Rund 100 Landwirtinnen und Landwirte mit etwa 60 Traktoren hatten Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) am Freitag in Bissingen bei seinem Besuch der Molkerei Gropper begrüßt. Ein gewohntes Bild für den Minister bei seinen offiziellen Terminen. Wie schon bei früheren Terminen versuchte Özdemir auf Dialog zu setzen: Nach dem offiziellen Termin mit Landwirten, Politikern, Wirtschafts- und Tierschutzvertretern nahm er sich auch Zeit für die Demonstranten vor den Werkshallen.
Gespräch mit Minister für Landwirte teils ernüchternd
Mit einem Gespräch gerechnet hatten viele der demonstrierenden Landwirte nicht. Mit offenen Armen empfangen wurde Özdemir aber trotzdem nicht. Zwar wurde er nicht mit Pfiffen und Buhrufen begrüßt, mit Applaus aber auch nicht. Viele Zusagen konnte der Landwirtschaftsminister den Bauern nicht machen: Lediglich, dass er die Gesetzesvorlage zur Anbindehaltung noch einmal überprüfen werde, stand am Ende als konkretes Ergebnis der Gespräche im Raum. Die Antworten seien ernüchternd gewesen, so das Urteil eines Landwirts.
Weiteres Gespräch mit Milchbauer aus der Region
Dass der Dialog mit den Bauern im Landkreis Dillingen auch nach diesem Gespräch noch weiterging, darüber sprach der BR mit dem Landwirt im Nachhinein. Nach dem Gespräch mit den demonstrierenden Bauern war der Bundeslandwirtschaftsminister noch zu Gast bei Josef Zeller, Milchbauer in Diemantstein, einem Ortsteil von Bissingen. Ohne Presserummel und ohne Demonstranten kam es zu einem weiteren Gespräch rund um die aktuelle Agrarpolitik. Zeller hielt den Termin dabei bewusst geheim. "Den Dialog, den wir hier führen wollten, wollten wir nicht zerstören durch irgendwelche Proteste. Es sollte ein offenes, kommunikatives Gespräch werden", sagt der Landwirt im Gespräch mit dem BR.
Landwirte stellten ihre Themen gemeinsam zusammen
Angefragt hatte dieses Gespräch Milchbauer Josef Zeller selbst, auf Anregung eines überzeugten Grünen-Wählers aus Diemantstein. Als klar war, dass der Minister tatsächlich kommen würde, begann die Vorbereitung: Zusammen mit anderen Landwirten sammelte Zeller die wichtigsten Themen, die sie in der Region aktuell beschäftigen.
Wichtig sei ihnen beispielsweise der Schutz des Grundwassers. Mit den momentanen Vorgaben sei dieser aber langfristig nicht möglich. Unter anderem müssten neue Technologien gefördert werden und die Bauern stärkere Anreize bekommen, diese zu nutzen, so seine Forderung. Was ihn stört: Die Landwirte würden immer in zwei Gruppen geteilt. Öko und konventionell. Man müsse aber aus beiden Bereichen alle Technologien einsetzen, um voranzukommen, so seine Meinung.
Eine Stunde mit dem Minister – aber wenig Ergebnisse
Özdemir habe sich bei Milchbauer Zeller nochmal fast eine Stunde Zeit für das Gespräch genommen. Dazu waren auch der Dillinger Landrat Markus Müller und die bayerische Grünen-Vorsitzende Eva Lettenbauer gekommen. Auch mehrere Berater hatte der Bundeslandwirtschaftsminister dabei – und die nahmen sich sogar noch mehr Zeit für das Gespräch als der Minister selbst, so Zeller im Nachhinein.
Konkrete Ergebnisse gab es allerdings auch bei diesem Dialog nicht – dafür habe Özdemir den Milchbauern darin bestärkt, dass es nicht der richtige Weg sei, immer alles auf den anderen zu schieben. Deshalb Zellers Fazit: "Wir müssen weiter politisch arbeiten und es schaffen, dass wir die EU, Deutschland und Bayern an einen Tisch bringen." Er hat sich nun vorgenommen, auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu sich auf den Hof einzuladen.
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