Die Wirtschaft hofft auf Reformen für mehr Wachstum. Aber das Steuerfortentwicklungsgesetz der Ex-Ampel-Regierung liegt mangels Mehrheit auf Eis. FDP-Chef Lindner will nur einem Teil davon zustimmen. Und die Schuldenbremse bleibt für ihn tabu.
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Die Wirtschaft hofft auf Reformen für mehr Wachstum. Aber das Steuerfortentwicklungsgesetz der Ex-Ampel-Regierung liegt mangels Mehrheit auf Eis.

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Wirtschaftspolitik: Wahlkampftaktik statt Wachstum?

Wirtschaftspolitik: Wahlkampftaktik statt Wachstum?

Die Wirtschaft hofft auf Reformen für mehr Wachstum. Aber das Steuerfortentwicklungsgesetz der Ex-Ampel-Regierung liegt mangels Mehrheit auf Eis. FDP-Chef Lindner will nur einem Teil davon zustimmen. Und die Schuldenbremse bleibt für ihn tabu.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Bei Kelheim-Fibres in Niederbayern ist der Chef unzufrieden mit der Regierung in Berlin. Hier werden Spezialfasern unter anderem für Tampons produziert. Und zwar mit großem Energieaufwand. Nach eigenen Angaben ist Kelheim-Fibres mittlerweile einer der größten Energieverbraucher in Bayern. Da wäre etwas Entlastung bei den Gaskosten wichtig. Und zwar sofort. Die Zeit drängt. Kelheim Fibres steckt in großen Problemen, einer sogenannten "Vorinsolzenz". Es geht um mehr als 500 Arbeitsplätze.

"Wenn wir jetzt unseren Hauptenergieträger anschauen, Erdgas, so sind unsere Energie-Entstehungskosten mindestens dreimal so hoch wie im asiatischen Bereich." Wolfgang Ott, Manager bei Kelheim-Fibres

Dort sitzt der Großteil der Konkurrenz von Kelheim Fibres.

FDP will Steuerfortentwicklungsgesetz ändern

Die Rest-Ampel in Berlin möchte Unternehmen und Bürgern helfen. Unter anderem mit dem Steuer-Fortentwicklungsgesetz, das noch vor dem Zerfall der Bundesregierung vom Kabinett beschlossen worden ist und auch schon die erste Lesung im Bundestag hinter sich hat. In dem Gesetzentwurf sind unter anderem der Abbau der kalten Progression, die Anhebung der steuerlichen Freibeträge und die Erhöhung des Kindergeldes festgeschrieben. Die Union aber winkt ab. Das gilt bislang auch für die FDP, obwohl sie das Gesetz in der früheren Koalition mitentworfen hat – allen voran der frühere Finanzminister Lindner. Im Interview mit dem BR-Politikmagazin Kontrovers erklärt er:

"Die FDP steht unverändert bereit, zum 1. Januar die Steuerlast für die Bürgerinnen und Bürger zu senken, im Übrigen auch das Kindergeld zu erhöhen. Wir wollen Entlastung pur ermöglichen, das braucht auch die Wirtschaft. In diesem Gesetzentwurf musste ich als Finanzminister aber auf Druck von SPD und Grünen sehr viele bürokratische Belastungen reinschreiben." Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP

Im Video: FDP-Chef Christian Lindner im Kontrovers-Interview

Die Wirtschaft hofft auf Reformen für mehr Wachstum. Aber das Steuerfortentwicklungsgesetz der Ex-Ampel-Regierung liegt mangels Mehrheit auf Eis. FDP-Chef Lindner will nur einem Teil davon zustimmen. Und die Schuldenbremse bleibt für ihn tabu.
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Die Wirtschaft hofft auf Reformen für mehr Wachstum. Aber das Steuerfortentwicklungsgesetz der Ex-Ampel-Regierung liegt mangels Mehrheit auf Eis.

Auch Länderkammer lehnte Gesetz ab

Und mit diesen bürokratischen Belastungen gebe es von Seiten der FDP keine Zustimmung. Es geht zum Beispiel um die sogenannte Anzeigepflicht für Unternehmen in steuerrechtlichen Fragen. Lindner weist darauf hin, dass auch die Länder im Bundesrat diese Belastungen abgelehnt hätten. Deshalb verlange die FDP von der Rest-Ampel, die Entlastungen aus dem Gesetz herauszulösen, um zustimmen zu können. Das aber lehnt zum Beispiel die Fraktionsspitze der Grünen im Bundestag ab.

FDP bleibt bei Schuldenbremse hart

Keine Annäherung auch bei einem anderem Streitthema, das für die Wirtschaft ebenso zentral ist: die Schuldenbremse. Während selbst die CDU-Spitze - zumindest für die Zeit nach der Bundestagswahl - eine Reform nicht kategorisch ausschließt, bleibt Lindner im Kontrovers-Interview hart.

"Der Staat hat Geld wie Heu, aber wir geben es nicht für die richtigen Dinge aus. Wir haben zu viel Bürokratismus. Die Arbeitsanreize beim Bürgergeld stimmen nicht. Wir leisten uns eine ideologisierte Klima- und Energiepolitik, die sehr viel Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler kostet und die einen weltweiten Sonderweg darstellt. Und wir bekommen unsere Wirtschaft nicht in Gang." Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP

Unternehmen warten auf Regierungswechsel

Darunter leidet auch Konditor Thomas Dauenhauer aus Dettelbach. Er war im Januar in Berlin mit dabei, als Bauern und Mittelständler gegen die Ampel-Regierung protestierten. Nicht nur wegen der Bürokratie, sondern auch auf der Suche nach Arbeitskräften verbringt er mehr Zeit im Büro, als ihm lieb ist. Mehr Netto vom Brutto würde es aus seiner Sicht für Bewerber attraktiver machen, sich auf eine Stelle zu bewerben.

Aber Dauenhauer erwartet nicht nur bei diesem Thema von der amtierenden Bundesregierung nichts mehr, hofft eher auf die Zukunft. Bei der will FDP-Chef Lindner auch wieder dabei sein – am liebsten in einer Regierung. Allerdings liegen die Umfragewerte der FDP derzeit unter der Fünf-Prozent-Hürde. Auch Lindners persönliche Umfragewerte sind im Keller. Ein Glaubwürdigkeitsproblem sieht er nach all den Querelen um das Ampel-Aus im Kontrovers-Interview nicht:

"Jemand, der bereit ist, ein hohes Staatsamt aufzugeben wegen seiner politischen Überzeugungen, ich glaube, der hat bewiesen, dass es ihr oder ihm ernst ist mit dem, was er sagt." Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP

Was wird aus Förderprogrammen?

Zurück in Kelheim, zum energieintensiven Unternehmen Kelheim Fibres. Wolfgang Ott ist überzeugt, dass es für die Firma eine Zukunft gibt, bald Investoren gefunden werden, wenn von der Politik auf dem Weg hin zu klimaneutraler Produktion geholfen wird. Man hat sich für ein Förderprogramm des Bundes beworben. Und solche Programme müssten seiner Meinung nach auch nach der Bundestagswahl weiter angeboten werden – auch wenn dafür die Schuldenbremse gelockert werden müsste.

Und vielleicht gibt es ja einen Lichtblick: Die drei Fraktionen der früheren Ampel-Koalition wollen in dieser Woche doch noch einen Versuch unternehmen, um noch vor der Bundestagswahl gemeinsam im Bundestag steuerliche Entlastungen zu beschließen. Viele Unternehmen und Beschäftigte würde es freuen.

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