Hermann Rettinger stapft in Gummistiefeln über die aufgeweichten Felder seines Reviers bei Königsbrunn, in der Hand einen toten Milan und einen Hasen. Der Jäger wirft sie auf einen Haufen mit 20 toten Saatkrähen. Tier um Tier sammelt er ein, alle erschlagen von riesigen Hagelkörnern. Hermann Rettinger spricht von einer Katastrophe. Innerhalb von zehn Minuten, sagt er, wurde hier alles Leben ausgelöscht. "Der Niederwildbestand, die komplette Vogelwelt: Hier draußen hat einfach kein Tier Schutz gefunden vor diesem immensen Unwetter, den Riesen-Hagelkörnern, der Intensität, wie wir es eigentlich noch nie gesehen haben."
Und dann zieht der Jäger eine erste Bilanz: "Wir haben gestern Vormittag 100 Kreaturen eingesammelt, vom Feldhasen über die Krähe bis hin zum Greif; sogar Rehe, denen die Augen vom Hagel ausgeschlagen worden sind. Es ist ein Jammer, eine einzige Katastrophe."
Jäger geben den Gnadenschuss
Auch Jagdvorstand Roland Bock von der zuständigen Jägervereinigung berichtet von toten Tieren, darunter viele Hasen. Diejenigen, die das Unglück überlebten, hatten vorquellende rote Augen, verformte Schädel und zeigten kein Fluchtverhalten mehr, sagt Jagdvorstand Roland Bock. Schuld waren wohl auch hier riesige Hagelkörner. Er habe dann bei der Polizei um Erlaubnis gebeten, verletzte Tiere erlösen zu dürfen. Denn im Moment sei schließlich keine Jagdzeit für Hasen.
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Kälber im Stall durch Hagel getötet
Im Kirchheimer Ortsteil Tiefenried in Landkreis Unterallgäu drang Hagel in einen Viehstall ein – dadurch wurden mehrere Kälber entweder "erdrückt, erfroren oder erstickt", wie Stephan Rößle von der zuständigen integrierten Leitstelle sagt. Genau lasse sich das nicht sagen, die Tiere hätten teilweise unter den Hagelmassen gelegen. So etwas habe er in dieser Intensität selten erlebt. Zudem verwandelten sich Straßen in der Umgebung in reißende Flüsse. Bei ihrem Einsatz verausgabten sich zwei Feuerwehrleute derart, dass einer von ihnen über Nacht sogar ins Krankenhaus musste.
Mehrere Pferde eingeschläfert
"Das mit dem Hagel ist echt nicht mehr lustig, der macht zum Beispiel bei Pferden teils massiv Probleme", sagt Wolfgang Teifelhart, Sprecher des Bauernverbands Aichach-Friedberg. In einem Stall im Landkreis Aichach-Friedberg sind laut einem Post einer Reiterin auf Instagram mehrere Pferde durch das Unwetter schwer verletzt worden, drei Pferde mussten mit Brüchen eingeschläfert werden.
Die Tiere waren wegen des Hagels und des Lärms panikartig aus ihrem Stall geflüchtet und hatten mehrere Stromzäune durchbrochen. Sie konnten zwar relativ schnell wieder eingefangen werden, hatten aber zahlreiche Verletzungen durch den Hagel erlitten. "Bei Weidetieren würde ich aber grundsätzlich sagen, dass die Unterstände ausreichen", sagt Teifelhart. "Wir können einfach nicht für alle Eventualitäten alles absichern. Man kann nicht jedes Risiko ausschließen."
Jäger fürchten noch größere Verwüstungen
Zurück auf die Felder bei Königsbrunn: Jagdpächter Hermann Rettinger glaubt, dass die toten Tiere, die er eingesammelt hat, bei Weitem nicht alles sind. Die gefundenen Tiere, so fürchtet er, sind wahrscheinlich die "Spitze des Eisbergs". Hermann Rettinger ist erschüttert: "Ich gehe davon aus, dass in dieser Schneise der Verwüstung 90 Prozent alles Lebens, der Vogelwelt und Niederwild-Population, zerstört worden ist."
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