In Würzburg haben der Familienstützpunkt, die Stadtteilbücherei und das Projekt Kirche am Hubland am Mittwochnachmittag erstmals die sogenannte "längste Tafel der Nachbarschaft in Franken" veranstaltet. Das Konzept: einfach Lieblings-Snack mitbringen, bei einem Kaffee zusammensitzen, zwanglos unterhalten und neue Leute kennenlernen. Die längste Tafel wurde es zwar nicht, aber eine der fröhlichsten an diesem Nachmittag in Würzburg. Eine Aktion mit Zukunft, so die Veranstalter.
Holpriger Start durch Regen
Eine meterlange Tischreihe, die sich auf dem Landesgartenschaugelände am Würzburger Hubland erstreckt und viele Menschen zusammenbringen soll; es hätte so schön sein können, doch der Regen hört am Mittwochnachmittag einfach nicht auf. Eva Eichhorn von der Stadtteilbücherei und ihre Kolleginnen beschließen umzuziehen - in den Familienstützpunkt am Hubland. Weniger Platz und schlechter sichtbar für alle, die heute an der "längsten Tafel der Nachbarschaft" teilnehmen wollen. Doch nach einer Stunde füllt sich der Raum.
Mit 58 allein in einer neuen Stadt
Eine der ersten Neugierigen, die sich an den Tischt setzt, ist Elke. Sie ist mit 58 von Aschaffenburg nach Würzburg gezogen. Sie möchte Kontakte knüpfen, sich ein neues Umfeld schaffen und einfach in ihrer neuen Wahlheimat ankommen. Selbst gebackenes Brot und Hummus hat sie mitgebracht und fühlt sich direkt wohl. Zu Vorträgen sei sie in den letzten Wochen häufig gegangen, erzählt sie. "Es ist eine kleine Überwindung, aber ich meine, mir kann ja nichts passieren".
Einsamkeit hat viele Gesichter
Eva Eichhorn von der Stadtteilbücherei Hubland hat mit ihren Kolleginnen vom Projekt Kirche am Hubland und dem Familienstützpunkt Kaffee, Donuts und Gesprächskärtchen bereitgestellt, die beim Ansprechen neuer Leute helfen sollen. Die kleinen Eisbrecher braucht heute aber niemand der dreißig Teilnehmer. Alle reden sehr offen miteinander. Für Eva Eichhorn ein Erfolg; sie kann sich die Kaffee-Tafel als regelmäßige Veranstaltungsreihe vorstellen.
"Einsamkeit hat viele Gesichter", erklärt Eichhorn weiter. Fast täglich vertrauen sich ihr Menschen während ihres beruflichen Alltags an, erzählt sie. Manche würden sich mit vielen Leuten treffen und dennoch Einsamkeit verspüren, andere seien schon sehr lange allein und hätten deshalb Schwierigkeiten, auf andere zuzugehen. Ein Drittel der 18 bis 52-Jährigen in Deutschland ist von Einsamkeit betroffen – das sagt eine Studie des Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung.
Entstigmatisierung als Ziel
Mit Aktionen wie der "längsten Tafel der Nachbarschaft" sollen nicht nur Menschen zusammengebracht und aus der Einsamkeit geholt werden. Auch Entstigmatisierung sei besonders wichtig, betont Eichhorn. Viele Menschen trauen sich erst gar nicht sich mitzuteilen. So könne eine Art Teufelskreis entstehen, aus dem viele nicht mehr herauskommen.
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