Der Prozess gegen den Ex-Internatsleiter (links) vor dem Landgericht Memmingen.
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Der Prozess gegen den Ex-Internatsleiter (links) vor dem Landgericht Memmingen.

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Sexuelle Gewalt am Maristenkolleg: Mutmaßliches Opfer sagt aus

Sexuelle Gewalt am Maristenkolleg: Mutmaßliches Opfer sagt aus

Im Berufungsprozess um einen Fall sexueller Gewalt am Mindelheimer Maristenkolleg hat zum ersten Mal das mutmaßliche Opfer ausgesagt. Zuvor hatten schon Zeugen berichtet, wie sehr der Mann bis heute unter den 20 Jahre zurückliegenden Taten leidet.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Im Prozess gegen den früheren Internatsleiter des Mindelheimer Maristenkollegs wegen sexuellen Missbrauchs hat vor dem Memminger Landgericht am Donnerstag zum ersten Mal das mutmaßliche Opfer ausgesagt. Seine Aussage gilt als wesentliches Element in dem Berufungsprozess – denn bei der früheren Verhandlung hatte der Mann nicht persönlich vor Gericht ausgesagt.

Ehemaliger Internatsschüler findet klare Worte

In klaren Worten und sehr detailliert schilderte der 37-Jährige, wie es im Jahr 2003 zunächst zu Komplimenten und innigen, bis zu fünf Minuten andauernden Umarmungen durch den Ordensmann gekommen sei. Irgendwann sei diesem "das nicht mehr genug" gewesen und es sei zu "missbräuchlichen Taten" gekommen. Wiederholt sei er von dem heute 64-Jährigen zum Oral-Verkehr, später auch zum Anal-Verkehr gezwungen worden. Insgesamt erinnere er sich an rund zehn solcher Übergriffe.

Aus Scham habe er niemandem etwas davon erzählt. 2018 hatte der heute psychisch kranke Mann sich seiner Mutter offenbart, die daraufhin zur Polizei ging. Seit über zehn Jahren müsse er verschiedene Psychopharmaka einnehmen. Lange habe er das Geschehene verdrängt.

Als er einen Zeitungsartikel über Missbrauch in der katholischen Kirche gelesen habe, sei plötzlich "alles wieder da gewesen" an Erinnerungen, schilderte der Mann vor Gericht. Bis heute hat der 37-Jährige mit den Vorfällen zu kämpfen. Über sieben Jahre wurde der Mann auch von einem Therapeuten begleitet, der am Donnerstag ebenfalls vor Gericht aussagte.

Warum die Vorfälle nicht in der Akte des Psychiaters auftauchten

Der Kinder- und Jugendpsychiater hatte das mutmaßliche Opfer bis 2011 therapiert. Er gab an, der Junge sei bereits 1999, vor seiner Zeit im Internat, wegen Konzentrationsproblemen und Versagensängsten zum Gespräch bei ihm gewesen. Dann habe er ihn erst im Februar 2004 wiedergesehen, als er zur Behandlung stationär aufgenommen wurde.

Der Jugendliche sei psychotisch und bipolar gewesen und habe ihm gegenüber zwar sexuelle Übergriffe erwähnt, er als Therapeut sei darauf aber nicht eingegangen, um die festgestellte Psychose nicht zu verstärken. Auch habe er davon nichts in die Akten geschrieben, damit andere Behandelnde den Patienten nicht darauf ansprechen und destabilisieren.

Mutter des Internatsschülers stellte Strafanzeige

Die Mutter des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers erzählte von dem Zusammenbruch ihres Sohnes 2018, bei dem er ihr erstmals von einem sexuellen Missbrauch erzählte. Davor habe er sich nicht daran erinnern können. Ihr Sohn habe von gewaltvollem Oral- und Analverkehr gegen seinen Willen erzählt, so die Mutter, die 2018 Strafanzeige stellte.

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