die Geburtenstation in Krumbach im Landkreis Günzburg stellt zum Jahreswechsel ihren Betrieb ein. Hintergrund ist die Krankenhausreform des Bundes. Nun geht es darum, eine Lösung für Schwangere und Hebammen zu finden

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Es ist eine erstaunliche Zahl – binnen weniger Tage hatten mehr als 7.000 Menschen die Petition "Rettet den Kreißsaal in Krumbach" unterzeichnet. Im Internet gestartet von Veronika Fendt, einer jungen Hebamme. Denn in der Stadt im Landkreis Günzburg sollen nur noch bis Ende Dezember Kinder im Krankenhaus auf die Welt kommen. Für viele Menschen in und um Krumbach ein Verlust.

Bürger fordern Erhalt

Der Kreißsaal werde "unbedingt gebraucht", sei "wichtig für die Versorgung im ländlichen Bereich", lauten die Kommentare unter der Petition. Josef Huber kann das bestätigen, er wurde erst vor kurzem zum zweiten Mal Vater. "Unsere Tochter kam sehr plötzlich. Meine Frau rief mich in der Arbeit an und eine Stunde später war sie auf der Welt. Weite Strecken hätten wir nicht mehr fahren können", sagt Huber.

Bund reformiert die Krankenhäuser

Der Grund für den Wandel liegt in der geplanten Gesundheitsreform. Viele Krankenhäuser in Deutschland schreiben seit Jahren rote Zahlen und rutschen vereinzelt auch in die Insolvenz. Bislang werden sie vor allem über Fallpauschalen finanziert, bekommen Geld also pro Patient. Künftig sollen diese Pauschalen nur noch 40 Prozent der Vergütung ausmachen, den Großteil werden Kliniken über genau definierte Leistungsgruppen bekommen. Um deren Qualität zu sichern, gibt es Vorgaben, beispielsweise bei der Ausstattung oder für das Personal.

Fachkräftemangel und Geburtendefizit

In Krumbach hake es genau an diesem Punkt, betont Robert Wieland, Vorstand der Kreiskliniken. Denn eine Geburtenstation müsse künftig mit drei Fachärzten besetzt sein. In Krumbach seien es gegenwärtig trotz erheblicher Anstrengungen, Bewerber zu finden, nur 1,4 Stellen. Auch, weil viele junge Ärzte lieber in der Großstadt bleiben, statt aufs Land zu ziehen. Doch es kamen in den vergangenen Jahren auch immer weniger Babys: "Von 607 Geburtskliniken in Deutschland liegt Krumbach nur auf Platz 570. Wir werden von Kappungsgrenzen getroffen und können die Geburtshilfe unter diesen Bedingungen nicht mehr aufrechterhalten", sagt Wieland.

Standort Günzburg sichern

Der Vorstand der Kreiskliniken hat dabei auch den Standort in Günzburg im Blick. Hier gibt es zwar noch deutlich mehr Geburten, doch über einen Platz im unteren Mittelfeld kommt auch Günzburg nicht hinaus. Der Vorstand möchte deshalb einen Standort im Landkreis absichern. Nach der Aufgabe des Kreißsaals dürfte ein wesentlicher Teil der Schwangeren künftig nach Günzburg gehen. Doch wie geht es in Krumbach mit der Vor- und Nachsorge weiter?

Hebammenverband kritisiert weite Wege

"Geburtshilfe muss als Grundversorgung gedacht werden", sagt Mechthild Hofner, die Vorsitzende des Landesverbands Bayerischer Hebammen. Sie kritisiert, dass mit der Krankenhausreform die Festlegung für Anfahrtswege bis zu 40 Minuten bleibt. Hebammenverbände fordern dagegen maximal 30 Minuten, sonst erhöhe sich das Risiko ungeplanter Geburten außerhalb der Klinik. Zum Vergleich: Von Krumbach nach Günzburg braucht man eine halbe Stunde bei normaler Verkehrslage. Um in Zukunft für die Menschen attraktiv zu sein, wäre eine Hebammenambulanz für eine "Rundum-Betreuung" mit 24 Stunden Bereitschaft zielführend, rät Hofner. "Jede Investition in dieses Zentrum stärkt den Geburtshilfestandort Günzburg: Das ist die beste Grundlage dafür, dass gute Geburtshilfe für gesunde Kinder und Familien künftig erhalten bleibt."

Mit Zuversicht in die Zukunft

Wie genau die Zukunft in Krumbach aussehen wird, ist noch offen. Diskutiert wird der Transport von Schwangeren, aber auch, ob und wie Hebammen die werdenden Mütter zur Geburt nach Günzburg begleiten können. Vorstand Wieland will ein "Netzwerk für Frauen und Kindergesundheit" etablieren. Veronika Fendt, die die Petition für den Kreißsaal gestartet hatte, hofft, dass auch für die Hebammen eine Lösung gefunden wird, die ihre Existenz sichert: "Wir haben jetzt schon teilweise weite Anfahrtswege, aber man geht gerne in den Kreißsaal. Es wird sich zeigen, ob man das in Zukunft noch auf sich nimmt und es sich am Ende rentiert".

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