Halbmond auf einem Moscheedach
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"Politische Agenda": Golfstaaten spenden für deutsche Moscheen

"Politische Agenda": Golfstaaten spenden für deutsche Moscheen

Viele Moscheegemeinden stehen vor finanziellen Herausforderungen. Spenden und Mitgliedsbeiträge reichen oft kaum aus, um die Kosten zu decken. Organisationen aus den Golfstaaten bieten Unterstützung. Für Kritiker: ein Einfallstor für Extremismus.

Über dieses Thema berichtet: Der Funkstreifzug am .

Nur jede zehnte der geschätzten 2.500 Moscheen in Deutschland erhält öffentliche Fördermittel. Die Moscheegemeinden finanzieren sich überwiegend durch Spenden, Mitgliedsbeiträge und ehrenamtliches Engagement. Darauf verweist eine Studie des Zentrums für Türkeistudien aus dem Jahr 2023, die von der Deutschen Islamkonferenz gefördert wurde.

Moscheegemeinde in Weiden: Regelmäßig im Minus

Auch Imam Maher Khedr aus Weiden in der Oberpfalz hat immer wieder mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Seine Moschee erhält Spenden und Mitgliedsbeiträge, doch das reiche oft kaum für die Miete und Betriebskosten, erzählt der Imam des deutschsprachigen Muslimkreises Weiden. "Wir kommen immer wieder in die roten Zahlen".

Viele Besucher der Moschee, insbesondere Flüchtlinge im Asylverfahren, könnten kaum spenden, hinzukomme die aktuell schwierige wirtschaftliche Lage, so der Imam. Zum Glück gebe es aber auch einige wohlhabende Mitglieder, die mit größeren Summen aushelfen, wenn es nötig sei.

Wer Geld gibt, will mitbestimmen

Kritisch sieht Imam Maher Khedr, wenn die finanziell prekäre Lage von Moscheen dazu führt, dass Spenden aus dem Ausland akzeptiert werden und nicht klar ist, welche Ziele die Unterstützer damit verfolgen. Dass Gelder aus der Türkei kommen, unter anderem für entsandte Imame, ist seit langem bekannt – und umstritten.

Doch auch andere Staaten sind bei der Finanzierung von Moscheen in Deutschland aktiv. Insbesondere Kuwait, Katar oder Saudi-Arabien wollten mitmischen, sagt der Journalist und Islamexperte Eren Güvercin. Dabei gehe es nicht nur um Spenden, sondern auch um Einfluss.

Es komme immer wieder vor, dass die Geldgeber die religiöse Lehre in den Gemeinden beeinflussen wollten oder dass sie bei der Auswahl des Imams ein Wörtchen mitreden wollten. „Eine gewisse politische Agenda ist mit der Finanzierung auch immer verknüpft“, betont Güvercin.

Er will nicht ausschließen, dass es auch seriöse Spenden gibt. Aber es müsse mehr darauf geachtet werden, welche Ziele möglicherweise mit einer finanziellen Unterstützung verbunden sind.

Missionierung als Staatszweck

Insbesondere die Golfstaaten verfolgten seit Langem das Ziel, ihr ultrakonservatives Islamverständnis in Europa zu verbreiten, sagt Gerhard Conrad, Islamwissenschaftler und ehemaliger BND-Mitarbeiter. In diesen Ländern seien eigene Religionsministerien für die Missionierung, die sogenannte Dawah, zuständig. "Denn Dawah ist ein auch normativ vorgegebener Staatszweck.

Wenn Sie sich als islamisches Staatswesen definieren, dann haben Sie den Auftrag zur Förderung des Islam." In einer internen Einschätzung deutscher Sicherheitsbehörden heißt es, dass große salafistische Missionsorganisationen vom Golf ideologisch tätig seien.

Sie entsendeten unter anderem salafistische Prediger und finanzierten Moscheen und Schulungseinrichtungen. Die Sicherheitsbehörden warnen, dass dadurch antidemokratische Weltbilder verbreitet werden und das letztlich zu einer Ablehnung westlicher Werte führen kann.

Prediger wurde Einreise verweigert

2022 verweigerten deutsche Behörden nach BR-Informationen beispielsweise einem kuwaitischen Prediger das Einreisevisum, da er sich gegen die Gleichstellung von Mann und Frau und für die Kriminalisierung von Homosexualität ausgesprochen habe.

Der Prediger ist Vorsitzender einer kuwaitischen Organisation, die laut deutschen Behörden die Missionierung von Nicht-Muslimen fördert. Auf eine Bitte um Stellungnahme antworten weder der Prediger noch seine Organisation. Der BR fragt auch die Botschaften von Katar, Saudi-Arabien und Kuwait an, bekommt aber keine Antwort.

Keine Daten über ausländische Spenden

Wie viel Geld tatsächlich aus den Golfstaaten in deutsche Moscheen fließt, ist unklar. Eine staatliche Pflicht zur Offenlegung gibt es nicht. Die Bundesregierung hat 2018 eine freiwillige Transparenzinitiative gestartet. Bislang beteiligt sich nach BR-Informationen nur Kuwait.

Islamwissenschaftler Conrad hält diese Initiative daher für gescheitert. Seiner Ansicht nach sollten dagegen liberale Moscheestrukturen in Deutschland besser finanziell gefördert werden. Dem stimmt auch der Weidener Imam Mahr Khedr zu. Für ihn spielt zudem die Ausbildung der in Deutschland tätigen Imame eine zentrale Rolle – auch um den Einfluss aus dem Ausland zu reduzieren.

Ähnlich sieht es das Zentrum für Türkeistudien in Essen. Das empfiehlt, entsprechende Angebote für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter der Moscheen auszubauen. Doch auch dafür sind finanzielle Mittel notwendig.

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