Bundesinnenministerin Faeser
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Scholz und Faeser kritisiert Bayern: "Es gibt offensichtlich Vollzugsdefizite"

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Aschaffenburg: Politische Debatte über Migration entbrannt

Aschaffenburg: Politische Debatte über Migration entbrannt

Mannheim, Solingen, Magdeburg – jetzt Aschaffenburg. Warum lassen sich Angriffe nicht verhindern? Es ist diese Frage, die die politische Debatte nach grausamen Taten wie in Aschaffenburg dominiert. Auch jetzt werden wieder Forderungen laut.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Bei einem Messerangriff auf eine Kindergartengruppe in Aschaffenburg sind zwei Menschen getötet und weitere schwer verletzt worden. Zu den Toten gehört auch ein zweijähriger Junge. Und ein Mann, der die Kinder beschützen wollte. Der Tatverdächtige, ein 28-jähriger Afghane, ist offenbar psychisch krank und war wegen früherer Gewalttaten bekannt.

Wie reagiert die Bundespolitik?

Trauer, Entsetzen und Wut – so lassen sich die politischen Reaktionen danach zusammenfassen. Bundeskanzler Scholz hat sich noch am Abend der Tat mit Innenministerin Faeser (beide SPD) sowie den Chefs der Sicherheitsbehörden getroffen. Das Gespräch war vertraulich.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder machte den Bund für die Tat mitverantwortlich und warf dem Bundesamt für Migration Versäumnisse vor. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hingegen kritisierte Bayern, ebenso Bundeskanzler Scholz: "Es gibt offensichtlich Vollzugsdefizite – insbesondere in diesem Fall bei den bayerischen Behörden – die ein großes Problem sind."

Was hat die Politik bisher getan?

Scholz und Faeser verteidigten die bisherige Migrationspolitik der Bundesregierung: Gesetze seien massiv verschärft worden – darunter das sogenannte "Sicherheitspaket" mit Messerverboten bei Veranstaltungen sowie in Bussen und Bahnen. Seit September kontrolliert die Bundespolizei stichprobenartig an den Grenzen. Die Zahl der Asylanträge ist 2024 um rund 30 Prozent gesunken. Gleichzeitig stiegen die Abschiebungen um etwa 20 Prozent, und erstmals gab es wieder einen Abschiebeflug nach Afghanistan. Der Bundestag erleichterte zudem Abschiebungen – etwa durch einen verlängerten Abschiebegewahrsam und erweiterte Polizeibefugnisse. Zudem wurden Sozialleistungen für bestimmte ausreisepflichtige Personen gestrichen. "Die Regierung wird alles dafür tun, dass wir den Kurs fortsetzen, den wir eingeschlagen haben", so Scholz. Was ist das Problem?

Das europäische Asylsystem funktioniert aber nicht – das macht auch das Attentat von Aschaffenburg deutlich. Die Berliner Debatte wird daher von der Frage dominiert: Warum war der mutmaßliche afghanische Täter überhaupt noch in Deutschland? Gemäß der Dublin-Verordnung wäre Bulgarien für den Asylantrag des Mannes zuständig gewesen. Es gab auch Gespräche mit Bulgarien. Aber dann ist passiert, was bereits von vergangenen Fällen bekannt ist: Fristen verstrichen. Der Mann war wohl abgetaucht, bevor er im Dezember 2024 selbst eine freiwillige Ausreise ankündigte und sich dafür die nötigen Papiere besorgen wollte. Geschehen ist das aber nicht: Statt einer Ausreise hat er ein Attentat verübt.

Insgesamt zeigt der Blick auf die Zahlen: Von fast 75.000 geplanten Überstellungen an andere EU-Länder, wurden nur 5.800 Personen tatsächlich überstellt. Eine Reform des Systems muss bis 2026 umgesetzt werden – darauf haben sich die europäischen Staaten geeinigt. Faeser mahnte jetzt mehr Tempo an.

Was fordert die Union?

All das reiche nicht, so CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz. "Wir werden diesen Zustand beenden." Die Menschen müssten sich wieder sicher fühlen, so Merz. Er kündigte mit einem 5-Punkte-Plan Verschärfungen an. Sollte er Kanzler werden, würde er am ersten Tag das Bundesinnenministerium beauftragen, die Grenzen lückenlos zu kontrollieren. Er forderte eine faktische Einreisesperre für alle Menschen ohne gültige Einreisepapiere – also auch für Menschen mit Schutzanspruch. Weiter wolle er täglich Abschiebungen und mehr Plätze in Abschiebegewahrsam. Es gäbe 42.000 ausreisepflichtige Personen sowie 180.000 Personen mit einer Duldung – aber nur rund 750 Gewahrsamsplätze.

Zur Einordnung: Neu sind diese Forderungen nicht – sie wurden bereits nach den letzten Angriffen erhoben und finden sich auch im Wahlprogramm der Union wieder. Um die Maßnahmen umzusetzen, müssten Gesetze geändert werden – zudem müsste geprüft werden, ob sie mit dem Grundgesetz oder den europäischen Regeln kollidieren.

Wie geht es weiter?

Wie künftig Attentate verhindert werden können und wie vor allem psychisch kranke Gewalttäter verstärkt in den Blick genommen werden sollen – die Parteien ringen um Antworten. Dominierte bis vor Kurzem noch das Thema Wirtschaft den Wahlkampf, hat sich das jetzt geändert. Migration und innere Sicherheit rücken ins Zentrum des Wahlkampfs.

Das dürfte vor allem den Parteien nützen, denen im Bereich Migration die meisten Kompetenzen zugeschrieben werden. Nach dem jüngsten ARD-Deutschlandtrend sind das die AfD und die Union.

Im Video: Ministerpräsident Söder zur Gewalttat in Aschaffenburg

Im Video: Ministerpräsident Söder zur Gewalttat in Aschaffenburg
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Im Video: Ministerpräsident Söder zur Gewalttat in Aschaffenburg

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