Winzer bei der Weinlese.
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Winzer Benedikt May in seinem Weinberg bei Retzstadt. Die Trauben für seinen Chardonnay liest er sorgfältig mit der Hand.

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Weinlese 2024: Frost, Pilz und sinkende Nachfrage fordern Winzer

Weinlese 2024: Frost, Pilz und sinkende Nachfrage fordern Winzer

2024 war ein herausforderndes Jahr für Weinbetriebe in Franken. Frostnächte und feuchtes Wetter führten zu großen Ernteverlusten. Gleichzeitig kämpfen die Winzer mit veränderten Konsumgewohnheiten – alkoholfreier Wein wird immer beliebter.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Für Winzer Benedikt May sind diese 17 Tage im September so ein bisschen wie die Siegerehrung bei den Olympischen Spielen. Endlich erntet er die Früchte harter Arbeit: Er liest Wein.

In den 17 Tagen will er zusammen mit seinem Team aus 15 bis 20 Erntehelfern rund einen Hektar pro Tag schaffen. Alles per Hand. Die Erntehelfer inspizieren jede Traube genau, keine einzige vertrocknete oder verfaulte Beere soll mit in die Wannen, die anschließend voller Trauben in das Weingut gefahren werden. Vor dem Pressen inspiziert der Winzer die Trauben sogar nochmals auf einem Sortiertisch. Ein riesiger Aufwand, doch der Bio-Winzer lässt sich diese Mühe auch bezahlen. Um die 50 Euro kostet eine Flasche Chardonnay vom Retzbacher Benediktusberg.

Offizielle Eröffnung der Weinlese

Wie Benedikt May lesen einige Winzer schon vor der offiziellen Eröffnung der fränkischen Weinlese, die heute in Hammelburg stattfindet. In machen Weinbergen aber nur die Trauben, die die Nachtfröste Anfang 2024 überlebt haben. Einigen Winzerinnen und Winzer sind damals ganze Weinberge weggestorben. Laut dem Fränkischen Weinbauverband ist es noch zu früh, um zu sagen, wie die Lese ausfallen könnte.

Kälteschock Ende April

Das Jahr 2024 hat auch Benedikt May vor extreme Herausforderungen gestellt. Im April fallen die Temperaturen plötzlich auf den Gefrierpunkt, gerade als die Reben schon früh ausgetrieben haben. Er verbringt mehrere Nächte in seinem Weinberg und versucht, die jungen Triebe mit speziellen Fackeln vor dem Kälteschock zu retten.

Auch heute sieht May noch genau, wo die Fackeln standen. Dort hängen sichtbar mehr Trauben. Wo die Wärme ausblieb hängt nichts. "Man kann zwar in 100 Parzellen was machen, aber großräumig kann man nix machen und muss einfach hilflos zugucken, wie alles kaputtgeht", sagt er.

Frost und Pilzkrankheiten führen zu großem Ernteverlust

Trotz aller Bemühungen schätzt er, dass ihn der Frost mehr als die Hälfte seiner Ernte gekostet hat. Dazu kam der feuchte Sommer – ideale Bedingungen für den Echten und Falschen Mehltau, die gefürchteten Pilzkrankheiten. Die Schäden sind an den vielen braunen Blättern im Weinberg deutlich sichtbar. Der viele Regen wäscht den zugelassenen Bio-Pflanzenschutz wie Kupfer und Schwefel einfach wieder ab.

Deutsche trinken immer weniger Wein

Doch nicht nur das Wetter setzt den Winzern zu. Seit Jahren sinkt auch die Nachfrage nach alkoholischen Getränken. Laut aktuellen Zahlen des Deutschen Wein Instituts (DWI) zur Entwicklung des Weinmarkts haben die Deutschen rund eine Flasche Wein pro Person weniger konsumiert als im Vorjahr. Auch die Zahl der bayerischen Weinbaubetriebe ist laut dem zuständigen Landesamt seit 2005 um mehr als die Hälfte auf 2.797 Betriebe im Jahr 2024 zurückgegangen. Allein die Zahl der Großbetriebe mit über zehn Hektar Fläche wächst.

DGE: Alkohol "nie gesund"

Zusätzlich ist die "Stimmung gegen den Alkohol" dem Fränkischen Weinbauverband ein Dorn im Auge. Dazu zählt etwa ein neues Positionspapier zu Alkohol der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Dort empfiehlt die DGE, gänzlich auf Alkohol zu verzichten. Zum Ärger vieler Winzer steht dort eindeutig: Alkohol sei nie gesund – auch nicht in Maßen.

Alkoholfreie Weine: Ein wachsender Markt

Einige Winzer reagieren bereits auf den Trend zu alkoholfreien Getränken und versuchen, diesen Wandel als Chance zu nutzen. Im Bio-Weingut Lange auf Schloss Saaleck in Hammelburg haben sie im April einen alkoholfreien Secco auf den Markt gebracht – und der Erfolg kam überraschend schnell. "Viele unserer Kunden konnten kaum glauben, dass ein alkoholfreier Secco so gut schmecken kann", berichtet Ulrike Lange, Inhaberin des Weinguts

Junge Menschen mit regionalem Angebot begeistern

Doch sie betont auch, dass alkoholfreie Weine eine Nische bleiben werden: "Wir wollen und können nicht komplett auf alkoholfreie Produkte umstellen. Wein ist ein Kulturgut, das es seit Jahrtausenden gibt – und das soll auch so bleiben."

Vor allem bei jüngeren Kunden komme der alkoholfreie Secco gut an. "Wenn wir es jetzt nicht schaffen, auch junge Menschen für unser Angebot zu begeistern, könnten wir sie in Zukunft ganz verlieren", sagt sie.

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