"Es ist schon ein ungutes Gefühl", sagt Klaus Müller, Unternehmer und Landwirt aus Rottershausen im Landkreis Bad Kissingen. Anfang November fand sein Schwiegersohn ein neu geborenes Kalb auf der Weide bzw. das, was davon übrig war. Vermutlich hat ein Wolf das einen Tag alte Kalb auf der Weide zwischen Eltingshausen und Rottershausen gerissen. Ein herbeigerufener Tierarzt äußerte sofort den Verdacht, es sei ein Wolf gewesen, so Müller. Die Art der Verletzungen, wie durchgebissene Rippen und fehlende Eingeweide, ließen diesen Schluss zu.
Behörde bestätigt Verdacht
Das Landesamt für Umwelt (LfU) bestätigt die Meldung des Vorfalls und einen Anfangsverdacht. "Aktuell kann die Beteiligung eines großen Beutegreifers nicht ausgeschlossen werden", so das LfU auf BR-Nachfrage. Zuerst hatte die "Mainpost" (externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt) darüber berichtet. Proben für eine mögliche genetische Untersuchung wurden sichergestellt. Ebenso wurde eine pathologische Untersuchung des verendeten Tieres durch das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) veranlasst. Mit einem Ergebnis sei in den nächsten Tagen zu rechnen, die durchschnittliche Auswertungszeit einer Probe dauere zehn Tage, so das Landesamt.
Lärm und Licht um Wölfe zu vertreiben
Jetzt versucht Müller vermeintliche Wolfsangriffe mit Musik und verschiedenen Schweinwerfern in der Nacht abzuwehren. Alle zwei Stunden fährt er auf die Weide, um zu kontrollieren – er erwarte noch 35 Kälber in den nächsten Tagen, die in den ersten Tagen nach der Geburt auf der Weide besonders gefährdet seien. "Von den ersten zweien ist jetzt schon eines tot", bedauert er im Gespräch mit BR24.
Die jungen Tiere seien in dieser Phase immun gegen Stromschläge, sie hätten anfangs noch kein ausgeprägtes Schmerzempfinden, so Schwiegersohn Max Schätzlein, der das tote Kalb gefunden hat. Auch wenn es selten vorkomme, könnten die jungen Tiere durchaus die eingezäunte Weide verlassen und abseits der erwachsenen Rinder stehen. Dann hätten sie keine Chance gegen den Wolf, so der Landwirt.
Auch deshalb halten Klaus Müller und sein Schwiegersohn einen Herdenschutzzaun für eine wenig wirksame Maßnahme, so wie sie von den Behörden vorgegeben sei. Die Vorgaben einzuhalten sei zu aufwändig und teuer. Der Wolf könne den 1,80 Meter Zaun ohnehin "mühelos" überwinden, das sei in diversen Videos im Internet zu sehen.
Schon im letzten Jahr Angriff durch Wolfshybriden
In diesem Fall lag das Kalb innerhalb der eingezäunten Weide, wenn auch ganz am Rand. Seit 33 Jahren hält Klaus Müller seine Angus-Rinder ganzjährig auf einer Weide mit Offenstall und Kälberhütte – gesichert durch zwei Elektrozäune im Abstand von drei Metern. Bereits im vergangenen Jahr hatte der betroffene Landwirt ein gerissenes Kalb zu beklagen. Im August 2023 soll es ein Wolfshybrid gewesen sein, eine Mischung aus Wolf und Hund. Das LfU hatte im Landkreis Bad Kissingen bereits am 13.05.2023 einen Wildtierriss durch einen weiblichen Wolf-Hund-Hybridnachkommen mit der Kennzeichnung GW3159fH nachgewiesen.
Angst geht um in Rottershausen
Nun mache sich im Ort die Angst vor dem Wolf breit, berichtet der Landwirt. Nur 50 Meter von seiner Weide am Waldrand entfernt befindet sich ein Spielplatz des Kindergartens im Wald. Dieser werde von der Einrichtung nun vorsorglich nicht mehr genutzt.
Zuletzt wurden im Landkreis Bad Kissingen Ende August Wolfswelpen per Fotoaufnahme nachgewiesen. Mitarbeiter von Klaus Müller wollen einen Wolf sogar am helllichten Tag auf offener Straße beobachtet haben: In aller Seelenruhe soll er über eine Autobahnbrücke bei Oerlenbach gelaufen sein.
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