Blick zwischen zwei Gräbern auf dem Friedhof in Eslarn auf die Dorfkirche
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Eslarn in der Oberpfalz, die Heimatgemeinde des wegen Kindesmissbrauchs verurteilten Pfarrers Georg Zimmermann.

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Straße nach Missbrauchspfarrer benannt: Bürger gegen Umbenennung

Straße nach Missbrauchspfarrer benannt: Bürger gegen Umbenennung

Eine kleine Straße sorgt für Aufregung im Oberpfälzer Ort Eslarn: Sie ist benannt nach einem wegen Kindesmissbrauchs verurteilten Priester. Eine Umbenennung wurde bereits im Mai beschlossen. Doch nun regt sich Widerstand von Seiten der Anwohner.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus der Oberpfalz am .

Georg Zimmermann war ein Regensburger Priester und Musikdirektor des Bistums – und ein wegen Kindesmissbrauchs verurteilter Straftäter, der deswegen auch im Gefängnis saß. In seiner Heimatgemeinde Eslarn im Oberpfälzer Wald war er jedoch auch danach noch ein Mann mit hohem Ansehen. Eine Straße dort ist nach wie vor nach ihm benannt.

Die Georg-Zimmermann-Straße sollte nach dem Willen von Eslarns Bürgermeister Reiner Gäbl (SPD) trotz des massiven Widerstands der Anwohner auf jeden Fall umbenannt werden. Der Gemeinderat beschloss vor einigen Wochen die Umbenennung durchzuführen, auf Initiative des Betroffenenbeirats im Bistum Regensburg. Dagegen regt sich jetzt aber heftiger Widerstand unter den Eslarner Bürgern.

Bürgermeister ist erschüttert

Anlieger der Georg-Zimmermann-Straße haben ein Bürgerbegehren gegen die Umbenennung beantragt und etwa 650 Unterschriften gesammelt. Eine beträchtliche Zahl angesichts der 2.750 Einwohner, die die Marktgemeinde Ende 2023 hatte. Der Bürgermeister antwortet, er sei erschüttert und traurig, dass so viele Bürgerinnen und Bürger das Ansinnen unterstützen.

Der Antrag werde wohl zugelassen werden müssen, die Entscheidung wird in der Gemeinderatssitzung am 30. Juli fallen. Es könnte erneut turbulent werden – und für den Betroffenenbeirat stehe die Frucht von mehr als einem Jahr Recherche und Überzeugungsarbeit auf dem Spiel, sagte eine Angehörige.

Bischof Voderholzer unterstützt Umbenennung

Eine von Zimmermann missbrauchte Person lebt heute noch in Eslarn und habe detailliert ihre Erlebnisse geschildert. Auch der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer stellte sich hinter das Anliegen zur Umbenennung.

Die Anwohner fürchten hohe Kosten und großen organisatorischen Aufwand durch Adressänderungen. Außerdem habe es nach der Verurteilung und Haft des Theologen keine Anzeigen und Ermittlungen mehr gegeben, argumentieren sie.

Betroffene hätten sich erst weit nach dem Tod von Georg Zimmermann gemeldet, eine juristische Aufarbeitung sei daher nicht mehr möglich gewesen. Für die Kosten der Adressänderung oder neuer Ausweise würde die Kommune aufkommen.

Gibt es weitere Opfer?

Georg Zimmermann starb 1984. Der Betroffenenbeirat des Bistums Regensburg allerdings kennt ein Missbrauchsopfer, das eidesstattlich versichert habe, nach der Haft des Theologen sexuell missbraucht worden zu sein. Entsprechende Aussagen hatte die Vorsitzende des Betroffenenbeirates, Josefa Schalk, in einer Marktratssitzung in Eslarn vorgelesen. Sie vermutet weitere Opfer, die ebenfalls noch in Eslarn leben, sich aber nicht zu melden trauen.

Der Marktrat stimmte im Mai nach einer hitzigen Debatte mit neun zu sechs Stimmen für eine Umbenennung.

Wer war Georg Zimmermann?

Der aus Pfrentsch im Landkreis Neustadt an der Waldnaab stammende Georg Zimmermann war aus dem Zweiten Weltkrieg mit einer schweren Verletzung heimgekehrt und hatte dann in Regensburg Theologie studiert. Nach der Priesterweihe 1949 studierte er dann noch Musik in München, Köln und Wien und war ab 1959 Direktor am Internat der Regensburger Domspatzen. Schon neun Monate später musste er diese Tätigkeit aufgeben.

Er ließ sich in Eslarn nieder, bildete Knaben im Chorgesang aus und gründete dort die Sing- und Spielschule. Von 1964 bis 1969 war Zimmermann dann wieder in Regensburg Diözesanmusikdirektor. Auch diesen Posten musste er aufgeben, nachdem er im Februar 1969 wegen fortgesetzten sexuellen Missbrauchs von Abhängigen und Kindern zu 20 Monaten Haft verurteilt worden war.

Mehrere gleichlautende Straftaten wurden, so heißt es, nicht weiterverfolgt. 1972 und 1973 war Zimmermann Musikpräfekt im Bischöflichen Seminar in Weiden. Auf Betreiben der Seminarleitung wurde er am 1. November 1973 vorzeitig in Pension geschickt. Er verbrachte seinen Ruhestand bis zu seinem Tod 1984 in Eslarn.

Mit Informationen der KNA.

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