Herbert Reul (CDU), Innenminister von NRW, spricht in Düsseldorf zu den Medien nach der Sondersitzung der Ausschüsse für Inneres und Integration im Landtag zum mutmaßliche islamistischen Anschlag in Solingen.
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Der nordrhein-westfälische Innenminister Reul hat neue Details der Messer-Attacke in Solingen mit drei Toten und acht Verletzten bekanntgegeben.

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Attentäter von Solingen: NRW-Innenminister nennt weitere Details

Attentäter von Solingen: NRW-Innenminister nennt weitere Details

Nach dem Messeranschlag im nordrhein-westfälischen Solingen hat Landesinnenminister Reul weitere Details zu der Tat bekannt gegeben - etwa wie der Verdächtige festgenommen wurde und warum der Mann trotz abgelehntem Asylantrag noch in Deutschland war.

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Knapp eine Woche nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Messeranschlag im nordrhein-westfälischen Solingen mit drei Toten und acht Verletzten sitzt der Schock noch immer tief. Die Behörden sind mit der Aufarbeitung der Tat beschäftigt. Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) hat nähere Details zur Festnahme des Verdächtigen genannt und sich über mögliche Versäumnisse der Ausländerbehörden geäußert. Denn eigentlich hätte der Mann, ein aus Syrien stammender Asylbewerber, bereits abgeschoben werden sollen.

Verdächtiger soll bei Fahndung aufgegriffen worden sein

Reul sagte im Düsseldorfer Landtag, Polizeibeamte hätten den mutmaßlichen Täter im Rahmen der Fahndung wegen verdächtigen Verhaltens bemerkt, ihn angesprochen und sofort festgenommen. Der CDU-Politiker wies damit Berichte zurück, wonach sich der Mann sich selbst gestellt habe.

Fragen werfen nach wie vor auch die Umstände der gescheiterten Abschiebung des Syrers nach der Tat von Solingen auf. Der Mann hatte 2023 abgeschoben werden sollen, wurde aber von den Behörden nicht angetroffen. Nach Ablauf einer Frist zur Überstellung nach Bulgarien wurde ihm Schutz gewährt.

Versäumnisse bei der Abschiebung? Landesflüchtlingsministerin spricht von "höchst fehleranfälligem System"

Reul warnte in einer gemeinsamen Sitzung von Innen- und Integrationsausschuss am Donnerstag mit Blick auf Konsequenzen vor "Schnellschussantworten" und mahnte eine "sachliche Debatte" an. Ob der Syrer sich in Deutschland oder bereits vor seiner Ankunft radikalisiert habe, sei noch Gegenstand der Ermittlungen der Bundesanwaltschaft. Bis zu seiner Tat sei der Syrer polizeilich nicht Erscheinung getreten, stellte Reul klar. Nach den Worten des Innenministers ist noch nicht klar, ob der Syrer tatsächlich der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat angehört.

Landesflüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) wies im Fall des nicht abgeschobenen Syrers auf Fehler im Abschiebesystem hin. Es handle sich um einen "Fall in einem höchst fehleranfälligen System", sagte sie mit Blick auf die sogenannten Dublin-Verfahren. Ähnliche Fälle gebe es "an vielen anderen Stellen". Viele Abschiebungen innerhalb der EU könnten wegen eng gesetzter Bedingungen der Zielländer nicht erfolgen. Paul begrüßte in diesem Zusammenhang angekündigte Gespräche "zwischen Bund und Ländern".

Bessere Zusammenarbeit zwischen Flüchtlingsunterkünften und Ausländerbehörden gefordert

Als Konsequenz aus dem Attentat ermögliche das Land den zentralen Ausländerbehörden nun den Zugriff auf Informationen zu An- und Abwesenheiten von Geflüchteten in ihren Unterkünften, sagte Paul. Außerdem sollten Unterkunftsleiter die Ausländerbehörden "umgehend" informieren, wenn ein Asylbewerber nach gescheiterter Abholung wieder in der Unterkunft auftauche. Dazu hatte es bislang keine Verpflichtung gegeben.

Paul zufolge war der verdächtige Syrer am Vorabend sowie am Mittag seines Abholtags "beim Mittagessen anwesend" gewesen. Eine Überstellung nach Bulgarien wäre aber im vorliegenden Fall auch mit einer später noch nachgeholten Abholung nicht mehr möglich gewesen, weil ein freier Flug bis zum Ablauf der Überstellungsfrist nicht mehr hätte gebucht werden können, ergänzte Paul. Dennoch sollen die Behörden Nachbuchungen nun "noch genauer" prüfen.

Rückstellung nach Bulgarien nur per Flugzeug und nur an bestimmten Tagen

Für sogenannte Rücküberstellungen werden Paul zufolge von den Zielländern teils enge Grenzen gesetzt. Im Fall von Bulgarien erfolgen diese etwa nur per Flugzeug an bestimmten Wochentagen und Zeitfenstern in die Hauptstadt Sofia. 

Zur weiteren Aufarbeitung des Attentats wollen die Regierungsfraktionen von CDU und Grüne nach Angaben vom Donnerstag die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Landtag beantragen. Ziel sei, die Hintergründe aufzuarbeiten und Konsequenzen zu ziehen. Die FDP-Fraktion begrüßte dies "ausdrücklich". Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) wird zudem am Freitag in einer Sondersitzung den Landtag über die bisherigen Erkenntnisse unterrichten.

Mit Informationen von afp

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