Im ersten Halbjahr 2024 sind knapp 9.500 Menschen aus Deutschland abgeschoben worden. Das zeigt eine Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken. Im Vergleichszeitraum 2023 waren es 7.861 Abschiebungen – die Zahl ist also etwas gestiegen.
Abgeschoben wurde in den ersten sechs Monaten dieses Jahres vor allem nach Georgien, Nordmazedonien, Österreich, Albanien und Serbien. Nach Syrien und Afghanistan schiebt Deutschland aktuell nicht ab. Seit dem tödlichen Messerangriff auf einen Polizisten in Mannheim Ende Mai wird in der Bundesregierung über diese Möglichkeit diskutiert.
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Viele "Dublin-Fälle" innerhalb Europas abgeschoben
Ein Großteil der abgeschobenen Menschen wurde den Angaben zufolge ausgeflogen. Ein Drittel aller Abschiebungen im genannten Zeitraum waren Überstellungen im Rahmen der Dublin-Verordnung. Das heißt, Betroffene wurden in das europäische Land zurückgebracht, das für ihr Asylverfahren zuständig ist, weil sie dort zuerst ankamen. In 164 Dublin-Fällen wurde nach Bulgarien abgeschoben, wohin auch der Solinger Attentäter überstellt werden sollte.
Mehr 60 Prozent der Abschiebungen scheitern
Allerdings scheiterte im ersten Halbjahr 2024 ein Großteil aller Abschiebeversuche. Von insgesamt 24.066 geplanten Abschiebungen kamen zwischen Januar und Juni 14.601 letztlich nicht zustande, wie aus einer Aufstellung des Bundesinnenministeriums hervorgeht. Damit liegt die Abbruchquote bei fast 61 Prozent.
Abschiebungen scheiterten demnach, weil Flüge gestrichen wurden, Menschen nicht anzutreffen oder krank waren – oder aus anderen organisatorischen Gründen, etwa weil sich Fluggesellschaften oder Piloten weigern, Betroffene mitzunehmen. In den meisten Fällen (8.223) wird eine "nicht erfolgte Zuführung" als Grund angegeben. Das heißt in der Regel, dass die Menschen nicht auffindbar waren. 534 Abschiebungen wurden während oder nach Übernahme durch die Bundespolizei abgebrochen. Einen Fluchtversuch gab es nur ein einziges Mal.
Die Zahl der Ausreisepflichtigen in Deutschland bleibt deutlich höher als die Zahl der geplanten Abschiebungen. Zum Stichtag 30. Juni waren den Angaben zufolge bundesweit 226.882 Personen ausreisepflichtig, davon 182.727 Personen mit und 44.155 ohne sogenannte Duldung. Geduldete sind ausreisepflichtig, können aber aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden – zum Beispiel, weil sie keine Ausweisdokumente haben oder krank sind.
Knapp 14 Prozent der bundesweiten Abschiebungen aus Bayern
Abschiebungen liegen grundsätzlich in der Zuständigkeit der Bundesländer. Die Bundespolizei spielt aber eine zentrale Rolle dabei, die Menschen ins Ausland zu bringen. Aus Bayern wurden im ersten Halbjahr laut dem hiesigen Innenministerium 1.399 Abschiebungen durchgeführt. Das waren knapp 14 Prozent der deutschlandweit durchgeführten Abschiebungen im genannten Zeitraum. Zudem sind aus Bayern im ersten Halbjahr laut dem Innenministerium gut 7.500 Ausreisepflichtige freiwillig ausgereist.
"Rund 40 Prozent der abgeschobenen Personen waren Straftäter", erklärte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), als er die Zahlen vor knapp drei Wochen präsentierte. Er erneuerte dabei seine Forderung, Straftäter auch nach Syrien und Afghanistan abzuschieben.
Nationale Stelle kritisiert Familientrennungen
Unterdessen kritisierte die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter, bei Abschiebungen werde ungenügend auf das Kindeswohl sowie die Bedürfnisse kranker und behinderter abzuschiebender Menschen geachtet. Das geht aus dem am heutigen Dienstag vom Bundesjustizministerium veröffentlichten Tätigkeitsbericht der Stelle hervor. Betroffene Kinder seien zur Nachtzeit abgeholt worden, auch Familientrennungen hätten Ehrenamtler der Stelle beobachtet. Das verstößt den Angaben zufolge gegen die von der Stelle festgelegten Mindeststandards.
Als besonders kritisch wurde eine Abschiebung vom Flughafen Düsseldorf nach Nigeria und Ghana bewertet, bei der auch eine Mutter mit zwei Kindern im Alter von vier und fünf Jahren abgeschoben worden sei. Die Abholung habe nachts stattgefunden. Während der gesamten Zuführung aus Thüringen zum Flughafen seien die beiden Kinder von ihrer Mutter getrennt gewesen.
Mit Informationen von dpa, AFP und KNA
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