Engjellusha Aliu bringt den Nachmittagskaffee ins Zimmer des 94-jährigen Alfons Greiner im Caritas-Seniorenheim St. Josef in Coburg. Die junge Frau aus dem Kosovo scherzt mit dem Bewohner, die beiden verstehen sich gut. Engjellusha Aliu ist seit zwei Jahren in Deutschland und absolviert hier eine Ausbildung zur Pflegefachfrau.
"Neue Welt" in Coburg für junge Kosovarin
Aller Anfang sei schwer, sagt die 21-Jährige im Gespräch im Seniorenheim. Das habe auch sie nach ihrer Ankunft erfahren. Vor allem die deutsche Sprache habe ihr anfangs Probleme bereitet – trotz eines zehnmonatigen Sprachkurses zur Vorbereitung im Kosovo. Da Deutsch eine solch schwere Sprache sei, habe die Kursdauer kaum ausgereicht. Dazu kamen neue Menschen, neue Aufgaben und ein anderes Umfeld. Vor zwei Jahren habe sie sich in Coburg zunächst wie in einer "neuen Welt" gefühlt, so Engjellusha Aliu.
Schnelles Ankommen durch Ausbildung
Die Kolleginnen und Kollegen der Caritas hätten ihr sehr beim Ankommen und Zurechtfinden geholfen und viel Unterstützung geleistet, so Aliu. Inzwischen fühlt sie sich in Coburg wohl und ist angekommen.
Seit 2020 werden jungen Menschen aus dem Kosovo in der Region Coburg zu Pflegekräften ausgebildet. Daran beteiligt sind unter anderem eine gemeinnützige Agentur im Kosovo, die für die Ausbildung wirbt, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, der Arbeiter-Samariter-Bund, die Diakonie und die Caritas. Die Idee für dieses Projekt entstand im Coburger Landratsamt.
Fachkräftemangel entgegentreten
Alle Experten in der Pflege seien sich einig, dass man den Fachkräftemangel nicht allein mit deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bewerkstelligen könne, so Coburgs Landrat Sebastian Straubel (CSU). Deshalb habe man im Verbund dieses Projekt gestartet, um junge Menschen aus dem Kosovo in Deutschland auszubilden.
Straubel zeigt sich zufrieden mit dem bisherigen Verlauf. Aus dem letzten Jahrgang seien von sieben Absolventen fünf in der Region geblieben, die beiden anderen arbeiten ebenfalls als Pflegefachkraft in Deutschland. Trotz einiger bürokratischer Hürden empfiehlt Straubel das Projekt zur Nachahmung.
Dreijährige Ausbildung in Theorie und Praxis
Die kosovarischen Azubis durchlaufen die gleiche generalistische Ausbildung zur Pflegefachkraft wie ihre deutschen Kolleginnen und Kollegen. Der Unterricht findet in zwei Fachschulen in Coburg statt. In der Praxis müssen sie sich in allen Bereichen der Pflege beweisen, sagt Margarete Pult, die Pflegedienstleiterin des Caritas-Seniorenheims St. Josef in Coburg. Die angehenden kosovarischen Pflegekräfte seien für die Einrichtung eine große Bereicherung. Viele sind schulisch unter den Besten und bringen sich stark ein, so Pult.
Sie hofft, viele Azubis aus dem Kosovo langfristig für die Pflege gewinnen zu können. Für sie hat das Projekt Vorbildcharakter und bietet Chancen für die Integration. Gleichzeitig könne es helfen, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Seit 2020 haben etwa 25 junge Menschen eine Pflegeausbildung begonnen oder inzwischen abgeschlossen.
Kosovarin möchte in Coburg bleiben
Engjellusha Aliu hat die Entscheidung, ihre Heimat zu verlassen und in Coburg eine Ausbildung zu beginnen, nicht bereut. Ganz im Gegenteil, sie habe mit den Menschen im Seniorenheim eine Art zweite Heimat gefunden und möchte nach dem Abschluss der Ausbildung hier weiter arbeiten. Trotz großer Distanz in die alte Heimat und gelegentlichem Heimweh liebe sie ihre Arbeit in Coburg.
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