ARCHIV - 02.06.2024, Bayern, Reichertshofen: Helfer bringen Sandsäcke zu einer überfluteten Straße im bayerischen Reichertshofen. Nach tagelangem Dauerregen treten im Süden Deutschlands Flüsse und Bäche über die Ufer. Rund 40.000 Einsatzkräfte sind allein in Bayern unterwegs.  (zu dpa: «Die wichtigsten Ereignisse des Jahres 2024 - Juni») Foto: Sven Hoppe/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Hochwasser im Süden Deutschlands

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Streit um Hochwasserhilfen: Eskaliert der Konflikt im Wahlkampf?

Streit um Hochwasserhilfen: Eskaliert der Konflikt im Wahlkampf?

Bayern fordert vom Bund finanzielle Hilfen für die Hochwasserschäden von 2024 – doch Berlin sieht keinen Handlungsbedarf. Finanzminister Füracker (CSU) macht im BR24-Interview Druck und will nicht auf die Bundestagswahl warten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Seit Monaten streitet der Freistaat mit dem Bund um finanzielle Hilfen, die durch das Hochwasser im Frühsommer 2024 entstanden sind. Nun hat Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) im BR24-Interview die Forderung wiederholt, dass der Bund die Schäden finanziell ausgleichen muss. Das Bundesfinanzministerium solle endlich in die Gänge kommen.

Das sagt der Bund

Das Bundesfinanzministerium stellte auf BR24-Anfrage klar, dass für den Ausgleich von Hochwasserschäden grundsätzlich die Länder zuständig sind. Damit der Bund helfen kann, muss es sich um eine Naturkatastrophe mit nationalem Ausmaß handeln, wie 2021 im Ahrtal oder beim Hochwasser von 2013. Genau dieses nationale Ausmaß sieht der Bund im Fall des Hochwassers von 2024 aber nicht.

Beim Hochwasser 2013 waren laut Bundesfinanzministerium elf Bundesländer mit Schäden von insgesamt acht Milliarden Euro betroffen, während das Hochwasser 2021 vier Bundesländer mit einer Schadenssumme von 30 Milliarden Euro traf. Das Bundesfinanzministerium betonte, dass aus dem "Sondervermögen Aufbauhilfe 2021" im Jahr 2024 rund 6,2 Mio. Euro nach Bayern geflossen sind.

Warum bleibt Bayern bei seiner Kritik?

Bayern will vom Bund auch für das letzte große Hochwasser Geld erhalten. Beim Hochwasser 2024 in Süddeutschland geht es laut Bayerns Finanzministerium um einen Schaden von 4,1 Milliarden Euro. Zwei Milliarden Euro seien davon versichert gewesen. Fast 1,8 Milliarden der nicht versicherten Schäden entfielen auf Bayern, rund 300 Millionen Euro auf Baden-Württemberg, so das bayerische Finanzministerium auf BR24-Anfrage. Zwar hätten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) das Hochwasser im Juni 2024 bei einem Besuch in Bayern als Katastrophe bezeichnet, doch finanzielle Hilfe bleibe weiterhin aus, betonte Finanzminister Füracker.

Das Bundesfinanzministerium hatte dagegen schon vor Monaten auf bereits erbrachte Unterstützungsleistungen verwiesen, wie etwa bei der Finanzierung der Einsätze des Technischen Hilfswerk (THW), der Bundeswehr und anderer Einsatzkräfte.

Füracker will nicht auf Bundestagswahl warten

Angesichts der Bundestagswahl und einer möglichen Regierungsbeteiligung der Union betonte Füracker, dass es für die Hochwasserhilfen keine neuen Regelungen brauche. Der Bund müsse endlich anerkennen, dass das Hochwasser im Frühsommer von nationaler Bedeutung war: "Wir sehen, dass wir Milliarden-Schäden haben. Und deshalb braucht man da nicht bis zur Bundestagswahl warten."

Bayerns Finanzminister sagte, dass der Freistaat im Oktober eine Bundesratsinitiative verabschiedet habe, die die Bundesregierung eindringlich auffordert, ihre Zusage zur solidarischen Kostentragung endlich einzulösen. "Wir müssen unmittelbar handeln. Wir haben in Bayern Soforthilfen bezahlt. Wir haben die Menschen nicht im Stich gelassen", erklärte Füracker. Allein aus dem Geschäftsbereich seines Ministeriums seien bayernweit insgesamt mehr als 34 Millionen Euro an die Betroffenen ausbezahlt worden.

Offener Streit mit Berlin

Das Bundesfinanzministerium deutete an, dass Bayern die Dringlichkeit seiner Forderung klarer hervorheben müsse. Bei den Hochwasserereignissen 2013 und 2021 sei dies geschehen. "Eine vergleichbare Lageanalyse wurde im vorliegenden Falle von Bayern bislang nicht vorgelegt, und auch konkrete Angaben zu den durch das Hochwasser verursachten Belastungen des bayerischen Haushalts, die seine finanzielle Überforderung nahelegen könnten, stehen aus", hieß es aus Berlin.

Bayerns Finanzminister bezeichnete die Ausführungen des Bundes als "skurril". Nach dem Hochwasser im Ahrtal sei auch nicht nachgefragt worden, welches Bundesland die Hilfe bezahlen könne. Im Gegensatz zum Bund habe die EU das Ausmaß des Hochwassers erkannt. Die EU habe Bayern und Baden-Württemberg insgesamt mehr als 110 Millionen Euro ausbezahlt. Der Antrag sei bei der EU vom Bundesfinanzministerium eingebracht worden.

Tatsächlich wurden die EU-Hilfen über das Bundesfinanzministerium am 20. August 2024 bei der Europäischen Kommission eingereicht. Das bestätigt das Bundesfinanzministerium auf BR24 - Anfrage und weist darauf hin, dass zwischen nationalen und europäischen Hilfsfonds unterschieden werden müsse. Die Frage, wann und in welchem Umfang Hochwasserhilfen der EU beansprucht werden können, sei losgelöst von der Frage, wann nach dem Grundgesetz eine Katastrophe nationalen Ausmaßes vorläge, so das Bundesfinanzministerium.

Im Video (November 2024): Betroffene kämpfen noch heute mit den Folgen der Flut

Anfang Juni 2024 sorgte Starkregen für ein Jahrhunderthochwasser. Was hat sich beim Thema Hochwasserschutz in den vergangenen Monaten getan?
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