Bayernweit 52.000 junge Menschen unter 18 Jahren haben abgestimmt: Knapp eine Woche vor der Bundestagswahl hat der Bayerische Jugendring seine U18-Wahl ausgewertet. Sie ist nicht repräsentativ, soll aber ein "Stimmungsbild" zeigen und "den Fokus auf die Anliegen junger Menschen" richten, wie BJR-Präsident Philipp Seitz erläutert. Auffällig ist: Das Ergebnis unterscheidet sich zum Teil deutlich von den aktuellen Umfragen zur Bundestagswahl unter Wahlberechtigten. Vor allem die Linke schneidet bei den Jugendlichen deutlich besser ab.
Stärkste Kraft wäre auch bei den jungen Menschen in Bayern die CSU: Sie erhält bei der U18-Wahl 21,2 Prozent. Das ist etwas mehr als vor vier Jahren (20,9 Prozent). Wenige Prozentpunkte hinter den Christsozialen landet bei den U18-Wählern die AfD mit 17,5 Prozent (2021: 5,67 Prozent), gefolgt von der Linken mit 16,8 Prozent (2021: 5,62 Prozent). Die SPD liegt bei den Jugendlichen mit 16,2 Prozent leicht unter dem Wert von 2021 (16,7 Prozent).
Grüne verlieren deutlich
Die größten Verluste müssen die Grünen hinnehmen. Sie landen bei 10 Prozent. Bei der U18-Wahl vor vier Jahren hatten sie noch 18,63 Prozent. FDP (3,65 Prozent), Freie Wähler (3,46 Prozent), das BSW (2,59 Prozent) und die Tierschutzpartei (3,26 Prozent) wären in Bayern unter der Fünf-Prozent-Hürde.
Allerdings unterscheidet sich das bayerische Ergebnis etwas vom bundesweiten. Deutschlandweit ist die Linke bei der U18-Wahl stärkste Kraft mit 20,8 Prozent, gefolgt von der SPD mit 17,9 Prozent. Die Union schafft es mit 15,7 Prozent bundesweit nur auf Platz 3, gefolgt von der AfD mit 15,5 Prozent. Die Grünen liegen auch bundesweit hinter diesen vier Parteien und erreichen 12,5 Prozent.
Zu erwähnen ist dabei jedoch: Aufgrund der hohen Wahlbeteiligung in Bayern, kommen laut BJR bei der bundesweiten U18-Wahl ein Drittel der Stimmen aus dem Freistaat.
AfD und Linke: TikTok-Präsenz zahlt sich aus
Dass vor allem die Linke und die AfD so beliebt bei den Jugendlichen sind, führt BJR-Präsident Seitz unter anderem auf deren Engagement in den sozialen Medien zurück. "Soziale Medien spielen eine große Rolle im Leben junger Menschen unter und über 18", sagt er.
Auf TikTok liegt die AfD in puncto Reichweite seit Jahren vorn. Aber auch Linken-Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek ist auf TikTok sehr präsent. Über eine halbe Million Menschen folgen ihr auf dem Kanal.
Diese "extreme Reichweite" über Social Media nutze der AfD genauso wie der Linkspartei, sagt auch der Augsburger Generationenforscher Rüdiger Maas. Er erklärt deren Erfolg außerdem damit, dass die Ängste bei Jugendlichen zunähmen. "Wir konnten belegen, dass je ängstlicher die Jugendlichen sind, desto eher wählen sie die Linkspartei oder die AfD." Beide Parteien schafften es, die Ängste zu kanalisieren. Sie präsentierten teils einfache Antworten, die den jungen Menschen aber in dem Moment Kraft gäben, erklärt Maas. Diejenigen, die sich eher in der Mitte einordnen, hätten hingegen weniger Ängste.
BJR-Präsident: "Jugend rückt nicht generell nach rechts"
Mit Blick auf die AfD steht für BJR-Präsident Seitz fest: "Das Ergebnis einer Partei, die in Teilen gesichert rechtsextrem ist und mit ihrem Parteiprogramm Jugendlichen kaum Angebote macht, zeigt einen klaren Handlungsauftrag: Politische Bildung und Jugendarbeit müssen gestärkt werden." Gleichzeitig zeigten die hohen Werte für die Linke aber auch, dass "die Jugend nicht generell nach rechts rückt".
Dass die Grünen sowohl bayernweit als auch bundesweit hinter der Union, AfD, Linken und SPD liegen, hat für Generationenforscher Maas eine simple Ursache: Das Thema Nachhaltigkeit sei nicht mehr so präsent wie vor vier Jahren. Und die Grünen hätten in der Ampelregierung nicht das geliefert, was sie vor der Wahl 2021 versprochen hätten. "Diese Vorwärtsrolle, die die Grünen hätten übernehmen können, für Klima und Nachhaltigkeit, der wurden sie aus Sicht der linken Wählerinnen und Wähler nicht gerecht", so der Augsburger Generationenforscher.
BJR fordert Absenkung des Wahlalters
Mit der Wahlbeteiligung in Bayern ist BJR-Präsident Seitz zufrieden. Dass im Freistaat 52.000 junge Menschen bei der U18-Wahl mitgemacht haben, bezeichnet er als "beeindruckende Resonanz". Das Ergebnis ist zwar nicht repräsentativ, es sei aber "ein starkes Signal an die Politik". Die U18-Wahl mache deutlich, dass "junge Menschen mitreden und mitbestimmen wollen und sich für Politik interessieren".
Die Jugendlichen konnten in Jugendzentren, Schulen, aber auch in Einkaufszentren oder Fußgängerzonen ihre Stimme abgeben. Der BJR fordert bereits seit Jahren, das aktive Wahlalter auf 14 Jahre abzusenken. Grüne, SPD und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre verlangt. Gerade diejenigen, die laut aktuellem U18-Wahlergebnis davon profitieren könnten, sind dagegen: AfD und Union halten eine Absenkung des Wahlalters für falsch.
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