Seit der Einführung vor mehr als fünf Jahren sorgen E-Scooter immer wieder für Diskussionen: Die Fahrgeräte stehen mitten auf dem Gehweg. Es gibt immer wieder Unfälle. Und nachdem vereinzelt E-Scooter in London, Barcelona und Madrid brannten, ist die Mitnahme inzwischen bei mehreren Verkehrsbetrieben in Bayern verboten. Nun sind mit dem Entwurf des Bundesverkehrsministeriums zur Änderung der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (externer Link) neue Regeln für die E-Scooter-Nutzung geplant.
Diese neuen Regeln sollen für E-Scooter gelten
Die Regelungen zu E-Scootern sollen denen zum Radverkehr angeglichen werden – soweit möglich. Ein Auszug der geplanten Änderungen: E-Scooter...
- dürfen künftig wie Radfahrer bei einer roten Ampel den Grünpfeil nutzen.
- können Gehwege oder Fußgängerzonen nutzen, die mit dem Zusatzzeichen "Radverkehr frei" gekennzeichnet sind.
- müssen einen Blinker haben, wenn sie neu zugelassen werden.
- brauchen beim Überholen von Fußgängern und Radfahrern keinen Abstand von mindestens 1,5 Meter mehr einhalten.
Übergangsfrist bis 2026
Generell soll die neue Verordnung im April 2025 in Kraft treten, die Regeln zur Angleichung an den Radverkehr aber erst ein Jahr später. In dieser Übergangsfrist könnten die Kommunen beispielsweise prüfen, ob auf für den Radverkehr freigegebenen Gehwegen oder Fußgängerzonen ein Verbot für E-Fahrzeuge ausgesprochen werden sollte oder nicht, heißt es.
Länder und Verbände können bis 9. August Stellung zum Entwurf des Verkehrsministeriums nehmen. Auch der Bundesrat muss den Änderungen zustimmen.
ADAC und Fußgänger-Verband sehen Pläne kritisch
Der Fachverband Fuss sprach von einer "groben Attacke" auf die Menschen zu Fuß. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) wolle etwa E-Scooter auf mehr Gehwegen und in mehr Fußgängerzonen zulassen. Vor allem Leih-E-Scooter würden oft gefährlich und chaotisch gefahren.
Aus Sicht des ADAC bleibt ein zentrales Problem unberücksichtigt, nämlich der bisher fehlende Opferschutz. Bei E-Scootern bestehe bisher aufgrund ihrer Geschwindigkeit von maximal 20 Kilometern pro Stunde keine Gefährdungshaftung.
TÜV-Verband begrüßt Änderungen
Für den TÜV-Verband sagte der Fachbereichsleiter Fahrzeug und Mobilität, Richard Goebelt, es sei notwendig, die Sicherheit und Akzeptanz der E-Scooter zu verbessern. Besonders die Anpassungen an die technischen Anforderungen seien essenziell, um die Betriebssicherheit zu steigern. Der Experte nannte etwa die Einführung der Blinker, eine Verschärfung der Batterieprüfungen oder voneinander unabhängige Vorder- und Hinterradbremsen.
Kommunen: "In jedem Fall eine Verbesserung"
Bayerische Kommunen begrüßen die geplanten Regelungen. Sie seien "in jedem Fall eine Verbesserung", so das Planungs- und Baureferat der Stadt Nürnberg auf BR24-Anfrage. Aufgrund der hohen Unfallzahlen seien alle Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit zu begrüßen, vor allem die Ausstattung mit Blinker. Die Angleichung an die Regeln für Radler allein reichten jedoch nicht. Da Scooter-Fahrer "in großem Stil Verkehrsverstöße begehen", wären deutlich höhere Strafen nötig und geboten, so der Nürnberger Referent Daniel Ulrich. Scooter seien kein "Freitzeitspielzeug", sondern motorisierte Fahrzeuge mit hohem Risiko gerade für Fahrer. Ähnlich fällt auch die Bewertung der neuen Regeln aus Augsburg aus: Blinker alleine sind aber natürlich kein "Allheilmittel", so der städtische Ordnungsreferent Frank Pintsch. Im Straßenverkehr sei – wie im übrigen Zusammenleben auch – gegenseitige Rücksichtnahme wichtig.
Auch das Münchner Mobilitätsreferat sieht alle Ansätze, welche die Sicherheit erhöhen, positiv. Das Referat verwies zudem auf die "Freiwillige Selbstverpflichtungserklärung" (externer Link) für Anbieter. Darüber hinaus wären auch gesetzliche Regelungen, die Klarheit für die Abstellsituation schafften, zielführend, hieß es.
Stadt Augsburg mahnt dennoch zu mehr Rücksicht im Verkehr
Aus Regensburg kommt ebenfalls überwiegend Zustimmung zu den Plänen, allerdings auch Kritik. "Das einhändige Fahren mit den Scootern, um eine Richtungsänderung durch Handzeichen anzuzeigen, birgt Sturzgefahren", heißt es von der Stadtverwaltung auf BR24-Anfrage. Deshalb sei der Vorschlag generell positiv. Nicht begrüßenswert für die Regensburger Altstadt wäre demnach aber die Gleichstellung von Radfahrenden und Scooter-Nutzenden in Fußgängerzonen.
Die Stadt Augsburg hat BR24 erklärt, dass man dort eine vollständige Gleichstellung mit Radfahrenden hingegen gut fände. Nachdem E-Scooter aktuell nur in Teilen die gleichen Rechte hätten wie Radfahrende, herrsche oft Unklarheit, was wiederum zu Probleme führe, so das Mobilitäts- und Tiefbauamt der schwäbischen Stadt. Allerdings gibt man auch zu bedenken, dass viele Unfälle schon dadurch verhindert werden könnten, "wenn gegenseitige Rücksichtnahme und vorsichtige Fahrweise von allen Verkehrsteilnehmenden beherzigt werden würden".
Viele Unfälle mit E-Scootern auch in Bayern
Im vergangenen Jahr verdoppelte sich die Zahl der Todesopfer und Verletzten bei E-Scooter-Unfällen. 22 Menschen starben nach Angaben des Statistischen Bundesamts auf Deutschlands Straßen, 2022 waren es elf Tote gewesen. Insgesamt gab es bundesweit 9.425 E-Scooter-Unfälle, bei denen Menschen zu Schaden kamen. In Bayern gab es 2023 knapp 1.250 Unfälle mit Verletzten. Zwei der Unfälle verliefen tödlich. Zudem listet die Statistik 146 Schwerverletzte und knapp 1.200 Leichtverletzte im Freistaat auf.
Mit Informationen von dpa
Im Video: Das sind die neuen Regeln für E-Scooter
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