Eigentlich wollten die Gründer Richard Eckl und Georg Walder mit ihrem Start-up-Unternehmen "Energyminer" aus Gröbenzell im Landkreis Fürstenfeldbruck die Wasserkraft revolutionieren – und als sie vor vier Jahren auf die Idee ihres "Energyfishs" kamen, wie sie ihre neuartige Wasserkraftanlage nennen, wollten sie eigentlich genau das vermeiden: Widerstand von Tier- und Umweltschützern.
Denn ihr erklärtes Ziel war es von Anfang an, ein Wasserkraftwerk zu entwickeln, das umweltverträglicher und fischfreundlicher ist. Zuletzt würdigte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) das junge Unternehmen auf dem "Start-up Germany Summit" in Berlin mit einer Auszeichnung für Klimaschutz. Anders als herkömmliche, festverbaute Wasserkraftwerke, die im Fluss quer verbaut sind und das Wasser aufstauen, schwimmt der "Energyfish" frei im Fluss und erzeugt Energie aus dem fließenden Gewässer.
Energyfish soll "fischverträglich" sein
Die Idee dahinter: Fische sollen genug Platz haben, an der Anlage vorbeizuschwimmen. Es gebe auch keine Sogwirkung, die die Fische in die Rotoren zieht, so die Unternehmer. Die Anlage hänge nur an einem Strang und werde wie eine Boje nur am Grund des Flusses verankert. Durch eigens entwickelte Rotoren mit stumpfen Kanten und einer limitierten Drehgeschwindigkeit werde vermieden, dass Fische in Gefahr geraten könnten, beteuern die Gründer. Eine vom Unternehmen in den USA beauftragte Studie, veröffentlicht im April dieses Jahres, hat die Fischverträglichkeit des "Energyfishs" bestätigt.
Neues Wasserkraftwerk in München im Einsatz
Am Auer Mühlbach in München konnte das Unternehmen den "Energyfish" bereits einsetzen und verschiedene Versionen bis zur Serienreife weiterentwickeln. Eigentlich wollte das Start-up im Juli den nächsten Schritt gehen und in Augsburg den ersten "Energyfish"-Schwarm installieren, direkt neben der Kläranlage im Lech. Etwa 100 Stück sollten dort Strom für rund 200 bis 300 Haushalte produzieren. Doch das Genehmigungsverfahren zieht sich.
Fischereiverband sieht massiven Eingriff am Lech
Es gibt großen Widerstand von den Anglern vor Ort. Sie sehen die Installation als massiven Eingriff in das dortige Fischereirecht. Auf einer Breite von 20 Metern und einer Länge von 500 Metern könne dann dort nicht mehr geangelt werden. Es bestehe die Gefahr, dass sich Angelschnüre in den "Energyfish"-Anlagen verfangen, so Stefan Zott, Geschäftsführer des Fischereiverbands Schwaben.
Auch traue er der angeblichen Fischverträglichkeit der Anlage nicht. Die Artenvielfalt des Lechs sei in Gefahr. Zudem widerspreche das Vorhaben Bayerns größtem Flussbauprojekt "Licca Liber", also dem "freien Lech", das zum Ziel hat, den Lech zu renaturieren.
Neue Studie soll Klarheit bringen
Tatsächlich fehlen noch langfristige Erkenntnisse aus der Praxis, wie sich die Fische verhalten, wenn die Anlage in größerer Stückzahl installiert ist. Das Start-up will deshalb den in der Wasserkraft-Szene als strengen Prüfer bekannten Forscher Prof. Jürgen Geist von der TU-München beauftragen. Er soll eine Studie am Lech an zunächst fünf installierten "Energyfish"-Anlagen durchführen, um die Fischverträglichkeit auch in der Praxis noch zu bestätigen.
"Wir verwenden Sensorfische, das sind kleine Minicomputer, (...) die aufzeichnen, wenn es zu Druckveränderungen kommt (...) und natürlich unmittelbare Schläge, wie sie passieren können, wenn beispielsweise eben ein Sensorfisch oder ein richtiger Fisch mit einer Turbinenschaufel kollidiert." Prof. Jürgen Geist, Aquatische Systembiologie, Freising, TU-München
Die Studie könnte laut Geist innerhalb von wenigen Monaten abgeschlossen werden. Die Gründer suchen mit den Fischereiverbänden das Gespräch und hoffen, mit einem positiven Ausgang der Studie auch ihre Kritiker überzeugen zu können und die Wogen zu glätten.
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