Margarethe Schmidts erster Patient heute ist Horst Brigl. Er leidet an einem offenen Bein. An beiden Unterschenkeln hat er Wunden, die schlecht verheilen. Jammern will er deshalb nicht, sagt er, aber die offenen Stellen plagen ihn schon seit Monaten. Margarethe Schmidt entfernt die alten Wundauflagen und Verbände. Sie reinigt die Stellen mit einer speziellen Lösung und dokumentiert den Heilungsfortschritt mit der Handykamera. Dann fixiert sie eine neue Schaum-Verband-Wundauflage.
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BRK bietet erstmals in Bayern Spezial-Pflegedienst an
Der neue Pflegedienst des Kreisverbands Regensburg des Roten Kreuzes kümmert sich ausschließlich um Fälle wie Horst Brigl. Häufig sind es offene Beine oder Patienten, die sich wund gelegen haben. Aber auch jüngere Patientinnen und Patienten mit schlecht heilenden Operationswunden werden vom Pflegedienst angefahren.
Durch den neuen Service muss Horst Brigl nicht mehr für jeden Verbandswechsel zum Hausarzt – inklusive Wartezeit und Ansteckungsgefahr. Er kann sich jetzt zuhause versorgen lassen. Aber auch für die Pflegekräfte ist es eine Erleichterung: Sie haben mehr Zeit und müssen sich nicht mehr an Aufsteh- oder Medikamenten-Einnahmezeiten halten, wenn sie ihre Tour planen.
Sie habe im Juli mit dem Spezial-Pflegedienst angefangen, sagt Schmidt, die beim BRK in Regensburg den neuen Dienst leitet. Man sehe schon, dass die Wunden schneller verheilen. "Auch die Therapie-Anpassung geht viel schneller. Wir arbeiten da mehr proaktiv mit den behandelnden Ärzten und können die Wunden somit viel besser zum Heilen bringen."
Ausbildung zum Wundspezialisten dauert
Seit 2022 können Pflegedienste einen spezialisierten Wunden-Service anbieten. Doch die Hürden sind hoch: Die Ausbildung des kompletten Personals ist intensiv. Außerdem braucht der Pflegedienst genügend Wund-Patienten, damit sich eine eigene Tour auch lohnt. Die Zahl der Anbieter ist deshalb noch gering. Der große Vorteil ist aber die Zeit für den Patienten. Sie habe nun pro Patient rund 45 Minuten Zeit, sagt Margarethe Schmidt. Vorher im bisherigen Pflegedienst seien es nur rund zehn Minuten pro Wunde gewesen.
Keine einheitlichen Lösungen
Jetzt aber bezahlen die Krankenkassen mehr. "Die qualifizierte Wundbehandlung von Versicherten mit chronischen Wunden ist entscheidend für eine schnelle Genesung", teilt der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) mit. Aus diesem Grund habe für den Spitzenverband die Verbesserung der Versorgungsqualität im Mittelpunkt der Verhandlungen um die spezialisierten Dienste gestanden. Doch nach wie vor ist die Vergütung der Dienste nicht bundesweit einheitlich geregelt. Jeder Pflegedienst muss einzeln Verträge mit den Landesverbänden der Kassen abschließen, teilt der Spitzenverband mit.
Hunderttausende Betroffene in Deutschland
Der Bedarf ist derweil groß. Thomas Bonkowski ist Pflegeexperte am Regensburger Uniklinikum und bildet selbst Wundexperten mit aus. Er geht davon aus, dass es allein in Bayern bis zu knapp einer halben Million Wund-Patienten geben könnte. Eine größere Expertise und mehr Zeit sei zu begrüßen, sagt Bonkowski. Die Patienten hätten oft einen großen Leidensdruck. "Du schaust anders aus, du hast ein verlorenes Körperbild, du trauerst diesem Körperbild nach. Und dieser Patient, der vielleicht 15, 20 Jahre diese chronische Wunde hat, die immer instabil ist, ist immobil, der kommt nicht mehr raus, der kann nicht mal mehr zum Nachbarn gehen", sagt Bonkowski.
Erfolge sollen durch Spezialisierung zunehmen
Zumindest bei ihrem nächsten Patienten kann Margarethe Schmidt aber heute einen Erfolg melden. Seine wunde Ferse ist verheilt. "Wir haben jetzt die Wunde zu gebracht und die schaut auch sehr gut aus. Es ist durchblutet. Das ist ein gutes Zeichen für uns", sagt Schmidt. Und: "Ja, das ist ein schönes abschließendes Gefühl, wenn man fertig ist."
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