Seit dieser Woche können sich Fahrzeuge nahe Gersthofen im Landkreis Augsburg mit Wasserstoff betanken lassen. Am dortigen Güterverkehrszentrum wurde eine neue Wasserstofftankstelle eröffnet, um täglich bis zu 20 Nutzfahrzeuge zu betanken.
Doch: Wie relevant ist das Thema "Wasserstoff" für Unternehmen in der Region? Nutzen im Güterverkehr schon viele die neue Technologie? Kristin Wirth von der IHK Schwaben ist Expertin in diesem Bereich. Ihrer Einschätzung nach bleibt vielen Unternehmen keine Wahl: Sie müssen sich mit dem Thema beschäftigen.
Der Druck von außen steigt: Unternehmen müssen reagieren
"Ich weiß von vielen Logistik-Spediteuren, die sich aktuell mit dem Thema auseinandersetzen. Ganz einfach, weil auch vom Markt, von ihren Kunden, der Handlungsdruck kommt, CO2 zu reduzieren und nach Lösungen zu suchen", beschreibt Kristin Wirth die aktuelle Stimmung. Dabei seien Wasserstoff-Lkw eine mögliche Lösung.
Man rede zwar schon lange, seit gut 30 Jahren, über die Technologie, allerdings haben sich laut Wirth nun die Rahmenbedingungen verändert: "Jetzt ist die Zeit. Wasserstoff ist ein Baustein beim Gelingen der Energiewende, einer von vielen Optionen. Und ich denke wirklich, dass wir jetzt einen Durchbruch erleben werden."
Doch noch sei davon auf der Straße wenig zu spüren: Laut Wirth waren im Januar diesen Jahres deutschlandweit gerade einmal 92 Wasserstoff-Lkw unterwegs. Viele Unternehmen würden das Thema Wasserstoff mit großer Vorsicht betrachten.
Die große Herausforderung: Es muss sich wirtschaftlich lohnen
Denn natürlich müssten die Unternehmen schauen, wie sie dabei wirtschaftlich konkurrenzfähig bleiben. Und wasserstoffbetriebene Fahrzeuge wie Lkw, Busse oder Müllfahrzeuge, so Wirth, kosteten nun mal gut und gerne das Doppelte im Vergleich zu normalen Fahrzeugen.
Kristin Wirth: "Nach meiner Meinung ist es mit dieser Technologie aus wirtschaftlicher Sicht aktuell noch nicht wirklich gut möglich." Noch sei alles sehr teuer.
Abwägen der Vor- und Nachteile
Einer der Vorteile von Wasserstoff sei, dass man gute Reichweiten erziele - und das bei einer ähnlichen Betankungszeit wie beim normalen Tanken. Andererseits würden die Wasserstofftanks selber bei den Lkw eine bestimmte Fläche belegen, die dann nicht für den Gütertransport verwendet werden kann.
Auch die noch nicht vorhandene Infrastruktur spiele eine Rolle. Erst kürzlich, so Wirth, habe ein Spediteur aus dem Landkreis Lindau überlegt, sich zwei Wasserstoff-Lkws anzuschaffen. Nachdem in der Region – bis auf die nun eröffnete Tankstelle in Gersthofen – allerdings noch kaum Tankmöglichkeiten vorhanden sind, hätte er zusätzlich eine eigene Wasserstofftankstelle mit aufbauen müssen. Das machte die Investition für ihn unrentabel.
Wasserstoff-Produktion in der Region? Generell denkbar
Generell sei gut denkbar, den benötigten Wasserstoff auch direkt vor Ort, in der Region, zu produzieren. Dafür, so Wirth, brauche es neben der ganzen Technik wie beispielsweise einen Elektrolyseur vor allem eine ausreichend große Fläche an PV-Anlagen.
Denn Ziel sollte sein, so Wirth, den Wasserstoff ja möglichst mit regenerativen Energien herzustellen. Wirth: "Ansonsten macht das ja gar keinen Sinn, wenn ich dafür wieder irgendwelche fossilen Brennstoffe brauche und sehr viel Energie verlorengeht." Sie glaube aber, dass sich die Technologie in diesem Bereich noch deutlich weiterentwickle. "Deutschland ist da aktuell noch mitführend bei der Brennstoffzellen- und Elektrolyseur-Technologie, und ich hoffe und denke tatsächlich, dass wir da noch Fortschritte erreichen. Das zeigt sich dann auch in den Preisen. Das heißt, die Technik wird dann auch erschwinglicher werden." Noch stehe man ganz am Anfang.
Wasserstoff auf der Schiene - bald startet der Testbetrieb
Ein wichtiger Schritt sei im vergangenen Jahr gemacht worden: Im September war der bereits lange zuvor propagierte Wasserstoffzug bei einer Testfahrt in Kaufbeuren vorgestellt worden. Angedacht ist, dass er eines Tages die Strecke Augsburg-Füssen bedienen soll. Dann soll auf der Fahrt ausschließlich Wasserdampf ausgestoßen werden, bei angeblich gleicher Leistungsstärke wie bei elektrischen Triebzügen.
Noch in diesem Sommer soll der Testlauf starten. Dann soll der Wasserstoffzug bei einem 30-monatigen Betrieb unter Alltagsbedingungen getestet werden. Davon, so der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) bei der Vorstellung im September, hänge ab, ob Wasserstoff-Züge auch auf anderen Strecken in Bayern zum Einsatz kommen.
Wasserstoff als Baustein bei der Energiewende
Wasserstoff gilt nicht nur als erneuerbare, sondern vor allem saubere Energiequelle. Wird er in Brennstoffzellen zur Stromerzeugung verwendet, entstehen als Nebenprodukte lediglich Wasser und Wärme. Fahrzeuge, deren Elektromotoren mit dem so erzeugten Strom angetrieben werden, gelten gegenüber herkömmlich angetriebenen als deutlich effektiver.
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