"Wir könnten im Verteidigungsfall morgen, übermorgen, nächstes Jahr oder in drei Jahren nicht einmal mobilisieren, weil wir nicht wüssten, wen wir einziehen können!" Auftritt Boris Pistorius (SPD) im Juni vergangenen Jahres in Berlin. Der Verteidigungsminister spricht an diesem Tag von einem "unhaltbaren Zustand".
Was Pistorius meint: Es gibt längst keine zuverlässige Datenerfassung oder Datenbank mehr, in der alle vermerkt sind, die die Bundeswehr einmal an der Waffe ausgebildet hat. Was ebenfalls fehlt, sind die Daten junger Männer im wehrfähigen Alter.
Diese Situation hängt mit der Aussetzung der Wehrpflicht unter der unionsgeführten Bundesregierung im Jahr 2011 zusammen. Obwohl eine Expertenkommission damals noch das Beibehalten der Erfassung empfohlen hatte, wurden die entsprechenden Einrichtungen nach und nach abgebaut. Pistorius will daran etwas ändern. Vermerkt ist das auch im SPD-Wahlprogramm für die Bundestagswahl am 23. Februar.
SPD will neuen Wehrdienst
In diesem Zusammenhang tritt seine Partei für einen neuen Wehrdienst ein. Er soll auf Freiwilligkeit basieren und sich an dem orientieren, was die Bundeswehr braucht. Heißt nach Pistorius' Wünschen so viel wie: Jeder wird mit etwa 18 Jahren kontaktiert. Männer müssen einen Fragebogen beantworten und können sich dann mustern lassen. Bei Tauglichkeit können sie in die Bundeswehr eintreten und freiwillig Wehrdienst leisten. Frauen steht dieser Weg frei.
Grüne: Freiwilligen Wehrdienst attraktiver machen
Die Wehrerfassung wollen auch die Grünen anpacken. Ansonsten sind sie laut Wahlprogramm dafür, den bestehenden freiwilligen Wehrdienst für eine breite Zielgruppe attraktiver zu machen. Die Partei will in diesem Fall auf "niederschwellige Maßnahmen" setzen.
Den Grünen schwebt ebenfalls ein Erfassungsfragebogen vor. Das sei "ein Instrument, um mehr junge Menschen zu motivieren, sich mit den akuten Bedrohungen zu beschäftigen und sich aktiv für die Bundeswehr zu entscheiden", teilt ein Sprecher auf Anfrage mit. Für Freiwillige soll es mehr Dienstposten in den Streitkräften geben, um einem steigenden Interesse zu begegnen.
FDP: "Professionelle Freiwilligenarmee"
Die FDP ist die Partei, deren Ablehnung der Wehrpflicht wegweisend war für das Aus im Jahr 2011. Sie regierte damals als Juniorpartner der Union. Ergebnis: erst eine Verkürzung des Grundwehrdienstes auf sechs Monate, dann das Aussetzen.
Auch heute bleibt die FDP bei ihrem Nein zur Wehrpflicht. Erklärtes Ziel der Liberalen ist eine "professionelle Freiwilligenarmee" und eine Datenbank zur Erfassung der wehrfähigen Männer und der Frauen. Sie müssen nicht zwingend bei der Bundeswehr gewesen sein.
Union: Gesellschaftsjahr einführen
Aus der Opposition kommt ein anderer Vorschlag. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) warb etwa auf dem CDU-Parteitag im vergangenen Sommer für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für alle jungen Menschen. Es solle jungen Frauen wie Männern ermöglichen, "über den Tellerrand ihres bisherigen Lebens und sozialen Umfelds hinauszuschauen, Erfahrungen in anderen Bereichen des Lebens zu machen und dem Land – das ihnen so viele Möglichkeiten bietet wie nie zuvor – dem Land auch etwas zu geben".
Ein Wehrdienst soll Teil dieses Gesellschaftsjahres sein. Die Union will eine Musterung. Die Tauglichen, die sich bereit erklären, in der Bundeswehr zu dienen, sollen dann zum Grundwehrdienst einberufen werden. Vorausgesetzt, der Bedarf ist da. Alle anderen sollen sich an anderer Stelle für die Gesellschaft engagieren müssen. Die CSU hat gerade in einem Positionspapier ihr Ja zur Wehrpflicht bekräftigt.
AfD: Pro Wehrpflicht
In der AfD gab es Stimmen, die das Thema gern herausgehalten hätten aus dem Wahlkampf. Auf dem Parteitag im Januar kam es deshalb zu Diskussionen, denn die AfD versteht sich grundsätzlich als Befürworterin der Wehrpflicht und will diese auch wieder einführen.
Nicht so das BSW und die Linke: Beide Parteien sind sich einig in der kategorischen Ablehnung.
Wenn Sie dazu mehr wissen wollen, dann sollten Sie sich unbedingt die neue Staffel des BR-Podcasts "Die Entscheidung" anhören. Da geht es darum, was sich durch das Aussetzen der Wehrpflicht vor 14 Jahren geändert hat und ob junge Männer bald wieder zur Bundeswehr müssen. Die Entscheidung gibt es überall, wo Sie Podcast hören. Zum Beispiel in der ARD-Audiothek.
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