Ohne neuerlichen Streit auf offener Bühne haben sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Regierungschefinnen und -chefs der Bundesländer in der hessischen Landesvertretung in Berlin über die weitere Flüchtlingspolitik verständigt. Man sei weggekommen von einem "politischen Irrweg" mit Achselzucken und "abenteuerlichen Vorschlägen", sagte Scholz nach dem Treffen mit den Ministerpräsidenten am Mittwoch in Berlin. Tatsächlich sei es beharrliche Arbeit, die man miteinander machen müsse.
Die Unionsseite zeigt sich zufrieden
Im November hatten sich Bund und Länder nach langem und zähem Streit auf Maßnahmen zur Reduzierung der Fluchtmigration nach Deutschland verständigt. Am Mittwoch trafen sich die Regierungschefinnen und -chefs für eine Art Zwischenbilanz. Zwischen CDU und CSU auf der einen und SPD auf der anderen Seite liegen die Positionen dabei oftmals auseinander. Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz betonte jedoch – anders als zuletzt CDU-Chef Friedrich Merz - eher die Gemeinsamkeiten.
"Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass wir jemals so viel zusammen hinbekommen, dass wir so viel Geschwindigkeit in das Thema gebracht haben." Boris Rhein, CDU
Als Beispiele nannte Rhein die inzwischen beschlossene Bezahlkarte für Asylbewerber oder die erfolgte Einstufung von Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten
Söder: "Das reicht nicht"
Man müsse "ja doch realistisch bleiben", sagte Rhein und verwies auf die sehr verschiedenen Regierungskonstellationen der Länder. Den gleichen Wortlaut verwendete Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) – er allerdings meinte den wohl erst mit Verzögerung spürbaren Effekt der EU-Einigung auf eine Reform der Gemeinsamen Europäischen Asylpolitik.
Einen deutlich anderen Tonfall als die meisten CDU-Kollegen schlug Bayerns Ministerpräsident Markus Söder an.
"Das reicht nicht: Die heutige MPK war wieder nur eine Bestandsaufnahme und hat nichts Neues gebracht." Markus Söder auf X.
In einer gemeinsamen Protokollerklärung von Bayern und Sachsen zur Migrationspolitik, in der der Bundesregierung eine ideologische Verweigerungshaltung vorgeworfen wird, heißt es: "Der Freistaat Bayern und der Freistaat Sachsen fordern die Bundesregierung unvermindert und mit steigender Dringlichkeit zu einem sofortigen und grundlegenden Richtungswechsel in der Migrationspolitik auf". Länder und Kommunen seien schon längst an ihren Belastungsgrenzen und darüber hinaus, die politische Stabilität des Landes in Gefahr.
Drittstaaten: Die Länder drücken aufs Tempo
Einstimmig fordern die Ministerpräsidenten die Bundesregierung auf, bis zum 20. Juni eine Position zur Frage von Asylverfahren in Drittstaaten vorzulegen. Das Bundesinnenministerium habe "zur vereinbarten Prüfung" mit der Anhörung von Sachverständigen begonnen, ob die Feststellung des Schutzstatus von Geflüchteten unter Achtung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention auch in Transit- oder Drittstaaten möglich ist, heißt es in einem am Mittwoch von den 16 Ministerpräsidenten einstimmig gefassten Beschluss.
"Die Ergebnisse sollen bis zur Besprechung der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder mit dem Bundeskanzler am 20. Juni 2024 vorliegen." An diesem Tag findet die nächste reguläre Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) statt.
Viele Aspekte der Asyl-Thematik auf dem Tisch
Zu den weiteren Themen, die die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit dem Kanzler in der hessischen Landesvertretung in Berlin besprochen haben, zählt insbesondere die angestrebte Prüfung von Asylverfahren außerhalb der EU-Grenzen. Rhein nannte aber auch die Grenzschutzbehörde Frontex, die Frage der deutschen Staatsbürgerschaft bei extremistischen Straftaten sowie anstrebte Rückführungsabkommen.
Mit Material von AFP, dpa, epd und Reuters
Video: BR-Korrespondentin Stephanie Stauss mit ihrer Einschätzung zur MPK
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