Demonstranten bei einer Demo für mehr Klimaschutz in Berlin (Archivbild)
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Alt gegen jung? Generationenkonflikte in Deutschland

Alt gegen jung? Generationenkonflikte in Deutschland

Im Wahlkampf kündigen fast alle Parteien Maßnahmen an, die sich vorrangig an die Älteren richten. Kein Wunder, machen Senioren doch fast die Hälfte der Stimmberechtigten aus. Wichtige Interessen der Jungen drohen dabei auf der Strecke zu bleiben.

Über dieses Thema berichtet: Die BR24 Reportage am .

Emily Vontz, Jahrgang 2000 und damit jüngste Bundestagsabgeordnete, hat sich in die Höhle des bayerischen Löwen gewagt: ins Büro von Peter Ramsauer, dem dienstältesten Parlamentarier. Ramsauer stimmte schon über Gesetze ab, da war die Geburt der Sozialdemokratin noch lange nicht geplant.

Sind Schulden ein Problem für die Jungen – oder die Lösung?

Die jüngste und der dienstälteste Abgeordnete des Deutschen Bundestags: Wie blicken sie auf die Frage der Generationengerechtigkeit? Es geht um einen Verteilungskampf. Beide nicken. Emily Vontz betont, überall würden Mittel gekürzt oder nicht an die Teuerung angepasst: Schwimmbäder, Freiwilligendienste, Deutsch-Französisches Jugendwerk, das sind nur ein paar Beispiele. Deutschlands Wirtschaft wächst im Gegensatz zu anderen Industrienationen seit Jahren nicht mehr.

Hohe Energiekosten, sinkende Nachfrage in China, bröckelnde Infrastruktur – andere Länder verschulden sich mehr, um den Rahmen für eine prosperierende Wirtschaft zu setzen.

Auch Ramsauer, leidenschaftlicher Pianist, bedauert Streichungen im Kulturetat, dennoch weist er auf die Ausgabenseite hin. Hinterlässt man den Jungen zu viele Schulden, wird ihr Handlungsspielraum später eingeschränkt, so der Wirtschaftspolitiker. Die Schuldenbremse sei eine "goldrichtige Entscheidung" gewesen, ist er überzeugt.

Klimakrise: Nicht die einzige Sorge der Jugend

Von Berlin nach München: Anfang Januar treffen sich die 19-jährige Auszubildende Amrei Küsel und die 26-jährige Studentin Jana Häfner am Königsplatz. Sie sind Aktivistinnen bei Fridays for Future und laufen die Route ab, die sie für den Tag des bundesweiten Klimastreiks an diesem Freitag geplant haben. "Die junge Generation ist die diejenige, die am meisten unter den Folgen der Klimakrise leidet und leiden wird", sagt Häfner.

Beide blicken sorgenvoll in die Zukunft: Forscherinnen und Forscher warnen seit Jahren vor den Folgen der Erderhitzung. Aber Politik und Wirtschaft halten aus Sicht der Aktivistinnen an einem Modell fest, das weiter Raubbau am Planeten betreibe – und die Lebensgrundlagen für ihre Generation zerstöre.

"Die Rente ist sicher" – nur, wie hoch wird sie sein?

Es gibt in Deutschland nicht die eine Jugend. Bei der Bundestagswahl 2021 waren FDP und Grüne die Favoriten bei Jungwählern. Heute aber scheint die AfD laut Umfragen immer mehr junge Leute zu gewinnen. Denn die Klimakrise ist nur eine der vielen Ursachen für die Zukunftsskepsis junger Menschen.

Die Klimaaktivistin Jana Häfner erinnert sich an die Worte ihrer Mutter: "Kind, du musst dich um deine Rente selber kümmern, weil das, was du mal von der gesetzlichen Rente bekommen wirst, damit wirst du nicht leben können."

Amrei Küsel nickt, als sie ihrer Freundin zuhört. Sie habe sich deshalb schon mit ihren 19 Jahren damit beschäftigt, wie sie privat vorsorgen kann. Schnell merkte sie, dass es nur wenige lukrative Möglichkeiten gibt, ihr Geld anzulegen und dabei kein klimaschädliches Geschäftsmodell zu fördern, sagt die Auszubildende für Versicherungsmanagement.

Generation Bumerang: Wenn junge Menschen wieder zu den Eltern ziehen

Klima und Rente beschäftigen auch die 26-jährige Münchnerin Valentina. Noch akuter aber ist für sie die Wohnungssuche. Nachdem ihre WG aufgelöst wurde, lebt sie nun wieder bei ihrer Mutter in der Schwabinger Altbauwohnung, in der sie aufwuchs. Sie ist damit Teil eines sozialen Phänomens, das man auch als "Generation Bumerang" beschreibt.

Valentina ist ausgebildete Kommunikationsdesignerin, studierte in Wien und arbeitet nun als Volontärin am Haus der Kunst in München. Sie wünscht sich nach mehreren Wohngemeinschaften eine eigene Bleibe: "Ich hatte das einfach noch nie, dass ich nach Hause kommen, die Tür schließen kann und weiß, das sind meine vier Wände und ich habe meine Ruhe."

Eigenheim: Ein ferner Traum für die jungen Generationen

Doch gerade der Münchner Wohnmarkt ist so umkämpft wie kaum ein anderer in der Republik. Neben ihrem Vollzeit-Job, erzählt Valentina, versucht sie, sich ein Standbein als Selbständige aufzubauen. Sie erstellt Logos, Webseiten, schießt Fotos, hilft im Catering aus, legt als DJane auf und führt Hunde Gassi. 1.000 Euro warm sind trotz allem ihre Schmerzgrenze.

Während früher Eigentum ein gesamtgesellschaftliches Lebensziel war, liegt der Traum einer eigenen Wohnung oder gar eines Hauses für die Jüngeren heute fernab jeder Realität. Dabei gäbe es wohl genügend Wohnraum für alle. Senioren leben häufiger allein, haben im Schnitt über 70 Quadratmeter pro Kopf und damit deutlich mehr als junge Menschen. Mehr als die Hälfte der Rentner besitzt ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung.

Mehr als 40 Prozent der Wahlberechtigten werden bei der Bundestagswahl am 23. Februar älter als 60 Jahre sein. Dreimal so viele wie die 18- bis 29-Jährigen.

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