Schon seit fast 150 Jahren werden im St. Josefs-Heim in München-Haidhausen Kinder betreut. Doch jetzt droht – wie bei vielen Einrichtungen im sozialen Bereich – das Aus. Der katholische Träger ist pleite, das Alten- und Pflegeheim musste bereits im vergangenen Winter schließen. Es sind vor allem die Mütter von den Kindern in Kindergarten und Hort, die seit Monaten Druck machen – mit E-Mails, offenen Briefen und Instagram-Videos. Sie wollen das traditionsreiche St. Josefs-Heim doch noch retten – und ihre Hoffnungen liegen mittlerweile auf den Schultern des Münchner Oberbürgermeisters.
Promis unterstützen Eltern bei Kita-Rettung
"Mutig ist, wenn der Kirche die Zukunft der Kinder wichtiger ist als ein Immobiliendeal", sagt Michael Brandner in einem Insta-Video. Brandner ist bekannt durch seine Rolle als Kommissar Reimund Girwidz in der Kultserie "Hubert ohne Staller". Moderator "Checker" Tobi Krell appelliert an Stadt und Kirche: "Wenn ihr wollt, dass diese Stadt und die Demokratie eine Zukunft haben, dann müsst ihr euch um die Kinder kümmern." Auch Schauspielerin Jutta Speidel und Kabarettistin Luise Kinseher machen mit bei dem Instagram-Video. Aufwändig und professionell produziert sieht es aus, dahinter steht allerdings keine PR-Agentur, sondern das Engagement von Müttern, die die Promis von ihrem Anliegen überzeugt haben.
Es begann vor einem halben Jahr: Der katholische Trägerverein St. Josef meldet Insolvenz an. Im Februar macht das Alten- und Pflegeheim des Vereins zu. Jetzt geht es um 118 Plätze in Krippe, Kindergarten und Hort, sowie ein Heim und eine heilpädagogische Tagesstätte. Noch betreibt der Insolvenzverwalter die Einrichtungen – und die Eltern hoffen, dass es nicht so weit kommt, dass die Immobilien für viel Geld verkauft werden. Dann müssten viele Eltern wohl Arbeitszeit reduzieren, um mehr Zeit für die Kinderbetreuung zu haben.
Eltern: Schließung ist existenzbedrohend
"Das ist existenzbedrohend für viele. Und deswegen wäre das schon eine ziemliche Katastrophe, um ehrlich zu sein", sagt Angela Gsell, eine Sprecherin der Elternschaft. Sie sagt aber auch: Hier gehe es nicht nur um sie – eine Schließung wäre ein "verheerendes Signal" für den ganzen Stadtteil Haidhausen, wo Mieten und Lebenshaltungskosten ohnehin schon für viele schwer zu stemmen seien.
OB Reiter will "Klarheit schaffen"
Die Eltern haben auch einen offenen Brief an Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) geschrieben – und der teilt nun dem BR mit, er habe zu einem Gespräch mit Stadtverwaltung und Insolvenzverwalter eingeladen: "Man muss das jetzt rechtlich auf saubere Beine stellen. Wir können nicht mehr viel länger warten. Deswegen habe ich gesagt, ich will jetzt mit allen Beteiligten sprechen, damit die Eltern Planungssicherheit haben. Ich kann noch nicht versprechen, was rauskommt. Aber ich will versprechen, dass ich mich um eine Lösung bemühe und dass ich vor allem Klarheit schaffen werde, damit die Eltern Klarheit haben."
Tatsächlich könnte die Landeshauptstadt München womöglich helfen: Denn für den Fall, dass der Insolvenzverwalter die tatsächliche Schließung ankündigt, könnte die Stadt nach eigenen Angaben einspringen – indem sie eine sogenannte "Dienstbarkeit" ausübt. Das bedeutet: Die Stadt müsste einen neuen Träger finden, der die Kita betreibt. Diese Möglichkeit mit der Dienstbarkeit hat die Stadt, weil sie vor vielen Jahren einmal einen Neubau des St. Josefs-Heims bezuschusst hat. Solange der Zuschuss nicht zurückgezahlt ist, bleibe diese Möglichkeit bestehen.
Erzbistum bietet Aufnahme in kirchliche Einrichtungen an
Entscheidend ist jetzt, wie das Insolvenzverfahren ausgeht. Der zuständige Insolvenzverwalter Max Liebig teilt mit, dass er "zu derartigen Details eines laufenden, nicht-öffentlichen Insolvenzfahrens leider keine Auskunft erteilen" könne.
Und auch die katholische Kirche ist in dem Verfahren involviert. Sollte der St. Josefs-Verein aufgelöst werden, fiele der Reinerlös an den Erzbischöflichen Stuhl von München und Freising, so sieht es die Vereinssatzung vor. Das bedeutet: Wird der Verein aufgelöst und die Immobilien verkauft, ginge der Erlös abzüglich der noch zu begleichenden Rechnungen und Kosten an das Erzbistum. Allerdings, auch das steht in der Satzung, müsste der Reinerlös wieder für gemeinnützige Zwecke ausgegeben werden, betont der Pressesprecher der Erzdiözese München und Freising Christoph Kappes: "Der Vorwurf, die Kirche würde sich hier in irgendeiner Form bereichern, entbehrt damit jeder Grundlage."
Eltern hoffen auf Lösung für Kinder und Beschäftigte
Um die Kinderbetreuungseinrichtung selbst zu betreiben, dafür fehle der Erzdiözese das Geld. Gleichzeitig sei man aber bereit, wenn es tatsächlich zur Schließung komme, Kinder und Beschäftigte in anderen kirchlichen Einrichtungen aufzunehmen. Eine Option, die für die Eltern vom St. Josefs-Heim allerdings nicht infrage kommt. Sie wollen weiter dafür kämpfen, dass ihre Kinder weiter ins "Haus der Kinder" gehen können.
"Die Lösung des Problems besteht darin, dass man die Zukunft von Kindern, von Menschen, über Profite stellt. Und das ist das wichtige Signal, dass wir auch mit der Social-Media-Aktion senden und wo auch die Stadt und die Kirche und der Insolvenzverwalter jetzt mitwirken können, dass dieses Signal entsprechend an die Münchnerinnen und Münchner gesendet wird", sagt die Sprecherin der Elternschaft Angela Gsell. Das Signal des Münchner Oberbürgermeisters, zu einem Gespräch einzuladen, stimmt sie positiv, dass für den Fortbestand des Josefs-Heims doch noch Hoffnung besteht.
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