Asylbewerber warten in einem Warteraum.
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Migration und Asyl stellen eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern dar.

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Asyl und Abschiebungen: Wer in Deutschland wofür zuständig ist

Asyl und Abschiebungen: Wer in Deutschland wofür zuständig ist

Nach dem tödlichen Angriff in Aschaffenburg ist die Debatte über die Migrationspolitik erneut aufgeflammt – geprägt von Forderungen nach härteren Konsequenzen und Schuldzuweisungen zwischen Bund und Bayern. Wer ist für was zuständig?

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Migration und Asyl stellen eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern dar – das beweisen regelmäßige Treffen der Innenminister oder diverse Migrationsgipfel von Bund und Ländern im Kanzleramt.

Die Aufgabenverteilung aber ist komplex – Behörden auf diversen Ebenen sind eingebunden. Doch wer ist konkret wofür zuständig? Ein Überblick.

Bundesebene: Asylverfahren durch BAMF

Das Asylverfahren führt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durch, ebenso entscheidet die Bundesbehörde über die Asylanträge. Das BAMF ist beim Bundesinnenministerium angesiedelt.

Zunächst wird geprüft: Hat ein Asylbewerber ein anderes EU-Land zuerst betreten? Damit wäre dieses Land für den Asylantrag zuständig – das regelt die sogenannte Dublin-Verordnung. Ist das der Fall, wird eine sogenannte "Take-Back-Anfrage" gestellt: Stimmt das zuständige EU-Land zu, muss die Überstellung/Abschiebung der Person ("Dublin-Fall") innerhalb von sechs Monaten erfolgen. Dafür zuständig sind wiederum die Ausländerbehörden vor Ort, die Bundespolizei und die Polizeibehörden der Länder. Das BAMF koordiniert lediglich die Überstellung.

Wird die Frist nicht eingehalten – wird also die Person nicht in das andere EU-Land überstellt – dann ist Deutschland für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Somit müsste das BAMF prüfen, ob beispielsweise Asyl oder Schutz anerkannt wird – oder ob der Asylbescheid abgelehnt wird, sodass eine Ausreisepflicht folgt. So oder so: Nach der Entscheidung des BAMF sind die Ausländerbehörden zuständig. Diese betreffen die Ebene der Bundesländer.

Länderebene: Ausländerbehörden und Abschiebungen

In Deutschland gibt es 549 Ausländerbehörden – darunter 104 in Bayern. Die Ausländerbehörden sind keine Landesbehörden – meist angedockt bei den Landratsämtern – doch die Länder reden mit. Die Aufgaben der Ausländerbehörden variieren zwischen den Bundesländern und reichen vom Ausstellen von Aufenthaltsdokumenten, der Einbürgerung bis hin zur Rückführung. Die Probleme in den Ausländerbehörden sind seit Jahren bekannt: Überlastung und zu wenig Personal. Die Folge: lange Wartezeiten und nicht bearbeitete Anträge.

Freiwillige Ausreise mit finanzieller Unterstützung

Wird vom BAMF beispielsweise der Asylantrag abgelehnt, erhält die betreffende Person eine Ausreiseaufforderung oder eine Abschiebeandrohung.

Wer sich für die freiwillige Ausreise entscheidet, muss Fristen beachten: Diese reichen von sieben bis zu 30 Tagen. Das ist im Aufenthaltsgesetz geregelt. Auf Bundes- sowie Landesebene gibt es diverse Anlaufstellen und sogenannte Rückkehrprogramme für Menschen, die freiwillig ausreisen wollen. Wie es auf der Seite des BAMF heißt, können die Reisekosten (z.B. Flugticket) übernommen werden, auch eine finanzielle "Starthilfe" sei möglich.

Abschiebungen

Wer nicht freiwillig ausreist, kann abgeschoben werden. Dafür sind in erster Linie die Bundesländer – genauer die Ausländerbehörden – zuständig. In Bayern wurde beispielsweise 2018 das Landesamt für Asyl und Rückführungen (LfAR) gegründet, "um landesweite Kompetenzen im Bereich Rückführung und Freiwillige Rückkehr zu bündeln", wie es auf der Seite heißt.

Die Ausländerbehörden müssen zunächst prüfen, ob bei einer ausreisepflichtigen Person sogenannte "Abschiebungshindernisse" vorliegen, wie: nicht reisefähig aufgrund einer Erkrankung, fehlende Papiere oder keine Kooperationsbereitschaft des Herkunftslandes. Gibt es allerdings keine Hindernisse, wird ein Abschiebetermin datiert – die betroffene Person weiß darüber nicht Bescheid. Das größte Abschiebehindernis aber: die Personen tauchen unter. Daher kann auch Ausreisegewahrsam oder – als letztes Mittel – Abschiebungshaft verhängt werden.

Bund und Länder: Zusammenarbeit bei Straftätern

Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung haben sich SPD, Grüne und FDP darauf geeinigt, dass der Bund die Länder bei Abschiebungen künftig stärker unterstützen will. Darauf pochen auch viele Bundesländer.

Der Bund arbeitet beispielsweise an Migrationsabkommen mit Herkunftsländern, an der Ausweitung sicherer Drittstaaten oder an Sammelabschiebungen. Insbesondere bei der Rückführung von Straftätern arbeiten Bund und Länder zusammen, beispielsweise mit dem gemeinsamen Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR).

Vergangenes Jahr wurden erstmals seit der Machtübernahme der radikal-islamischen Taliban (2021) wieder Menschen von Deutschland nach Afghanistan abgeschoben. 28 afghanische Straftäter wurden nach Afghanistan geflogen – darunter drei aus Bayern. Die Bundesregierung hatte monatelang verhandelt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte damals an: Es werde weitere Abschiebeflüge nach Afghanistan geben, die Bundesländer sollen Listen erstellen.

Fazit: Bund und Länder aufeinander angewiesen

Nach gewaltsamen Taten, wie jetzt nach der tödlichen Messerattacke in Aschaffenburg, folgen häufig Schuldzuweisungen: Der Bund und Bayern werfen sich gegenseitig die Verantwortung vor. Klar ist: Das Zusammenspiel der verschiedenen Behörden auf unterschiedlichen Ebenen ist herausfordernd. Besonders im Bereich Migration und Abschiebungen sind Bund und Länder aufeinander angewiesen. Wird auf Bundesebene ein Gesetz geändert, müssen die Länder es umsetzen – was in der Praxis oft dauern kann, Stichwort: Personalmangel.

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