Für die Verbraucher in Deutschland wird es keine Ausnahme bei der Mehrwertsteuer auf die Gasumlage geben. Die EU-Kommission bekräftigte in Brüssel, dass eine Streichung der Steuer anders als von der Bundesregierung erhofft nicht möglich ist. Die Kommission arbeitet nach eigenen Angaben aber zusammen mit Berlin an einer Lösung bezüglich der Mehrwertsteuer.
Weiterhin Suche nach Lösungen zu Gunsten der Verbraucher
"Wir teilen mit Deutschland den Wunsch, dass diese Maßnahme keine unbeabsichtigten steuerlichen Folgen hat", sagte ein Sprecher der EU-Kommission. Man stehe in Kontakt mit der deutschen Regierung, um Lösungen zu finden, die den Endverbrauchern zugute kommen und die gleichen Auswirkungen haben. Welche Optionen es gibt und wann die Brüsseler Behörde sich dazu äußern will, war zunächst unklar.
Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte zuvor angekündigt, Ausgleichsmechanismen zu schaffen, falls keine Mehrwertsteuer-Ausnahmeregelung möglich sein sollte.
- Zum Artikel: "Die Gasumlage kommt: Was Verbraucher wissen sollten"
EU-Kommission: Keine Möglichkeit, Umlage von der Mehrwertsteuer auszunehmen
Mit dem Nein der EU-Kommission ist Finanzminister Christian Lindner (FDP) mit seiner Bitte gescheitert, dass die EU für die Umlage eine Ausnahme machen solle.
Lindner hatte am Freitag in einem Schreiben an EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni darum gebeten, sein Initiativrecht zu nutzen und die EU-Mitgliedstaaten vorübergehend von der Pflicht auf Mehrwertsteuererhebung im Energiebereich zu befreien. Die Gasumlage stelle eine zusätzliche Belastung für die Verbraucher dar, die durch eine Erhebung der Mehrwertsteuer noch verschärft werde, argumentierte Lindner.
Gasumlage bei 2,419 Cent pro Kilowattstunde - plus Mehrwertsteuer
Um Gasimporteure zu stützen, müssen Kunden in Deutschland ab dem Herbst deutlich mehr für ihr Gas bezahlen. Die Höhe der staatlichen Umlage wird bei 2,419 Cent pro Kilowattstunde ohne Mehrwertsteuer liegen, wie die Firma Trading Hub Europe, ein Gemeinschaftsunternehmen der Gas-Fernleitungsnetzbetreiber in Deutschland, am Montag mitteilte. Die Mehrwertsteuer wären zusätzliche 19 Prozent der 2,419 Cent - also noch einmal rund 0,46 Cent.
Für einen Einpersonenhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 5.000 Kilowattstunden bedeutet die Umlage ohne Mehrwertsteuer jährliche Zusatzkosten von rund 121 Euro. Mit Mehrwertsteuer wären es rund 144 Euro. Für einen Familienhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden liegen die Mehrkosten bei rund 484 Euro im Jahr. Kommt die Mehrwertsteuer hinzu, sind es 576 Euro.
Mehrwertsteuerbefreiung nur etwa bei Lebensmitteln möglich
Steuerpolitik ist in der EU überwiegend Sache der Länder, allerdings gelten Rahmenbedingungen, die alle umsetzen müssen. Der reguläre Mehrwertsteuersatz muss mindestens bei 15 Prozent liegen, der ermäßigte bei mindestens fünf Prozent. In Deutschland gilt ein höherer Satz von 19 Prozent und ein ermäßigter von sieben Prozent.
Seit Anfang April sind nach den EU-Regeln komplette Mehrwertsteuerbefreiungen nur in bestimmten Bereichen wie Lebensmitteln und anderen Gütern zum Decken der Grundbedürfnisse möglich - nicht aber bei Energie.
Aiwanger will "deutlich größeren Entlastungsschnitt"
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) forderte, auch Mittelstand, Mittelschicht und Unternehmen bei den höheren Gaspreisen zu entlasten. Es sei "geradezu lächerlich, wenn man jetzt in Brüssel darum bettelt, dass wenigstens die Mehrwertsteuer auf die Umlage nicht bezahlt werden muss". Stattdessen bräuchte es laut Aiwanger einen "deutlich größeren Entlastungsschnitt".
Konkret forderte der Wirtschaftsminister, die Einkommenssteuer erst ab 2.000 Euro Einkommen im Monat zu erheben - "nicht schon ab 860 Euro". Darüber hinaus sprach sich Aiwanger für eine Reform der Unternehmenssteuer aus.
Video: Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger zu Entlastung für Unternehmen
SPD-Politiker Miersch für weitere Entlastung
SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch mahnte bereits vor der Brüsseler Entscheidung andere Lösung an, falls keine Ausnahme bei der Steuer möglich sei. Niemand solle am Ende mehr als die 2,4 Cent pro Kilowattstunde bezahlen, sagte Miersch in der ARD. Er sprach sich für weitere Entlastungen über die bereits beschlossenen Maßnahmen wie die Energiepreispauschale von 300 Euro für Arbeitende hinaus aus.
"Jetzt muss es weitergehen", forderte der SPD-Politiker mit Blick auf Entlastungen. So seien etwa Antworten für Rentnerinnen und Rentner nötig. Notwendig sei auch eine verlässliche Nachfolgelösung für das 9-Euro-Ticket, das nur noch bis Ende August gilt.
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