Eine Einheit der Christen – also unter anderem der katholischen und der evangelischen Kirche – scheitert auch am Anspruch des Papstes, die Kirche wie ein Monarch zu regieren. Jetzt hat der Vatikan einen Vorschlag für ein neues Verständnis des Papstamtes gemacht. Damit soll er künftig von anderen christlichen Kirchen als Ehrenoberhaupt akzeptiert werden können.
Papier schlägt mehrere weitreichende Änderungen vor
Die Vorschläge unter dem Titel "Der Bischof von Rom" stellten Kurienkardinal Kurt Koch vor, der für die Ökumene zuständig ist, und der Generalsekretär der Weltbischofssynode, Kardinal Mario Grech. Sie wurden mit Zustimmung von Papst Franziskus in Rom veröffentlicht.
Damit würde mit einer jahrhundertealten Regelung gebrochen: mit der Lesart der Lehren des Ersten Vatikanischen Konzils. Seit 1870 gilt der Papst dadurch als oberster Gesetzgeber und Richter der gesamten christlichen Kirche und es gilt seine dogmatische Unfehlbarkeit.
Die Ausübung des Papstamtes soll sich ändern
Das Papier schlägt außerdem vor, dass die unterschiedlichen Verantwortungsbereiche des Bischofs von Rom getrennt werden. Seit dem dritten Jahrhundert beansprucht der Bischof von Rom für sich den Vorrang unter den Bischöfen und Patriarchen der christlichen Kirche. Künftig, so der Änderungsvorschlag, müsste der Papst sein örtliches Bischofsamt in Rom sichtbarer ausüben.
Und: Das Dokument könnte die Beziehungen der Kirchen in Ost und West grundlegend ändern. Demnach könnte sich der Papst in Zukunft mit anderen Kirchenoberhäuptern auf Augenhöhe treffen.
Seit kurzem trägt Papst Franziskus wieder den historischen Titel "Patriarch des Westens", den sein Vorgänger Benedikt XVI im Jahr 2006 abgelegt hatte. Bereits damit stellte sich Franziskus im ökumenischen Dialog auf eine Ebene unter anderem mit dem Patriarchen von Konstantinopel und mit weiteren Patriarchen der Kirchen im Osten. Diese erkennen den Papst nicht als universales Kirchenoberhaupt an, sondern als ihresgleichen.
Der Text regt regelmäßige Treffen unterschiedlicher Kirchenführer an
In Bezug auf die Verfassung der katholischen Kirche muss sie laut dem Vorschlag im Inneren weiter in Richtung einer "Synodalität" gehen, also einer gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung. Dazu gehöre ein Nachdenken über die Autorität der nationalen und regionalen Bischofskonferenzen und die Frage, welche Stellung diese künftig einnehmen. Außerdem regt der Text an, dass eine neue globale Beratungsebene geschaffen wird – und sich die Kirchenführer unterschiedlicher Konfessionen künftig regelmäßig treffen. Damit solle die bereits bestehende Gemeinschaft unter ihnen vertieft und nach außen sichtbarer gemacht werden, heißt es.
Wie es mit den Vorschlägen jetzt weitergeht
Es ist offen, ob und wie die vatikanischen Vorschläge kirchenrechtlich umgesetzt werden. Der Papst könnte einige davon, die seine eigene Machtfülle oder die synodale Verfassung der Kirche betreffen, durch Kirchengesetze in Kraft setzen. Erste Schritte hat er mit Blick auf seine Rolle als römischer Bischof und auf die synodale Verfassung der Kirche bereits gemacht.
Kurienkardinal Koch kündigte als ersten Schritt an, dass der Vatikan die Vorschläge den anderen Kirchen zur Bewertung zusenden werde. Man hoffe auf positive Antworten und weiterführende Gespräche, so Koch.
Mit Informationen von epd und KNA
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