Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern, singt in der Hamburger Late-Night-Show "Inas Nacht"
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Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern, singt in der Hamburger Late-Night-Show "Inas Nacht"

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Söder singt, grillt, lädt ein: Die Charmeoffensive des CSU-Chefs

Bayerns Ministerpräsident singt bei "Inas Nacht" einen alten Schlager und philosophiert bei "Markus Lanz" über Fußball. Er grillt bei Welt TV Bratwürste und lädt Instagram-Follower zum Döner-Essen ein. Was steckt hinter Markus Söders PR-Offensive?

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Es gab Zeiten, da lud CSU-Chef Horst Seehofer seine Social-Media-Fans zur "Facebook-Party" samt Freibier in die Münchner Nobeldisco P1 ein. Auch wenn die Zahl der Party-Gäste damals (2012) stark hinter den Erwartungen zurückblieb und Seehofer reichlich Spott erntete, konnte sich der CSU-Politiker auch über viel bundesweite Aufmerksamkeit freuen – und über einen Follower-Anstieg von 5.000 auf 6.800.

Nachfolger Markus Söder, der ungleich aktiver in den sozialen Netzwerken ist, kann über solche Zahlen nur müde lächeln. "Freue mich riesig über mehr als 500.000 Follower hier auf Instagram", schrieb er vergangene Woche und kündigte als Dankeschön an: "Ich lade fünf von euch jeweils mit einem Freund oder einer Freundin zum Döneressen ein." Es war Söders erfolgreichster Instagram-Post der vergangenen Wochen – mit fast 120.000 Likes und mehr als 40.000 Kommentaren. Auf TikTok erreichte das Video 1,8 Millionen Views.

Der CSU-Chef arbeitet aber nicht nur in den sozialen Medien an seiner Bekanntheit und seinem Image. Seit Wochen sucht er verstärkt auch die große Medienbühne jenseits der harten Politik: insbesondere mit Auftritten in diversen Fernsehtalksendungen.

Die Kunst der Inszenierung

Mal fachsimpelt Söder bei "Markus Lanz" im ZDF mit Fußball-Experten über die Europameisterschaft, mal kippt der Cola-Light-Fan bei "Inas Nacht" im Ersten zwei Gläser Küstennebel (Anisspirituose) und überrascht mit einer Freddy-Quinn-Gesangseinlage. Mal spottet er beim Bratwurst-Grillen bei Welt TV über die Grünen, mal plaudert er in seinem eigenen Podcast mit Spider-Murphy-Gang-Sänger Günther Sigl über seine Schwärmereien in jungen Jahren ("Damals, da waren wir alle verliebt in Nena").

"Markus Söder war immer schon ein Politiker, der wusste, sich zu inszenieren", sagt der Hamburger Politikberater Martin Fuchs. "Aber das, was in den letzten Tagen und Wochen passiert ist, würde ich schon als massive Charmeoffensive bewerten." Söder versuche aktuell, sich außerhalb Bayerns als "irgendwie anders, smarter, vielleicht sympathischer darzustellen", als er in Gesamtdeutschland wahrgenommen werde.

Söder ist "wahnsinnig früh im Bett"

Insbesondere mit seinem Auftritt bei "Inas Nacht" Ende Juni zog Söder viel Aufmerksamkeit auf sich. Zu sehen war ein durchweg lockerer Politiker, der der gleichaltrigen Moderatorin als "optisch Älterer" das Du anbietet, über Nöte seiner Jugend erzählt ("megaschüchtern", "ein paar Pickel im Gesicht", "Scheißfrisur") und seine Fortschritte zur Bundeswehrzeit schildert ("war ich schon 'ne Schnitte").

Mit sichtlicher Freude beschreibt er sprachliche Schwierigkeiten amerikanischer Staatsgäste: "Die sagen nicht 'Ministerpräsident' zu mir, sondern die sagen gleich 'Mister President'." Und als Ina Müller von ihm wissen will, ob er "wahnsinnig gut im Bett" sei, entgegnet Söder: "Ich bin wahnsinnig früh im Bett." Das Video, wie Söder mit tiefer Stimme Freddy Quinns "Sie hieß Mary Ann" zum Besten gibt, wurde in den sozialen Medien millionenfach angeklickt und geteilt.

Eine unbekannte Seite

Gerade durch "Inas Nacht" habe Söder beim "Publikum oberhalb des Weißwurstäquators" extrem gewonnen, sagt Politikberater Fuchs. "Weil er einfach auch jeden Spaß mitgemacht hat, sich für nichts zu schade war, sich nicht sehr ernst genommen hat."

Der CSU-Chef könne sich extrem gut auf Situationen einstellen. Bei "Inas Nacht" habe er sehr schnell verstanden, "wie die Sendung funktioniert und wie man sich verhalten muss". Und er habe dabei eine neue Seite von sich gezeigt. "Das ist schon etwas, was man erst mal hinbekommen muss, nachdem man 20 oder 30 Jahre in der öffentlichen Sichtbarkeit ist."

Gewinnerthema Fußball-EM

Ähnlich unpolitisch wie Söders Gastspiel bei "Inas Nacht" war über weite Strecken auch Mitte Juni sein Auftritt bei "Markus Lanz", wo er den Verlauf der Fußball-EM und die Spielweise der deutschen Nationalmannschaft analysierte: "Das deutsche Spiel heißt ja in der Regel: Erst mal sauber kämpfen und dann die Technik und nicht umgekehrt."

Auch in den sozialen Medien inszeniert sich der Ministerpräsident als Fußball-Begeisterter. Er zeigte sich mit Deutschland-Sonnenbrille, veröffentlichte eine Playlist mit "Söders EM-Songs", wedelte beim Paella-Essen mit einer Deutschlandfahne. Fuchs ist sich sicher: "Mit allem, was man rund um die EM macht, kann man eigentlich nur gewinnen."

Söder und die K-Frage

Grundsätzlich sei es für Politiker extrem wichtig, immer wieder in den Medien vorzukommen, von der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Söders PR-Offensive ist nach Einschätzung von Fuchs auch vor dem Hintergrund des unionsinternen Ringens um die Kanzlerkandidatur bei der Bundestagswahl 2025 zu sehen. Söder wolle "mit sehr positiven Zustimmungswerten für seine Person" in die Union hineinwirken.

Gute Beliebtheitswerte waren schon im Machtkampf mit Armin Laschet (CDU) 2021 ein Trumpf, den Söders Anhänger gerne ausspielten – und der auch dieses Mal wieder eine Rolle spielt. Denn in den meisten Umfragen liegt Söder vor dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz. So betonte nach der Europawahl der bayerische CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek, man müsse schon schauen: "Wie erreicht man die Menschen in der Breite? Mit wem hat man die Chance, das beste Ergebnis zu erzielen?"

Wer wird der "Oberkapitän"?

Bemerkenswert: Söder war nicht nur der erste Ministerpräsident, sondern auch der erste Unionspolitiker überhaupt, der bei "Inas Nacht" zu sehen war. Auch wenn derzeit alle Zeichen klar auf Friedrich Merz stehen, wird Söder nach wie vor stets auf seine Ambitionen auf eine Kanzlerkandidatur angesprochen. Und der CSU-Politiker weiß, das geschickt zu nutzen.

Bei "Markus Lanz" dauerte es 50 Minuten, bis es ein bisschen politisch wurde. Lanz wollte wissen, wer denn Friedrich Merz in der deutschen Nationalmannschaft wäre: "Der ist doch Kapitän, oder nicht?" Söders Antwort: "Wir werden sehen, wer am Ende der Oberkapitän von allem wird."

Auch vom "Politikergrillen" auf Welt TV mit Söder schafften es in erster Linie Aussagen zur K-Frage in die Medien. In ungewohnter Deutlichkeit räumte der CSU-Chef dort ein, dass ihn nur noch das Amt des Bundeskanzlers reizen würde: "Ich bin bayerischer Ministerpräsident, und da gibt's vielleicht noch ein Amt, das vergleichbar oder interessanter wäre – aus der Sicht eines Bayern." Einmal mehr erklärte Söder den CDU-Vorsitzenden zum "klaren Favoriten", zeigte sich aber für eine eigene Kandidatur offen: "Wenn das sein müsste und man gezwungen wird, dann müsste man sich das überlegen." Konkret: Sollte Merz ihn bitten – "dann hätte ich ein Problem".

Söder hält sich im Gespräch

Söder weiß, dass er nur eine Chance hat, wenn die CDU ihn will. Bisher halten sich die Rufe aus der Schwesterpartei sehr in Grenzen. Was Söder aber - nicht zuletzt dank seiner TV-Präsenz - gelingt: Er hält sich selbst im Gespräch, wird selbstverständlich immer zum Kreis der Anwärter auf die Kanzlerkandidatur gezählt.

Der CSU-Chef selbst weist Spekulationen zurück, er führe mit seinen Talkshow-Auftritten etwas im Schilde. "Nein", sagte er dem "Münchner Merkur", es gebe keinen Geheimplan. "Da kann man keine Verschwörungstheorien entwickeln."

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