Elektro-Traktor beim Heuwenden
Bildrechte: BR/Norbert Haberger

Traktor mit Elektroantrieb

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Strom-Akku statt Diesel: Traktor mit Elektroantrieb

Von großen Traktorherstellern gibt es bisher kaum elektrische Modelle in Serienproduktion. Ein Ehepaar aus Schnaitsee in Oberbayern will mit seinem E-Traktor in eine Marktlücke stoßen. Doch sind Elektroschlepper wirklich eine Alternative zu Diesel?

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Nur ein leises Surren ist zu hören, wenn der Schlepper mit dem angehängten Heuwender auf der Wiese seine Bahnen zieht. Landwirt Franz Obereisenbuchner lässt sich das Testfahrzeug auf seinem Betrieb bei Garching an der Alz erstmals vorführen. Er findet es faszinierend, wie leise das Heumachen plötzlich sein kann.

Bald in kleiner Stückzahl in Serie

Der E-Traktor ist ein Prototyp der Firma Tadus GmbH, ein junges Start-up aus Schnaitsee im Landkreis Traunstein, gegründet von Johanna und Thaddäus Baier. Er: Luft- und Raumfahrtingenieur, sie: Betriebswirtschaftlerin. Wenn alles so läuft, wie es sich die beiden vorstellen, könnte der Tadus-Traktor schon Ende nächsten Jahres in kleiner Stückzahl in Serie gehen. Produziert werden soll er vorerst in einer Landmaschinenwerkstatt bei Schnaitsee.

Strom vom Dach direkt in den Traktor

Auf die Idee, den E-Traktor zu entwickeln, kam Thaddäus Baier, als er auf den Dächern vieler Bauernhöfe Photovoltaikanlagen (PV) sah. Der Strom, der dort erzeugt wird, könnte direkt in den Akku eines Traktors fließen, so seine Überlegung. Auch auf dem Milchvieh-Betrieb von Franz Obereisenbuchner sind die Dächer mit PV-Modulen belegt. Dreiviertel des Stroms, der am Hof verbraucht wird, produziert er jetzt schon selbst. "Mein großer Traum ist, dass ich die Dieseltankstelle am Hof verbanne", sagt er, "weil so gut wie alles elektrisch läuft."

Akku wechseln statt lange Ladezeit abwarten

An sehr sonnigen Tagen produziert die PV-Anlage mehr Strom, als der Betrieb zu dem Zeitpunkt verbrauchen kann. Dann wird er ins Netz eingespeist. Genau an solchen Tagen könnte der Akku des Traktors mit seinen 200 Kilowattstunden geladen werden.

Je nach Kapazität der Wallbox (Elektroauto-Ladestation) kann das allerdings bis zu acht Stunden dauern. Zu lang, wenn dringende Arbeiten für den Traktor anstehen. Startup-Gründer Thaddäus Baier hat dafür allerdings eine Lösung gefunden. Das Fahrzeug ist mit einem Wechsel-Akku ausgestattet, der allerdings 250 Kilogramm wiegt. "Da brauche ich einen ebenen Boden und einen Hubwagen, dann kann ich die eine Batterie entnehmen und die andere hineintun, ähnlich wie bei einem Industriestapler", so Baier.

25 bis 35 Prozent teurer als ein Diesel-Traktor

Der Traktor hat etwa 140 PS. Mit einer Akkuladung ist er fünf bis acht Stunden lang einsatzfähig. Die meisten alltäglichen Aufgaben, die am Hof anfallen, lassen sich damit gut erledigen. Nicht geeignet ist der Schlepper allerdings für sehr kraftintensive Arbeiten mit schweren Maschinen, wie zum Beispiel Pflügen.

Ein weiteres Problem könnte momentan auch noch der Preis sein. Ein vergleichbarer Dieselschlepper kostet etwa 200.000 Euro. "Wir werden 25 bis 35 Prozent teurer auf den Markt gehen", kalkuliert Johanna Baier. Dabei hat sie auch schon Förderungen durch ein Programm der Bundesregierung mit eingerechnet. Der hohe Anschaffungspreis amortisiere sich aber relativ schnell, wenn der Strom vom eigenen Dach kommt. Nach 2.000 bis 3.000 Betriebsstunden seien die Mehrkosten wieder ausgeglichen, sagen die Baiers. Landwirte mit eigener PV-Anlage könnten die Betriebskosten im Vergleich zu einem Diesel-Traktor um 70 Prozent senken. Aber auch wenn der Strom aus dem Netz bezogen wird und bezahlt werden muss, betrage die Ersparnis noch etwa 33 Prozent.

Traktor-Akku als Stromspeicher

Interessant macht den E-Traktor für Milchviehhalter Franz Obereisenbuchner aber noch etwas anderes. Er kann ihn auch als Stromspeicher verwenden mit seinem Fassungsvermögen von 200 Kilowattstunden. Bisher hat er auf seinem Betrieb schon einen Heimspeicher mit 78 Kilowattstunden fest installiert. "Ein Schlepper wäre da die ideale Ergänzung", sagt Franz Obereisenbuchner, "weil der Schlepper fährt bei schönem Wetter, wenn man eh genug Strom hat und bei schlechtem Wetter steht er. Da ist er dann als erweiterter Heimspeicher tätig."

Mit dem Schlepper-Akku könnte Franz Obereisenbuchner zum Beispiel die Melkmaschine für seine 60 Kühe oder die Kühlaggregate in der hofeigenen Molkerei betreiben. Je mehr Einsatzzeit ein Gerät hat, desto rentabler sei es natürlich für einen Betrieb, erklärt Thaddäus Baier: "Der Landwirt nutzt so einen Traktor durchschnittlich 500 bis 1.000 Stunden im Jahr. Das Jahr hat aber fast 9.000 Stunden. Das heißt, die meiste Zeit steht das Fahrzeug und dann kann man natürlich den Akku für andere Dinge nutzen, die einem die Möglichkeit bieten, Geld zu sparen." Das Konzept klingt schlüssig. Auch die großen Traktorfirmen kündigen immer wieder Modelle mit Elektroantrieb an, Prototypen gibt es schon. Aber Serienprodukte bleiben bisher noch Mangelware. Der E-Traktor von Tadus könnte so tatsächlich in eine Marktlücke stoßen, sollte er wie geplant demnächst vom Band rollen.

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